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10
08
2025

6. Großstaffellauf Potsdam - Berlin am 1.6.1913. Der Schlussläufer Prinz Friedrich Karl im Ziel vor der Siegessäule am Reichstag, der BSC gewinnt damit zum vierten Mal in Folge den Großstaffellauf - Foto: Archiv

Potsdam – Berlin (1908 – 1969) – Der Berliner Groß-Staffellauf, als Vorläufer der grossen Berliner Läufe – Gerd Steins sucht historische Programme.

By GRR 0

Viele Initiativen der deutschen Leichathletik sind in Berlin entstanden – die berühmte Straßenstaffel Potsdam-Berlin (1908 – 1969), die ersten großen Hallensportfeste, die internationalen Stadion Sportfeste (ISTAF, Olympischer Tag) und nationale Sportfeste und der Berliner Cross-Country-Lauf am Teufelsberg (1964).

Der Berliner Frauenlauf (1984) waren große Vorbilder, die vielen Straßenläufe – früher „Quer durch Berlin“ – jetzt BERLIN-MARATHON (1974), BERLINER HALBMARATHON (1984), 25 km von Berlin (1981) und der ehem. Berliner Friedenslauf. Berlins große Vereine wie BSC, OSC, SCC, BAK, PSV, ASV, BSV 92 und SC Berlin, Dynamo Berlin schrieben deutsche und internationale Leichtathletikgeschichte.


Denkschrift 14. Staffellauf über 25 km Potsdam-Berlin am 5. Juni 1921 – Foto: Horst Milde

Eine der volkstümlichsten Veranstaltungen der Berliner Leichtathletik war der vom Verband Berliner Athletik-Vereine durchgeführte „Großstaffellauf Potsdam-Berlin“. Urheber und erster Organisator dieses Laufes war Carl Diem (1908).

Nicht umsonst erhielt der Berliner Leichtathletik-Verband (BLV) (seit den 1890er Jahren) und der BERLIN-MARATHON (1974) und sein Gründer Horst Milde am 1.11.2023 im Roten Rathaus in Berlin die „Heritage Plaque“ des Welt-Leichtathletik-Verbandes „World Athletics“ durch den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner überreicht.

Letzter Wechsel und erster Sieg des SCC 1908 v.d. Heyde zu Hensel im Tiergarten – Foto: „80 Jahre Leichtathletik 1904 – 1984 des SCC“

Zwar schreibt Fritz Steinmetz über Karl-Heinz Emmerich (SC Tegeler Forst), der schon am 7.10.1894 von einem Straßenlauf »Potsdam-Berlin« berichtet, den der Sieger Werner in sensationellen 1 Std. und 48 Min für 30 km beendet haben soll. Nach langen Diskussionen machten sich Männer des Vereins »Sport-Excelsior« daran, die Strecke nachzumessen und – sie kamen auf nur 25,6 km. (Steinmetz). Dieser Lauf von 1894 hat aber noch nichts mit dem späteren Groß-Staffellauf zu tun, könnte aber vielleicht der „Ideengeber“ gewesen sein.

So schreibt Gerd Steins, Präsident des Forum für Geschichte Berlin in einem Beitrag in „Sport in Berlin des LSB Berlin– VI/2008: „Aber der Gross-Staffellauf Potsdam-Berlin von 1908 mit ihren „freien Wechseln“ war diese Stafette wohl einzigartig in der Welt. Festgelegt war eine Distanz von Potsdam nach Berlin über 25 km. Fünfzig Läufer pro Verein bildeten eine Staffel, so daß durchschnittlich auf jeden Läufer eine Strecke von 500 m kam. Die teilnehmenden Vereine hatten jedoch die Möglichkeit, die Strecke nach ihrem Belieben und entsprechend dem Leistungsvermögen der Läufer auszuwählen – wovon die Vereine unter Beachtung strengster Geheimhaltung und großem taktischem Geschick Gebrauch machten.

Am 14. Juni 1908 gingen auf der Glienicker Brücke acht Mannschaften an den Start. Ziel war die Siegessäule am Reichstag. Mit einem Vorsprung von 80 Metern erreichte der Schlußläufer des Charlottenburger Sport-Club 1902, Otto Hensel, vor dem Sport-Club 1895/96 das Ziel.

Die Preisverleihung, der Kaiser hatte eine silberne Plakette gestiftet, fand in Kistenmachers Garten in den Zelten statt. Die nunmehr jährlich stattfindende 50-Mann-Stafette entwickelte sich zu einem bedeutenden sportlichen Ereignis, das tausende Zuschauer in ihren Bann zog.

Mit 142 Mannschaften und 6.600 Läufern erreichte der Lauf 1937 seine höchste Teilnehmerzahl. Nach dem Vorbild dieses Laufes Potsdam-Berlin entstanden in vielen anderen deutschen Städten weitere Groß-Staffelläufe.

Nach dem zweiten Weltkrieg fand erstmals wieder am 23. Mai 1948 ein Staffellauf über 20 km statt, den die Sportgemeinschaft Eichkamp für sich entschied. Die großen Zeiten des Stafettenlaufes waren mit der Teilung der Stadt jedoch vorüber. Über eine Distanz von 8 km wurde 1969 letztmalig dieser „Großstaffellauf“ (Ernst Reuterplatz-Siegessäule) vom Berliner Leichtathletik-Verband ausgerichtet.

Insgesamt kamen von 1908 bis 1969 neunundfünfzig Stafettenläufe zur Austragung, von denen lediglich 28 über die reguläre Distanz von 25 km gingen. Der erfolgreichste Verein in der Männer-Hauptklasse ist mit 21 Siegen der Sport-Club Charlottenburg.“ so Gerd Steins.

Die 59 Siege Potsdam-Berlin in der Männer Hauptklasse verteilen sich auf:

SC Charlottenburg (SCC Berlin) 21
Polizei-Sport-Verein (PSV)  16
Berliner Sport-Club (BSC)  14
DSC/OSC  (OSC)    4
Luftwaffen-SV 1
Hannover 1896  3 

„Berlin ist insbesondere eine Stadt des Laufens“: siehe Gerd Steins in seinem Buch „Immer wieder Marathon“:

„Mit der ersten von Mitgliedern des English FC in Berlin im Winter 1891/92 eingeführten Schnitzeljagd und den von Berliner Leichtathleten seit 1894 organisierten Chausseeläufen von Potsdam nach Berlin über 25.6 km fand der Langstreckenlauf eine Heimstatt. Seitdem gingen von Berlin  zahlreiche Initiativen für den deutschen un den internationalen Laufsport aus“ schreibt Gerd Steins, der Historiker vom Forum für Sportgeschichte Berlin in seinem Buch „Immer wieder Marathon“* – Horst Milde und die Geschichte des 50-jährigen Berlin-Marathon.

„Der sportlichen Erfolgsbilanz standen mitunter erhebliche Behinderungen seitens der Verwaltungen und der Polizei gegenüber. Am Anfang standen die Distanzmärsche, bei denen meistens auch Laufen erlaubt war“.

„Der erste deutsche Crosslauf bzw. Waldlauf, der als Wettkampf stattfand, wurde am 26. Mai 1900 auf der Strecke  Grünau-Eichwalde gelaufen. In Berlin wurde auch die allererste deutsche Meisterschaft im Waldlauf ausgetragen, und zwar 1915 über 7500 m. Sieger war Blankenburg, der bis ins hohe Alter  Langstreckenwettbewerbe bestritt.

„Die herausragende Stellung Berlins im Langlauf zeigt sich darin, dass von den  33 ausgetagenen Deutschen Marathonläufen, bzw. Deutschen Marathon Meisterschaften zwischen 1898 und 1942 allein 22 Läufe von Berliner Sportlern gewonnen wurden. Von 1920 bis 1924 fand in Berlin fünfmal nacheinander der „Deutsche Marathonlauf“ statt“.

Einen weiteren Höhepunkt des Strassenlaufes schaffte der Deutsche Marathonlauf der am 27.7.1924 in Berlin als erster reiner Stadtmarathon ausgetragen wurde.

Gerd Steins hat in seinem Buch „Immer wieder Marathon“ akribisch alle Marathonläufe in Berlin recherchiert und  mit Skizzen ihrer Laufstrecken en detail im Buch dargestellt und Tabellen ergänzt, was bisher noch nie veröffentlicht wurde.

Er hat damit Maßstäbe gesetzt. Das Buch, man kann es auch als ein „Lexikon“ des Berliner Laufsports bezeichnen, dokumentiert die Tatkraft und die Leistungen der Generationen unseres Sports vor uns und setzt ihnen damit ein Denkmal.

Gerd Steins ruft die Vereine, die Laufsport- und Leichtathletikfreunde auf, die Sammlungen des Forums für Sportgeschichte mit den fehlenden Programmen/Denkschriften  des Groß-Staffellaufes Potsdam-Berlin zu ergänzen – siehe Anlage.

Horst Milde

Aufruf von Gerd Steins – Präsident des Forum für Sportgeschichte, Berlin:

author: GRR