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05
11
2007

Gut 26 Monate nach ihrem WM-Triumph in Helsinki erzielte Paula Radcliffe auf Anhieb die drittschnellste Zeit des Jahres und hatte schließlich 23 Sekunden Vorsprung vor der Äthiopierin.

Paula Radcliffes grandioses Comeback in New York

By GRR 0

Knapp zehn Monate vor dem olympischen Marathon in Peking ist Paula Radcliffe wieder da: Mit einem ebenso kämpferischen wie hochklassigen Comeback hat sich die 33-jährige Engländerin beim ING New York City-Marathon zurückgemeldet. In einem mitreißenden Zweikampf rang sie dabei die Äthiopierin Gete Wami förmlich nieder. Am Ende siegte Paula Radcliffe in 2:23:09 Stunden bei dem Rennen mit über 38.000 Teilnehmern aus aller Welt.

Im Duell gegen Gete Wami, die den Berlin-Marathon fünf Wochen zuvor in den Beinen hatte und nach ihrem Sieg in der deutschen Hauptstadt eine außerordentliche Leistung vollbrachte, wirkte Paula Radcliffe noch nicht ganz so stark wie zu ihren besten Zeiten, als sie in London zum Beispiel den Weltrekord auf 2:15:25 Stunden schraubte. Doch knapp elf Monate nach der Geburt ihres ersten Kindes und folgenden Verletzungsproblemen ist das auch nicht zu erwarten.

Gut 26 Monate nach ihrem WM-Triumph in Helsinki erzielte Paula Radcliffe auf Anhieb die drittschnellste Zeit des Jahres und hatte schließlich 23 Sekunden Vorsprung vor der Äthiopierin. Der Abstand täuscht, denn Gete Wami gab sich erst auf den letzten paar hundert Metern geschlagen. Doch die 32-jährige Äthiopierin, die Radcliffe auf der Bahn im Spurt unter anderem bei der WM 1999 im Kampf um das 10.000-m-Gold bezwungen hatte, kann sich trösten, denn sie wurde in New York zur Jackpot-Siegerin der ersten World Marathon Majors (WMM)-Serie und kassierte alleine dadurch 500.000 Dollar.

Mit Blick Richtung Olympische Spiele in Peking im nächsten Jahr hat Paula Radcliffe mit Gete Wami eine weitere ganz starke Konkurrentin im Kampf um das Olympia-Gold. Denn erst vor fünf Wochen hatte Wami den Berlin-Marathon gewonnen. Nun wurde sie Zweite in New York, was eine einmalige Leistung ist. Der olympische Marathon von Athen ist nach wie vor das einzige Rennen über die 42,195 km, das Paula Radcliffe in ihrer Karriere nicht gewinnen konnte. In bisher acht Läufen siegte sie nun sieben Mal.

Nicht ganz so spektakulär aber trotzdem sehr spannend war das Rennen der Männer in New York. Hier setzte sich der Kenianer Martin Lel durch, der nach seinem Sieg in London im April nun auch im Central Park gewann. Nach 2:09:04 Stunden erreichte der 29-Jährige vor Abderrahim Goumri (Marokko/2:09:16) und Hendrick Ramaala (Südafrika/2:11:25) das Ziel. Wie in London hatte sich Lel dabei im Zweikampf gegen Goumri auf seinen starken Schlussspurt verlassen können. Als er gut 500 Meter vor dem Ziel antrat, war der Marokkaner wie schon bei seinem Debüt im April geschlagen. Wie Radcliffe erhielt auch Lel eine Siegprämie von 130.000 Dollar. Lange Zeit hatten es die Männer eher gemächlich angehen lassen. In einem Rennen ohne Tempomacher setzten sich dann nach etwa 35 km Lel, Goumri und Ramaala ab. Der Südafrikaner hatte immer wieder versucht das Tempo zu forcieren, was sicherlich Kraft gekostet hat. Er fiel bald zurück während sich vorne der Zweikampf zwischen Lel und Goumri entwickelte.

Das Rennen der Frauen hatte aufgrund der Besetzung im Vorfeld für weit mehr Aufmerksamkeit gesorgt als jenes der Männer. Während es zwischen der Titelverteidigerin Jelena Prokopcuka und Gete Wami um den Jackpot der WMM ging, waren zusätzlich die Weltmeisterin Catherine Ndereba (Kenia), die Boston-Gewinnerin Lidiya Grigoryeva (Russland) und vor allen die Weltrekordlerin Paula Radcliffe (2:15:25) im Rennen. Ein stärkeres Frauenfeld gab es in diesem nicht, auch nicht bei der WM in Osaka. Radcliffe hat sich also einer echten Herausforderung bei ihrem Marathon-Comeback erfolgreich gestellt.

„Als Paula Radcliffe bekannt gab, dass sie in New York rennen würde, hat das mit Sicherheit die Taktik aller Läuferinnen verändert“, hatte Jelena Prokopcuka vor dem Rennen gesagt. Damit hatte die Lettin, die als erste Läuferin nach Grete Waitz (Norwegen) einen Hattrick in New York schaffen wollte, recht – und vor allen sie selbst war die leidtragende. „Wenn Paula in New York die erste Hälfte in unter 70 Minuten laufen wird, dann werde ich dieses Tempo nicht mitgehen. Denn 2:20 kann ich auf diesem Kurs nicht laufen“, hatte Prokopcuka auch noch gesagt. Ganz so schnell startete Radcliffe zwar nicht, aber auch nicht viel langsamer.

Während Prokopcuka diese Herausforderung nicht annahm und stattdessen mit Ndereba und Grigoryeva eine Verfolgergruppe bildete, ging Wami das Risiko ein, hinter Radcliffe herzulaufen. So groß wurde der Vorsprung, dass die beiden bald außer Sichtweite waren. Nach 70:47 Minuten hatte das Duo die Halbmarathonmarke erreicht, nach 1:41:16 Stunden die 30 km. Der Vorsprung betrug nun schon rund dreieinhalb Minuten, also über einen Kilometer. Wami, die sich sehr langfristig auf ihren Doppelstart vorbereitet hatte und auch auf die WM-Qualifikation über 10.000 Meter verzichtet hatte, hatte den Jackpot schon so gut wie gewonnen, doch sie wollte mehr. Bis dahin hatte sie zu keiner Zeit Führungsarbeit geleistet, doch das sollte sich ändern. Zweimal schien sie bereits geschlagen, weil Radcliffe einige Meter Vorsprung herausgeholt hatte. Doch beide Male kam Wami zurück, um dann auf dem letzten Kilometer zu attackieren. Aber es war nicht wie bei den Bahnrennen früherer Jahre. Paula Radcliffe wurde nicht von der eigenen Vergangenheit eingeholt. Während die Engländerin einen entscheidenden Konter startete, blieb Wami wenige hundert Meter vor dem Ziel praktisch stecken.

Zum zweiten Mal nach 2004 gewann Paula Radcliffe damit den New York-Marathon. Damals hatte sie es ebenso spannend gemacht, als sie in 2:23:10 nur drei Sekunden Vorsprung hatte vor Susan Chepkemei (Kenia). „Es war hart am Ende, denn meine Beine waren müde. Als Gete mich überholte, dachte ich: nein, das passiert mir nicht noch mal“, sagte Paula Radcliffe.

author: GRR

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