Tempelhofer Dorfkirche im Frühling 2024 - Foto: Horst Milde
Oster-Gespräch beim langen Lauf – Die OSTERPREDIGT 2024 für Läuferinnen und Läufer
Es gibt Hoffnung trotz Krieg und Gewalt, trotzt Angst und Tod! Das ist Ostern.
Ein 3-Stunden-Lauf am Ostersamstag und ich wollte nicht wieder allein unterwegs sein. Es war eine dieser Marathon-Vorbereitungen, die so langsam keinen Spaß mehr machten. Also in der Laufgruppe gefragt und ein Lauffreund sagte zu.
So trafen wir uns für die große Waldrunde und trabten los. Ein Pfarrer und ein Augenoptiker. Nach zwei Stunden (!) fragte er mich: „Sag mal, wie stellst Du Dir eigentlich die Auferstehung von den Toten vor. Du musst doch wissen, wie das ist. Du hast doch Theologie studiert und bist Pfarrer.“
Ja, so ist das bei den langen Läufen. Wir reden – im wahrsten Sinn des Wortes – über Gott und die Welt. Manchmal staunen wir auch miteinander über die wunderbare Natur und oft schweigen einfach nebeneinander her. Aber diese Frage war doch außergewöhnlich.
Also: Wie stelle ich mir das Leben nach dem Tod vor?
Ich antwortete: „Ja, ich glaube, dass das Leben auf dieser Welt nicht alles ist. Und ich glaube, dass Gottes Liebe zu uns Menschen und das Leben überhaupt größer ist als alles, was ich verstehen kann. Aber Bilder, konkrete Vorstellungen habe ich davon nicht. Zu viele Bilder haben sich Menschen in der Vergangenheit schon von dem gemacht, was dann kommt. Ich habe nur eine große Zuversicht, dass wir geborgen sein werden im Frieden des Ewigen.“
Wir redeten noch länger über die uralten Bilder von Paradies bis Fegefeuer, von Jenseitsvorstellungen anderer Religionen, von der Ostergeschichte mit dem leeren Grab und von unserem je eigenen Osterglauben. Schon längst waren wir wieder auf dem Parkplatz angekommen und fanden kein Ende.
Laufen und Glauben: beides braucht Praxis
Da war sie wieder, die oft gehörte Vermutung, als könnte man den persönlichen Glauben, das eigene Gottvertrauen in Büchern oder Vorlesungen erlernen: Du musst das doch wissen… Aber hier geht nicht um Wissen, es geht um die eigene Erfahrung und um die ganz persönliche Lebensdeutung. Es geht darum, sich auf Gottes Geschichte mit mir einzulassen und eigene Erfahrungen mit dem tiefen Vertrauen zu wagen, wenn der Tod und die Angst die Macht über das Leben verlieren. Glauben ist Vertrauen. Und Glauben ist Praxis. Das Leben als Geschenk sehen und annehmen. Aus dem Vertrauen zu leben, dass mein Leben einen Grund und einen Halt hat.
Ostern im Kloster in Jerichow – Foto: Horst Milde
Es ist wie mit dem Laufen.
Du kannst Dir Bücher kaufen, du kannst wunderbare Lauffilme und Interviews ansehen, du kannst Trainingspläne studieren und sportwissenschaftlich gebildet sein. Was Laufen für Dich bedeutet, erfährst Du nur durchs Laufen. Glaube und Laufen erschließt sich weder durch Beschreibung noch durch Beobachtung, sondern nur durch eigene Praxis. Und manchmal kannst Du die Erfahrung damit gar nicht in Worte fassen: der Zieleinlauf beim ersten großen Straßenlauf, die einsame Parkrunde bei Regen, die überwundene Krise.
Die Begegnung mit dem, der dem Tod die Macht genommen hat, sie hat mein Leben geprägt.
Die Begegnung mit Menschen, die diesen Glauben glaubwürdig, unaufgeregt, oft bescheiden leben, prägen mich bis heute. Und die alten Geschichten sind für mich wichtig. Damals zu Ostern: Die Menschen aus der Nähe Jesu, die eben noch verzweifelt waren, große Feiglinge, am Boden zerstört, sind nicht wieder zu erkennen. Mutig und mit Vertrauen gehen sie in die Welt. Da muss etwas geschehen sein zu Ostern in Jerusalem. Weil sie angesteckt sind davon, dass die Macht der Angst zerbrochen ist.
Das ist für mich Ostern – bis heute: Fürchte Dich nicht.
Es ist nicht leichter geworden, diese verrückte und erstaunliche Geschichte zu glauben. Es ist auch nicht vernünftig, es zu tun. Nicht mehr an den Tod zu glauben, das ist schon gegen manchen „vernünftigen“ und „rationalen“ Maßstab in dieser Welt.
Denn die Frage nach Gott und die Frage, ob man mit mehr rechnet, als man sehen kann, sie scheint nicht mehr in diese Welt zu passen. Denn diese Welt rechnet nur noch mit dem, was sich lohnt. „Was habe ich davon?“ ist die Leitwährung unserer Tage. Auch wenn wir Menschen wissen, wie unser Stoffwechsel funktioniert und warum ich der Erdanziehung unterworfen bin, so haben wir doch noch lange nicht verstanden, wozu dieses Leben da ist: Was soll ich bedeuten? Wieso bin ich da?
Es gibt Hoffnung trotz Krieg und Gewalt, trotzt Angst und Tod! Das ist Ostern.
Ich kann das nicht erklären. Ich kann nicht nachweisen. Aber ich kann vom Vertrauen erzählen, vom Vertrauen der ersten Frauen am Grab, die ihre Angst verloren haben.
Blühende Forsythien in der Gartenkolonie in Tempelhof – Foto: Horst Milde
Ich kann vom Vertrauen dessen erzählen, der jede Woche am Grab seiner Frau steht und gewiss ist, dass das noch nicht alles war.
Ich kann vom Glauben erzählen: von den vielen mutigen Menschen, die etwas anfangen, weil sie eine Idee haben: für ein gerechtes Zusammenleben, für Arme, für Kinder, für ein würdiges Altwerden, für mehr Gerechtigkeit oder eine Welt ohne Hass und Gewalt.
Frohe Ostern 2024!
Peter Burkowski
Pfarrer Peter Burkowski i.R. ist Marathonläufer und wird auch am 50. BERLIN-MARATHON 2024 wieder aktiv teilnehmen. Der laufenden Community ist er bekannt, weil er seit Jahren auch zusammen mit Dr. Lars Charbonnier beim Ökumenischen Marathongebet des BMW BERLIN-MARATHON in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche predigt.