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14
05
2022

Malaika Mihambo - Foto: Victah Sailer www.photorun.NET #victahsailer

Olympiasiegerin Mihambo: Auf krummen Strecken unterwegs – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

By GRR 0

 In Pliezhausen startet Malaika Mihambo in die neue Saison. Auf ungewöhnlichen Distanzen zeigt der Weitsprung-Star dabei, wie viel Tempo in ihr steckt.

Gibt es das: Man tritt auf die Bühne, aber man verrät nicht, was man kann? Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo hat am Sonntag so ihren Einstand in die Saison gegeben. Im Juli will sie in Eugene (Oregon) ihren Titel als Weltmeisterin verteidigen, im August in München den als Europameisterin. Aus ihren Sprint-Zeiten von 9,35 und 17,28 Sekunden lässt sich keine Prognose ableiten. Sie lief sie beim Meeting der krummen Strecken in Pliezhausen bei Reutlingen über 80 und 150 Meter.

„Die krummen Strecken sind immer ganz entspannt, weil man sie ohne Druck laufen kann“, amüsierte sie sich hinterher: „Der Vergleich fehlt. Für den Einstieg ist das sehr angenehm.“ Bundestrainer Ulli Knapp, der Malaika Mihambo seit bald zwei Jahren betreut, war begeistert. Er kam schon mit Bianca Kappler und Christian Reif auf die krummen Strecken ins Schwäbische; im vergangenen Jahr begann er die mit der Goldmedaille gekrönte Saison mit Malaika Mihambo im Schönbuch-Stadion von Pliezhausen.

Als „Amputierten-Wettkämpfe“ mussten die Veranstalter um den einstigen Läufer Thomas Jeggle ihr Sportfest beschimpfen lassen, sahen sich Drohungen des Verbandes ausgesetzt, das Sportfest zu verbieten. Die ausgeschriebenen Distanzen entsprächen nicht dem Reglement. Heute lachen Jeggle und seine Freunde darüber, längst haben sie die Abstimmung mit den Füßen gewonnen.

Krumme Strecken mit Tradition

Sechshundert Sportlerinnen und Sportler, vierhundert Betreuer und reichlich zweitausend Zuschauer kamen am Sonntag zusammen; am Vortag trug der Deutsche Leichtathletik-Verband auf der Anlage die deutsche Meisterschaft über 10.000 Meter aus mit Siegen von Alina Reh und Simon Boch.

1000, 600 und 300 Meter – das war der Beginn der krummen Strecken von Pliezhausen 1985, Distanzen, die Trainer gern im Training ansetzen. Sie wissen, was die Zeiten gelten. 150 Meter kamen bald dazu, schließlich, auf Wunsch des Sprint-Bundestrainers, die 80 Meter. Zum Dank kam er mit der Nationalstaffel.

Dann entdeckte, vor bald 25 Jahren, Hürden-Bundestrainer Volker Beck Pliezhausen. Seitdem kam er, bis zur Pensionierung, mit Top-Athleten. Die 300 Meter mit acht Hürden werden voraussichtlich im Programm bleiben. Die 90 Meter wurden ein einziges Mal ausgetragen, auf Wunsch eines einzelnen Bundestrainers.

„Ich weiß jetzt nicht, ob das so gut war. Es hat sich jedenfalls gut ­angefühlt“, interpretierte Malaika Mihambo ihren Sprint: „Für den Weitsprung ist Geschwindigkeit das A und O.“ Vom Gefühl her, das ­verriet die Weitspringerin noch, sei das Tempo höher als in den vergangenen zwei Jahren.

„Ich bin wieder stabiler, ich merke, wie ich mich besser ­treffen kann. Geht so Richtung 2019 beziehungsweise Wintersaison 2020.“ Da wurde sie mit 7,30 Metern in Doha Weltmeisterin, im Winter drauf übertraf sie beim Indoor-Istaf von Berlin mit 7,07 Metern erstmals in der Halle sieben Meter – beides bis heute ihre Bestleistungen.

Die Schnelligkeit kehrt zurück, die Malaika Mihambo verloren hatte, als sie zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 drei Monate Pause einlegte. Trotzdem wurde sie Olympiasiegerin. Welches Ziel hat sie nun, da sie alle Titel besitzt und in Fahrt kommt? „Eine gute Saison machen und sich weiterentwickeln“, sagt sie: „Mich vielleicht in neue Sphären vorzuarbeiten, mich vielleicht auf einem höheren Niveau stabilisieren.“

Seit Sonntag weiß sie, dass sie das Tempo dafür hat.Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Montag, dem 9.5.2022

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