Der Kongress hat das Thema „Bildungspotenziale im Sport“ und richtet sich an alle Interessierten aus den unterschiedlichen Disziplinen der Sportwissenschaft und anderer Wissenschaften
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann hat den Überblick – INFO & NEWS kurzgefasst: Bildungspotenziale im Sport – Kongress 2009 in Münster – Öffentliche Rüge für Göttinger Sporthistoriker Prof. Dr. Arnd Krüger – Buchvorstellung mit UN-Sonderbeauftragten Willi Lemke in Bremen – 02 World in Berlin als Bauwerk eröffnet
Bildungspotenziale im Sport – Kongress 2009 in Münster
Die Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) hat die Ausrichtung des 19. dvs-Hochschultages im Jahre 2009 (wie schon 2003) an das Institut für Sportwissenschaft der Westfälischen Wilhelms Universität Münster vergeben.
Der Kongress hat das Thema „Bildungspotenziale im Sport“ und richtet sich an alle Interessierten aus den unterschiedlichen Disziplinen der Sportwissenschaft und anderer Wissenschaften, aus allen Bereichen des organisierten Sports einschließlich der Jugendorganisationen, aus schulischen Bildungsträgern und weiteren Einrichtungen, die sich mit den Bildungsmöglichkeiten des Sports auseinandersetzen bzw. diese (vermehrt) einsetzen (wollen).
Die wissenschaftliche Leitung liegt bei den beiden Münsteraner Sportpädagogen Prof. Dr. Michael Krüger und Prof. Dr. Nils Neuber. Der bundesweite Kongress findet vom 16. bis 18. September 2009 statt. In Kürze beginnt die Phase „Call for Papers“; danach wird das endgültige Tagungsprogramm erstellt.
Informationen zum Kongress erteilt der organisatorische Leiter: Dr. Michael Brach am Institut für Sportwissenschaft, Horstmarer Landweg 62b, Tel. 0251/83-32362 oder per Email: info@dvs2009.de.
Öffentliche Rüge für Göttinger Sporthistoriker Prof. Dr. Arnd Krüger – Präsidium der dvs sieht Verstoß gegen Berufsethische Grundsätze
Das Präsidium der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) hat sich auf seiner Sitzung am 9. September in Frankfurt noch einmal mit den Vorkommnissen auf der Jahrestagung der Sektion Sportgeschichte im Juni 2008 am Institut für Sportwissenschaften der Georg-August Universität Göttingen befasst. Dort hatte der Göttinger Sporthistoriker Prof. Dr. Arnd Krüger in seinem Vortrag „Hebron und München. Wie vermitteln wir die Zeitgeschichte des Sports, ohne uns in den Fallstricken des Antisemitismus zu verhaspeln?“ die These aufgestellt, dass die Mitglieder der israelischen Mannhaft damit gerechnet haben, dass sie von den palästinensischen Kommandos bei den Olympischen Spielen 1972 in München angegriffen werden würden.
Krüger verband die These mit weitergehenden Interpretationen und zog Parallelen zum Hebron-Massaker 1929. Der Vortrag von Prof. Dr. Krüger hatte erhebliche Kritik in der politischen und sportpolitischen Öffentlichkeit hervorgerufen. Auch der DOSB hatte Prof. Dr. Krüger damals sofort aufgefordert, seine Thesen zurückzuziehen.
Das sechsköpfige Präsidium der dvs mit seinem Präsidenten Prof. Dr. Bernd Strauß (Universität Münster) missbilligt in seinem einstimmig gefassten Beschluss ausdrücklich die Aussagen von Prof. Dr. Krüger und distanziert sich nochmals in aller Entschiedenheit von seinen Behauptungen. Von einem Ausschluss von Prof. Dr. Krüger aus der dvs wird jedoch abgesehen, weil in Anhörungen des Präsidiums und des Ethikrates der dvs der nachhaltige Eindruck gewonnen werden konnte, dass Prof. Dr. Krüger keine antisemitisch denkende und handelnde Person ist.
Seine Thesen hatte Prof. Dr. Krüger zwischenzeitlich zurückgenommen und sich bei den Angehörigen der Opfer entschuldigt. Es wird aber seitens des Präsidiums der dvs ein Verstoß gegen die sog. „Berufsethischen Grundsätze für Sportwissenschaftler/innen“ festgestellt. Das Präsidium rügt daher sein Mitglied Krüger öffentlich und erwartet von ihm, dass sich dieser Vorgang nicht wiederholt. Der genaue Wortlaut des Präsidiumsbeschlusses ist auch auf der Homepage der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft unter www.sportwissenschaft.de nachzulesen.
Buchvorstellung mit UN-Sonderbeauftragten Willi Lemke in Bremen – Forschungsergebnisse zum „Fußball im Nationalsozialismus“ vorgelegt
Der UN-Sonderbeauftragte für Sport im Dienste von Frieden und Entwicklung und frühere Bildungssenator der Hansestadt Bremen, Will Lemke, stellte am Sonntag, dem 28. September in Bremen das vor einigen Wochen erschienene Buch „Hakenkreuz und rundes Leder. Fußball im Nationalsozialismus“ erstmals der sportinteressierten Öffentlichkeit vor. Die Präsentation fand um 11 Uhr im „Wusem“, dem Museum des Fußball-Bundesligisten SV Werder Bremen statt.
Das 608-seitige Sammelwerk wird herausgegeben von dem Hannoveraner Sportwissenschaftler Prof. Dr. Lorenz Peiffer, dessen Arbeitsschwerpunkte seit vielen Jahren u. a. im Sport zur Zeit des Nationalsozialismus und in der jüdischen Sportbewegung liegen, sowie dem Münsteraner Fußballhistoriker Dietrich Schulze-Marmeling, der u. a. schon Bücher zur Geschichte des FC Bayern München, Borussia Dortmund und zur deutschen Fußball-Nationalmannschaft publiziert hat. Beide Herausgeber waren ebenfalls bei der Buchvorstellung mit Willi Lemke anwesend. Das Buch ist kurz nach dem Erscheinen in der Literaturkritik als „längst überfälliges Werk“ und „überzeugende Berichterstattung“ positiv bis euphorisch aufgenommen worden.
Mit insgesamt 46 Beiträgen von 26 Autorinnen und Autoren bietet das Werk einen umfassenden Einblick in verschiedene Facetten zum Thema „Fußball im Nationalsozialismus“. Die Beiträge sind folgenden sechs Themenbereichen zugeordnet: Gleichschaltung. Der DFB und der Fußball im Nationalso-zialismus (Teil I); Expansionen. Der DFB, die FIFA und die deutsche Eroberungspolitik (Teil II); Täter. Funktionäre und Trainer der NS-Zeit (Teil III); Anpassungen. Vereine im Nationalsozialismus (Teil IV); Opfer. Ausgrenzung und Diskriminierung im deutschen Fußball (Teil V) und schließlich: Verdrängungen. Der deutsche und österreichische Fußball nach 1945 (Teil VI).
Speziell im Kapitel zu den Fußballvereinen während der NS-Zeit finden sich u. a. Porträts vom Hamburger SV, FC St. Pauli, 1. FC Nürnberg, TSV 1860 und FC Bayern München, 1. FC Kaiserslautern, FC Schalke 04, Tennis Borussia Berlin, Hannover 96, Holstein Kiel und über den Frankfurter Fußball von 1933 bis 1945.
Die beiden Herausgeber haben laut Klappentext im hinteren Einband den Anspruch, hauptsächlich diese vier Fragen mit den eingeworbenen Texten zu beantworten: „Warum ließ sich der deutsche Fußball im Nationalsozialismus so geräuschlos gleichschalten? Wie verhielten sich die Vereine und der DFB? Wer waren die Täter, und was widerfuhr den Opfern? Und weshalb verdrängte der Fußball-Bund nach 1945 jahrzehntelang seine historische Verantwortung? Dazu legen Historiker (z.B. Dr. Nils Havemann, Mainz), Sporthistoriker (z.B. Prof. Dr. Andreas Luh, Bochum), freie Journalisten (z.B. René Martens, Hamburg) und Autoren (z.B. Hardy Grüne, Göttingen) ihre Forschungsergebnisse bzw. ihre dokumentarischen Recherchen vor.
Nach der Einführung von Willi Lemke, neben seinem Amt als Un-Sonderbeauftragter auch immer noch Aufsichtsratvorsitzender von Werder Bremen, bestand Gelegenheit zum Gespräch mit den beiden Herausgebern des Sammelbandes. Das Buch (Preis 39,90 €) ist erschienen im Verlag Die Werkstatt, Lotzestraße 24a, 37083 Göttingen, Tel. 0551-7700557; mehr auch in Internet
unter: www.werkstatt-verlag.de
02 World in Berlin als Bauwerk futuristischer Sportarchitektur eröffnet – „Welthalle“ des Sports mit Fassungsvermögen für 17.000 Besucher
In Berlin ist Mitte September die modernste Multifunktionshalle Europas eröffnet worden: Die 02 World zwischen Ostbahnhof und Warschauer Brücke nahe der Spree im Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg bietet bis zu 17.000 Menschen Platz bei Sport-, Unterhaltungs- und Konzertveranstaltungen. Bauherr und Betreiber ist die Anschutz Entertainment Group des US-Millardärs Phil Anschutz, der u. a. in Hamburg die Color Line Arena (mit den Hamburg Freezers im Eishockey) betreibt und der den amtierenden Deutschen Eishockey-Meister Eisbären Berlin besitzt. Die Eisbären haben längst Abschied genommen von ihrem „Wellblechpalast“ und das erste Meisterschaftsspiel gegen die Augsburger Panters in der 02 World ausgetragen. Die neue Berliner „Welthalle“, die nach der Köln Arena (18.800 Plätze) nun Deutschlands zweitgrößte Indoor-Sportstätte ist, wurde in zwei Jahren Bauzeit errichtet. Die Baukosten werden mit 165 Millionen Euro beziffert.
Rund hundert Veranstaltungen sollen pro Jahr in der 02 World stattfinden: Nach der offiziellen Eröffnung mit tausend geladenen Gästen („Grand Opening“) und den Eröffnungskonzerten der kalifornischen Rockgruppe „Metallica“ und Herbert Grönemeyer stehen nun die „normalen“ Ligaspiele der Ber-liner Bundesligisten im Basketball, Eishockey und im Handball au dem Pro-gramm: Alba Berlin startet am 21. September gegen die Artland Dragons und trägt wie die Berliner Eisbären nunmehr alle Heimspiele in der 02 World aus, während Handball-Bundesligist Füchse Berlin hier seine Premiere am 25. Oktober gegen den TBV Lemgo feiert und zunächst nur für Spitzenbe-gegnungen seine bisherige Spielstätte in der Max-Schmeling-Halle verlässt. Der erste Boxkampf in der 02 World zwischen Vitali Klitschko und Samuel Peter ist für den 11. Oktober terminiert. Nebenbei: Der Dalai Lama spricht eine Woche später; Elten John und Howard Carpendale sind für Dezember angekündigt.
Die Sportarchitektur der neuen 02 World fügt sich geradezu futuristisch ein in ein ganzes Ensemble „älterer“ Sporthallen in Berlin mit hohem Bekanntheitsgrad und bewegter Vergangenheit. Dazu gehören beispielsweise zwei Arenen, die ihre Entstehung (nur) der gescheiterten Olympiabewerbung Berlin für das Jahr 2000 verdanken: das Velodrom an der Landsberger Allee auf dem Gelände der abgerissenen Werner-Seelenbinder-Halle mit einer Auslastung von bis zu 12.000 Besuchern (bei knapp 6.000 fest installierten Sitzplätzen), das im Januar 1997 mit dem 86. Berliner Sechstage Rennen seinen Betreib aufnahm, sowie die ebenfalls 1997 fertig gestellte Max-Schmeling-Halle im Stadtbezirk Prenzlauer Berg mit einer Kapazität von maximal 11.950 Plätzen.
Auf der Liste großer berühmter Berliner Sporthallen dürfen aber neben anderen nicht fehlen: das 1954 erbaute Sportforum Hohenschönhausen im Osten der Stadt u. a. mit dem sog. Wellblechpalast (ca. 4.700 Plätze) und der Dynamo Sporthalle für ca. 4.000 Besucher, ferner im Westen das nach dem ehemaligen LSB-Präsidenten und Berliner Senator für Familie, Jugend und Sport benannte und 1990 erbaute Horst-Korber-Sportzentrum mit einer sog. Neunfach-Halle (ca. 3.500 Sitzplätze), sodann die Sporthalle Charlottenburg an der Sömmeringstraße, als sog. „Kleiner Sportpalast“ zur Mauerzeit entstanden und mit 3.300 Plätzen heute noch u. a. Heimspielort des Volleyball-Bundesligisten SCC Berlin sowie schließlich die Schöneberger Sporthalle (ca. 1.450 Plätze) im Willibald Gebhard Sportzentrum, auch gern genutzt für die Finalwettkämpfe beim Bundeswettbewerb der Schulen „Jugend trainiert für Olympia“ – fehlt eigentlich nur noch die ehemals größte Sporthalle der Welt (ca. 10.000 Zuschauer), nämlich die aus Anlass der Olympischen Spiele 1936 in Berlin gebaute Deutschlandhalle an der Avus-Autobahn, deren Abriss im Mai diesen Jahres vom Berliner Senat beschlossen wurde und für 2009 fest terminiert ist.
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann – Sportwissenschaftler an der Leibniz Universität Hannover