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2023

Olympiaträume von Meni Mayer und Mirri Dattke verhindern schon die zweite WM-Teilnahme nach 2022 - Foto: Theo Kiefner

Olympiaträume machen WM-Starts auf breiter Front zunichte – Von sechs Telis-Qualifikationen bleibt lediglich Mona Mayer im DLV Aufgebot – LG Telis Finanz Regensburg

By GRR 0

Regensburg, 8. August 2023 (orv) – Weltmeisterschaften in der Leichtathletik gibt es nun schon seit vierzig Jahren. Die erste WM fand 1983 im Olympiastadion von Helsinki statt, bei der Willi Wühlbeck den Titel über 800m gewann.

Regensburger Teilnehmer/innen findet man in der langen Historie nur einmal: Als Mitglied des Teams der damaligen LG Domspitzmilch vertrat 2005 erneut in Helsinki 800m Läufer Jason Stewart sein Heimatland Neuseeland. 2022 in Oregon/USA gab’s dann für die Domstädter gleich eine dreifache Option: Die Marathonspezialisten Miriam Dattke, Domenika Mayer und Simon Boch, alle von der LG Telis Finanz, hatten mit ihren persönlichen Bestleistungen die WM-Normen erfüllt und wären vom DLV auch nominiert worden, entschieden sich aber alle für den Start bei den Europameisterschaften, knapp drei Wochen später an jenem denkwürdigen 15. August „dahoam“ in München.

Schon bei der nächsten WM, 2023 im ungarischen Budapest standen die Drei erneut ante portas.

Teamkollege Filimon Abraham gesellte sich noch dazu, weil der im Februar diesen Jahres eine famose 2:08:22 Stunden auf die Straßen von Barcelona gezaubert hatte. Nominierungsanfrage Nummer fünf flatterte am letzten Samstagabend per WhatsApp von der Bundestrainerin Miriam Dattke auf’s Handy. Die 31:10,21 Minuten über 10.000m, erzielt von ihr am 20. Mai in London, waren im undurchsichtigen „World Ranking“ so gut, dass World Athletics (WA), der globale Verband, die Telis-Athletin gleich direkt ins Finale einlud. Zwei Tage später wurde dann auch schon das 75-köpfige WM-Aufgebot des DLV veröffentlicht. Darin war aus Regensburger Sicht nur 400m-Läuferin Mona Mayer als Mitglied der 4x400m Frauenstaffel vertreten.

„Dass von unserem geradezu historischen sechsfachen WM Startmöglichkeiten nur Mona als eigentlich unsicherste Kandidatin übrig geblieben ist, macht uns natürlich traurig, war aber letztendlich der berechtigten Olympiaträume unserer vier Marathonasse geschuldet unvermeidlich und zeigt aber auch, dass die massive zeitliche Häufung der absoluten internationalen Highlights der letzten Jahre Tribut vor allem auf der Langstrecke, aber auch im Mehrkampf in Form von freiwilligem Verzicht fordert“, sagt zur komplizierten Lage Telis-Teamchef Kurt Ring. Der Regensburger Coach meint damit die extrem langen Vorbereitungszeiten von bis zu 12 Wochen, aber auch die komplizierten Qualifikationsmodi in Deutschland betreffend der Spezies Marathon.

Im Juni diesen Jahres ließ der Weltverband verlauten, dass Marathonläufer/innen, die bis Ende Januar 2024 die harte Norm von 2:08:10 bei den Männern und 2:26:50 Stunden bei den Frauen im Nominierungszeitraum der WA (seit November 2022 offen) von ihren nationalen Verbänden innerhalb der Dreierregelung (drei Athleten/innen pro Nation/pro Disziplin) vorrangig nominiert werden müssen. Jeweils zwei Läuferinnen und Läufer haben dies hierzulande schon geschafft. „0hne die harte Norm wird gar nichts gehen.

Wir Regensburger brauchen also alle eine pfeilschnellen Marathon in 2023 mit besten Bedingungen und haben uns schon früh für Berlin am 24. September entschieden, weil Zeiten unter 2:08 Stunden in einem taktisch geführten WM-Rennen in der zu erwartenden südosteuropäischen Augusthitze eigentlich für unsereiner nicht möglich sind“, sagt Simon Boch, der auf seine 2:09:25 Stunden von Linz (16. April) noch über eineinhalb Minuten drauflegen muss und dafür zwei vierwöchige Höhencamps eingeplant hat. Mit Haftom Weldey, Europameister Richard Ringer und Rekordhalter Amanal Petros stehen für Boch und Abraham nämlich ganz dicke Brocken auf dem Weg nach Paris im Wege.

Für Domenika Mayer und Miriam Dattke ist die Aufgabe kaum leichter.

Da machen sich gleich weitere sechs deutsche Läuferinnen Hoffnungen, die 2:25:50 Stunden deutlich zu unterbieten, darunter auch die Olympiasechste von Tokio Melat Kejeta. „Knapp unter 2:25 Stunden wird man wohl anbieten müssen, um am Ende unter den drei besten Deutschen zu sein. Das wird bei den Herbstmarathons ein nationales Hauen und Stechen geben und unsere Mädels wollen natürlich dabei sein“, meint dazu Mayer-Trainer Christian Mayer. Mit den frühen Herbstmarathons lassen sich die Telis-Asse ein Hintertürl fürs Nominierungsfinale offen. „Sollte das Berliner Ergebnis nicht ausreichen, können unsere Asse beim Marathon in Valencia am 3. Dezember noch nachlegen“, erklärt Ring die durchdachte Strategie, verhehlt dabei nicht, „dass dies dann allerdings der dritte Marathon in einem Jahr für Domenika Mayer, Filimon Abraham und Simon Boch wäre.“ Filimon Abraham hat diese Herkulesaufgabe von vornherein schon ausgeschlossen. Als einziges Telis-Ass startet er nicht in Berlin, sondern erst später und setzt dann alles auf eine Karte.

Besonders betroffen von der vertrackten Qualifikationssituation war die letztjährige EM-Vierte und Team-Europameisterin Miriam Dattke. „Wann habe ich schon mal die Chance bei einer WM im Stadion zu starten? Ich musste da schon eine Nacht drüber schlafen und dann doch absagen. Allein schon eine 10.000 auf höchstem Niveau in eine Marathonvorbereitung einzubauen, wäre äußerst riskant gewesen. Zudem will ich schon Bestform anbieten können und am Ende nicht von den anderen mit einer durchschnittlichen Zeit verprügelt werden. Vierzehn Tage Vorbereitung auf die 25 Runden von Budapest sind dazu deutlich zu wenig“, erklärte sie ihre ganz eigene „mission impossible“, den Tränen nahe.

So bleibt in Budapest nur, Mona Mayer die Daumen zu drücken. „Ich freue mich natürlich riesig über die Nominierung und hoffe, dass ich wie in München zumindest im Vorlauf zum Einsatz komme“, schätzt die Deutsche U23-Meisterin ihre Situation aber recht realistisch ein.

Quelle: LG Telis Finanz Regensburg – (orv)

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