Doping-Sünderin Dominguez
Operacion Galgo – Immenser Schaden – Die spanische Polizei ist bissiger denn je im Kampf gegen Doping. Das Gift des Misstrauens wirkt prompt. Die Erfolge bei der Leichtathletik-EM in Spanien stehen nun in Zweifel. Auch andere Erfolge geraten ins Zwielicht. Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
10. Dezember 2010
Die spanische Polizei ist, was Doping-Ermittlungen angeht, bissiger denn je. „Operación
Galgo“ haben die Ermittler ihren Schlag vom Donnerstagmorgen genannt. Das heißt auf deutsch: „Aktion Windhund“. Ein Name allerdings steht mehr als dieser und jeder andere dafür, dass die Guardia Civil wohl wieder einmal einen Dopingring ausgehoben hat: Eufemiano Fuentes.
Er war die zentrale Figur der „Operación Puerto“, bei der in Madrid vor viereinhalb Jahren Beutel mit dem Blut von mindestens fünfzig Radrennfahrern beschlagnahmt wurden. Fuentes gilt als Meister darin, den ohnehin ganz besonderen Saft so aufzubereiten, dass er selbst den größten Champions einen Schub gibt.
Der Zugriff vom Mai 2006 mit einigen vorübergehenden Festnahmen führte zwar zum Ende mancher Radsport-Karriere wie der von Jan Ullrich und von Jörg Jaksche. Doch bis heute geistert das Gerücht durch die Welt, dass die Justiz nicht wenige prominente Sportlerinnen und Sportler (und Klubs) schützte, indem sie ihre Namen, die kaum codiert auf die Plastikbeutel geschrieben waren, geheim hielt. Gleich zweimal wurde das Verfahren gegen Fuentes eingestellt: Er habe gegen kein Gesetz verstoßen, hieß die Begründung; das Anti-Doping-Gesetz trat erst später in Kraft.
Die Dimension der Operation Windhund und die Verhaftung unter anderem von Marta Domínguez, Spitzenathletin und Vizepräsidentin des spanischen Leichtathletik-Verbandes, lassen annehmen, dass auch hier ein Netz zum systematischen Doping existierte. Man darf gespannt sein, ob und wie das Anti-Doping-Gesetz nun angewandt wird. Schon jetzt verändert sich der Blick auf die Europameisterschaft von Barcelona, bei der im Sommer zwei Titel und sechs weitere Medaillen an spanische Leichtathleten gingen: allesamt Langläufer. Marta Domínguez wurde Zweite auf der Hindernisstrecke, bevor sie sich in den Schwangerschaftsurlaub verabschiedete.
Spanischer Höhenflug in Zweifel
Doch nicht nur die Läufer Spaniens erleben einen Höhenflug. Spanien hält sich dank der Triumphe der Fußball- wie der Basketball-Nationalmannschaft bei Europa- und Weltmeisterschaften, der Erfolge seiner Fußball-Spitzenklubs aus Barcelona und Madrid, der Leistungen von Tour-Sieger Alberto Contador im Fahrradsattel oder von Rafael Nadal auf dem Tennisplatz für eines der größten Sportländer der Welt.
Das Gift des Misstrauens wirkt prompt. Die Durchsuchungen bringen nicht bloß die spanischen Leichtathleten pauschal in Misskredit. Der Schaden, den die vermutlichen Doper angerichtet haben, ist immens.
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung; Freitag, dem 10. Dezember 2010