Kevin Kamenschak - Foto: Alfred Nevsimal
ÖLV – Vorschau Crosslauf-Europameisterschaften 2025: Viermal Rot-Weiß-Rot in Lagoa
Kevin Kamenschak (ATSV Linz LA), Marcel Tobler, Nicole Bauer und Tabea Schmid (alle ULC Riverside Mödling) bilden das kleine, aber feine rot-weiß-rote Nationalteam bei den Crosslauf-Europameisterschaften in Lagoa an der Algarve.
Das Quartett tritt in vier verschiedenen Wettkämpfen an und trifft in den jeweiligen Altersklassen auf zahlreiche der besten europäischen Läuferinnen und Läufer aus diversen Disziplinen: von den Mittelstrecken bis zu den Straßenlauf-Distanzen.
Dieser traditionell am zweiten Dezember-Sonntag stattfindende kontinentale Herbsthöhepunkt bedeutet für alle vier eine große Bühne und eine enorme Herausforderung im sportlichen Wettkampf. Der Crosslauf-EM-Tag kann im Livestream auf Eurovision Sport verfolgt werden und ist mit deutschem Kommentar unterlegt – Link am Textende.
Kevin Kamenschak: Mit Frische zurück auf der Bühne
Vor einem Jahr bei der Crosslauf-EM in Antalya sorgte Kevin Kamenschak (ATSV Linz LA) mit dem achten Platz in der Altersklasse U23 für den österreichischen Tageshöhepunkt. Ein Jahr später hofft der 21-Jährige, der sich vor knapp drei Wochen im Crosslauf seinen allerersten Staatsmeistertitel gesichert und damit eine eindrucksvolle Rückkehr auf die Wettkampfbühne gefeiert hat, neuerlich auf einen starken Auftritt in einem ausgesprochen starken Feld.
Der Oberösterreicher hat im Sommer eine temporäre Auszeit genommen. Er sei so wenig gelaufen wie seit über zehn Jahren nicht mehr und habe sich mit langen Radtouren die Ausdauer erhalten, erzählt er. „Die Pause war eine richtige Entscheidung!“ Im Herbst kehrte der in Wien lebende Oberösterreicher mit frischer Motivation ins Training mit Raphael Pallitsch zurück – mit der Crosslauf-EM als erstem wichtigen Orientierungsanker. In der Form von vor einem Jahr fühlt er sich nach dem Wiedereinstieg trotz großer Fortschritte binnen weniger Wochen noch nicht. Das zeige ihm einerseits die geringere Anzahl der Laufkilometer pro Woche. Andererseits hatte er beim Warandecross in Tilburg, wo er als Neunter ins Ziel gelaufen ist, einen direkten Vergleich mit dem Wettkampfjahr 2024.
Dennoch hofft Kamenschak, am Sonntag im U23-Rennen der Männer überzeugen zu können. Intensiv hat er Videos von den portugiesischen Crosslauf-Meisterschaften, die im Sinne eines kleinen Heimvorteils auf der EM-Strecke ausgetragen wurden, analysiert und hofft, mit den richtigen taktischen Schlüssen einen Vorteil daraus zu ziehen. „Mit dem sandigen und erdigen Untergrund werden sicher viele Probleme haben. Man kann es sich so vorstellen: Jeder Schritt bedeutet den Kraftaufwand von eineinhalb Schritten auf härterem Untergrund, und das fast sechs Kilometer lang. Ich trau mir keine Prognose zu, wie mir diese Verhältnisse liegen. Aber vielleicht ist mein vergleichsweise geringes Körpergewicht dieses Mal ein Vorteil.“ Auch die Renntaktik mag den Ausgang mitentscheiden: „Die Strecke ist kurvenreich. Daher muss ich mich gleich vernünftig im Feld positionieren, um nicht vom zu erwartenden, ständigen Ziehharmonikaeffekt benachteiligt zu sein. Nur wer in guter Position ist, hat eine Chance das Rennen gut zu lesen.
“Marcel Tobler: Wettkampf mit Köpfchen
Für Marcel Tobler bieten die Crosslauf-Europameisterschaften die Bühne für einen zweiten Jahreshöhepunkt nach dem fünften Platz bei den FISU World University Games im Juli in Deutschland über 1.500m. Daher will sich der Österreichische Meister auf der Kurzstrecke nicht mit hinteren Positionen abgeben: „Ich denke, ich werde mit jeder Platzierung in der ersten Hälfte zufrieden sein können. Denn es ist sehr starke Konkurrenz zu erwarten. Aber streben tu ich jedenfalls nach mehr!“
Der 24-Jährige weiß, dass eine gute Streckenbesichtigung und Vorkenntnis dessen, was im Wettkampfgeschehen auf ihn zukommen wird, entscheidend sein kann, um mit der besten Linienwahl so kraftsparend wie möglich die 7.470 Meter lange Distanz zu bewältigen. „Im Gegensatz zur Laufbahn erfordern die verschiedenen Streckenpassagen im Crosslauf ein unterschiedliches Maß an Energie, um sie so schnell wie möglich und so smart wie möglich zu absolvieren. Diesen ,Sweetspot’ zu finden, mit dem effizientesten Energiemanagement die meiste Zeit herauszuholen, finde ich die größte Herausforderung“, so der Schützling von Trainerin Karin Haußecker.
Tobler jongliert seit Monaten zwischen universitären Verpflichtungen an der Wirtschaftsuniversität Wien und seinem Trainingspensum im Aufbau der Wintersaison, die nach den Crosslauf-Europameisterschaften und einem Trainingslager in Monte Gordo in den Weihnachtsferien auch eine gute Hallensaison beinhalten soll. Die vollen Umfänge, die er theoretisch als realistisch ansehen würde, kann er aus zeitlichen Gründen nicht umsetzen. Dennoch ist er mit seiner Vorbereitung zufrieden. Auch der Testwettkampf zwei Wochen vor der EM im holländischen Tilburg macht Mut.
Nicole Bauer: Herausforderung Anstiege
In der Altersklasse U23 der Frauen sorgt Nicole Bauer für österreichische Beteiligung in einem starken Feld mit vielen vielversprechenden Lauftalenten aus diversen Ländern. Die 21-Jährige stapelt im Vorfeld nicht nur deshalb lieber etwas tiefer. Ihr ist bewusst, dass die anspruchsvolle Strecke mit steilen Rampen und unruhiger Topografie nicht unbedingt ihren Stärken entspricht. „Ich bin gespannt auf meinen Wettkampf, weil der Crosslauf halt ganz andere Anforderungen einfordert als Wettkämpfe auf der Bahn oder auf der Straße. Ich werde versuchen, mir mein Rennen gut einzuteilen, so lange wie möglich gut im Wettkampf zu bleiben und dort meine Stärken auszuspielen, wo ich sie habe“, so Bauer, die im Juli bei den U23-Europameisterschaften in Bergen Platz 14 im 5.000m-Lauf belegt hat. Aufgrund ihrer Trainingsleistungen fühlt sie sich bereit. Bei den Crosslauf-Staatsmeisterschaften vor zweieinhalb Wochen belegte sie als Siegerin der U23-Wertung Platz fünf.
Tabea Schmid: Ihr letztes Juniorinnenrennen
Als chronologisch erste heimische Athletin ist Juniorin Tabea Schmid am Sonntag im Einsatz. 97 Teilnehmerinnen aus 25 verschiedenen Nationen bilden in der Juniorinnenklasse das zweitgrößte Starterfeld des Tages. „Daher wird ein Schlüssel sein, sich von Beginn an gut positioniert zu sein. Denn ich erwarte eine sehr enge und kurvige Strecke, da kann im Getümmel in der ersten Runde, wie im Crosslauf üblich, viel passieren“, meint die 19-Jährige, die wie Nicole Bauer von Stefan Schmid trainiert wird. Ihren allerletzten Wettkampf in der Altersklasse U20 geht die Junioren-EM-Zehnte im 3.000m-Lauf dieses Jahres mit einer gewissen Lockerheit an. „Ich freue mich extrem auf den Wettkampf und möchte das Rennen genießen.“ Ihre Saison sei schließlich deutlich besser verlaufen, als sie es selbst erwartet hätte.
Schmid fühlt sich gut gerüstet für einen herausfordernden Wettkampf, sie hat gezielt im Gelände trainiert. Bei den Staatsmeisterschaften im November überzeugte sie als Österreichische Meisterin der Altersklasse U20 und Gesamt-Dritte, am vergangenen Wochenende unterbot sie im Wiener Prater den ÖLV-Juniorinnenrekord im 10km-Straßenlauf. Die Form stimmt also. „Crosslauf ist immer sehr schwierig zu prognostizieren, weil Athletinnen von unterschiedlichen Distanzen in einem Wettkampf aufeinandertreffen. Genau das macht diese Disziplin für mich auch so spannend. Die äußeren Faktoren spielen eine weit größere Rolle als bei einem Rennen auf der Bahn. Flexibel reagieren können und sich ständig anpassen ist wichtig.“
Schwieriger Kurs mit weichem Untergrund
Lagoa ist eine Kleinstadt unweit der international bekannteren Destination Faro an der Südküste Portugals. Die beliebte Urlaubsregion ist bekannt für ihre Steilküsten und Sandstrände. Austragungsort der Wettkämpfe ist der Stadtpark. Die Runde ist 1.510 Meter lang, die Start- und Zielgerade ist natürlich begrünt, ansonsten besteht der Großteil der Runde aus sandigem und erdigem Untergrund. Die Strecke ist sehr verwinkelt und beachtlich hügelig.
Zum 31. Mal gehen die jährlich ausgetragenen Crosslauf-Europameisterschaften über die Bühne. 582 Athletinnen und Athleten aus 37 europäischen Mitgliedsverbänden haben genannt. Zum bereits vierten Mal ist Portugal Gastgeber. 2010 fanden die Crosslauf-Europameisterschaften ganz in der Nähe von Lagoa statt, in Albufeira. Außerdem waren Oeiras (1997) und Lissabon (2019) bereits Gastgeber dieser Titelkämpfe.
Der Zeitplan der Crosslauf-EM 2025
(Angaben in mitteleuropäischer Zeit, Zeitverschiebung nach Portugal: -1 Stunde)
10:30 Uhr: U20-Rennen der Mädchen, 4.450 Meter (mit Tabea Schmid)
11:00 Uhr: U20-Rennen der Burschen, 4.450 Meter
11:26 Uhr: U23-Rennen der Frauen, 5.960 Meter (mit Nicole Bauer)
12:00 Uhr: U23-Rennen der Männer, 5.960 Meter (mit Kevin Kamenschak)
12:30 Uhr: Mixed-Staffel (4×1.500m)
13:00 Uhr: Rennen der Frauen, Allgemeine Klasse, 7.470 Meter
13:41 Uhr: Rennen der Männer, Allgemeine Klasse, 7.470 Meter (mit Marcel Tobler)
Fotos: © ÖLV / Alfred Nevsimal – Fotos von den Österreichischen Meisterschaften im Crosslauf 2025.
Link zum Livestream (kostenlose Anmeldung verpflichtend)
Final Entries – alle gemeldeten Teilnehmerinnen und Teilnehmer
ÖLV – Thomas Kofler
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