Das Titelbild zeigt das ÖLV-Team bei der Crosslauf-EM vor zwei Jahren in Turin. Auch damals waren Sebastian Frey, Timo Hinterndorfer, Kevin Kamenschak und Andreas Vojta dabei. - Foto: © ÖLV / Giancarlo Colombo
ÖLV – Starkes U23-Team bei der Crosslauf-EM 2024 am Sonntag in Antalya/TUR
Mit Zuversicht aus Südafrika in die Türkei
Der 22-Jährige hat die größte Erfahrung im österreichischen U23-Team. Vor drei Jahren hat er das damalige U20-Team in Dublin, zu dem auch der damals 17-jährige Kamenschak gehörte, zu Platz acht in der Nationenwertung geführt. Freys zwölfter Platz in der Einzelwertung war der Grundpfeiler für dieses gute Abschneiden.
Seither ist im sportlichen Leben des Wieners viel passiert. Seit zwei Jahren trainiert er im On Athletics Club Europe unter dem deutschen Trainer Thomas Dreißigacker, der ihn nach Antalya begleitet. „Ich habe in den letzten beiden Jahren unheimlich viel gelernt und bin sehr zufrieden, wie ich mich entwickelt habe. Ich habe nie daran gezweifelt, dass das der richtige Schritt für mich war. Es herrscht eine hervorragende Stimmung in der Trainingsgruppe und das ist sehr motivierend“, erzählt er.
Das Trainingszentrum des OAC Europe befindet sich in St. Moritz. Im Winter trainiert das Team häufig in Südafrika, wie auch in den vergangenen fast vier Wochen. „Ich fühle mich stark und wenn wir die Schwellen- und Laktatwerte vergleichen, sind sie besser als im letzten Jahr“, berichtet Frey. „Das macht mich sehr zuversichtlich für die Crosslauf-EM. Ich werde mit einem guten Gefühl ins Rennen gehen und mein Bestes geben.“ Dem 22-Jährigen ist im Wettkampfjahr 2024 ein großer Entwicklungsschritt im Vergleich zum Jahr davor gelungen. In Südafrika hat er gezielt auf Schotterstrecken, Gras und Sand trainiert und fühlt sich, aus dem Sommer der südlichen Hemisphäre kommend, auch in der klimatischen Anpassung zu den milden Temperaturen im mediterranen Raum im Vorteil.
Hinterndorfer will mutig ins Rennen gehen
Während die Crosslauf-EM für Frey die letzte Gelegenheit eines Starts in der Altersklasse U23 ist – ab 2025 performt er in der Allgemeinen Klasse – geht für Hinterndorfer und Kamenschak ihr erstes U23-Jahr in wenigen Wochen zu Ende. Hinterndorfer überzeugte im Wettkampfjahr 2024 insbesondere im Straßenlauf, gewann die Halbmarathonläufe im Rahmen des Linz Marathon und Vienna City Marathon und schnitt bei den Europameisterschaften von Rom im österreichischen Halbmarathonteam mit Abstand am besten ab.
In Antalya will der 20-Jährige ähnlich mutig ins Rennen gehen wie in Rom und orientiert sich an den Top-15 des Rennens. „Wie man im Crosslauf im Vergleich zu den anderen steht, insbesondere, wenn die besten Europas aus verschiedenen Distanzen zusammenkommen, ist immer schwierig einzuschätzen. Aber ich fühle mich sehr gut in Form und gehe daher optimistisch und auf jeden Fall offensiv ins Rennen“, schätzt er sich bereit für die Herausforderung. Nach einer kurzen Saisonpause ist Hinterndorfer im Oktober ins Aufbautraining eingestiegen und hat sich dabei auf hohe Umfänge konzentriert. „Ich bin mit den Trainingsleistungen sehr zufrieden“, berichtet er.
Bei den Crosslauf-Staatsmeisterschaften vor drei Wochen musste sich der Wiener noch Trailrunning-Spezialist Manuel Innerhofer geschlagen geben, der die topografischen Schwierigkeiten in Tulln für sich nutzen konnte. „In Antalya ist die Strecke flach, das kommt mir sicherlich entgegen“, meint Hinterndorfer. Crosslauf sei dennoch immer anstrengend, aufgrund wechselnder Untergründe sowie eingebauten, künstlichen Hindernisse und Tücken.
Starke Generalprobe für Kamenschak
Kevin Kamenschak hat den ersten Trainingsaufbau unter seinem neuen Trainer Raphael Pallitsch hinter sich, darunter ein mehrwöchiges Trainingslager in Südafrika. Der Linzer zieht viel Selbstvertrauen aus diesen Trainingswochen und insbesondere aus seinem Wettkampf in Tilburg (ein Event der World Cross Country Tour Silber), bei dem er Platz fünf belegte. „Dieser Wettkampf war enorm wichtig für mich, weil es mein erster seit Juni war“, betont der 20-Jährige. „Ich nehme nur positive Erkenntnisse daraus mit, auch weil ich eine 24-stündige Anreise aus Südafrika hatte und davor im Wettkampf noch nie zehn Kilometer weit gelaufen bin. Trotzdem habe ich eine gute Leistung gezeigt. Das sind gute Vorzeichen für Sonntag.“
Kamenschak verspürt große Vorfreude auf seine erste Crosslauf-EM seit zwei Jahren: „An einem guten Tag ist eine richtig gute Platzierung drinnen!“ Dem Oberösterreicher, dessen Hauptdistanz die 1.500m sind, dürfte die im Vergleich zu den letzten Jahren kürzere Distanz von gut 6.000m entgegenkommen. In den letzten Jahren musste die Altersklasse U23 stets rund 8.000m absolvieren.
Starke Gegner für das Trio
Die internationale Konkurrenz für das ÖLV-Trio ist im 77 Athleten umfassenden U23-Rennen durchaus beachtlich. Die bekanntesten Läufer an der Startlinie sind Titelverteidiger Will Barnicoat aus Großbritannien, der Vorjahres-Bronzemedaillengewinner und ehemalige U20-Europameister im 3.000m-Lauf, Nicholas Griggs aus Irland, der holländische Olympia-Finalist im 1.500m-Lauf von Paris 2024, Stefan Nillessen, der ehemalige Junioren-Europameister im 3.000m-Hindernislauf, Pol Oriach aus Spanien, sowie die dänischen Talente Axel Vang Christensen, 2021 und 2023 Crosslauf-Europameister in der Altersklasse U20, und Joel Ibler Lillesö, frisch gebackener Nordischer Crosslauf-Meister.
Ein Quartett bei den Frauen
Gleich vier österreichische Teilnehmerinnen sind unter den 73 Starterinnen in der Altersklasse U23 der Frauen. Katharina Götschl, Marie Theres Gruber, Cordula Lassacher und Lisa Redlinger stehen vor einer interessanten Bewährungsprobe in einem Feld mit einigen der europäischen Toptalente im Laufsport wie die Finnin Ilona Mononen, die Spanierinnen Maria Forero und Marta Serrano oder die Deutsche Blanka Dörfel. ÖLV-Sportkoordinator Hannes Gruber, der die rot-weiß-rote Delegation nach Antalya leitet, hofft, dass sich die drei besten Leistungen der Österreicherinnen zu einem guten Ergebnis in der Nationenwertung summieren.
Die Salzburgerin Gruber hat sich ihre Nominierung mit einem starken Rennen bei den ÖLV-Staatsmeisterschaften vor drei Wochen in Tulln verdient. Als Österreichische Meisterin der Altersklasse U23 gewann sie hinter Carina Reicht die Silbermedaille bei den Staatsmeisterschaften. Redlinger und Lassacher holten die weiteren Medaillen in der Altersklasse U23. Die Vorarlbergerin erreichte dabei das Ziel nur zwei Sekunden hinter Gruber und Hindernislauf-Rekordhalterin Lena Millonig als Vierte der Gesamtwertung, die Steirerin als Fünfte. Lassacher, deren Trainerin Karin Haußecker mit dem ÖLV-Team nach Antalya mitreist, platzierte sich im Vorjahr in Brüssel im Mittelfeld des Teilnehmerinnenfeldes.
Eine Institution bei Crosslauf-Europameisterschaften
Bereits zum 15. Mal in Folge bei Crosslauf-Europameisterschaften ist Andreas Vojta am Start. Nur zwei Läufer haben mehr Teilnahmen: der neunfache Europameister Sergej Lebid aus der Ukraine mit 19 und der Italiener Gabriel De Nard mit 17, beide haben ihre Karrieren längst beendet. Der Routinier nahm sich nach seinem misslungenen Auftritt beim Valencia Marathon am letzten Sonntag einige Tage Zeit, um nach umfangreichen medizinischen Tests, die in einem grünen Licht für eine Teilnahme resultierten, diese zu bestätigen. „Der sportliche Ehrgeiz hat gesiegt“, meint der 35-Jährige und sieht die Crosslauf-EM als willkommene Chance der Wiedergutmachung für den Valencia Marathon. „Mir geht es körperlich gut und die gute Form aus dem Marathon-Aufbau ist ja nicht über Nacht weggegangen“, will der Niederösterreicher auch ambitioniert ins Rennen gehen.
Aufgrund seiner reichhaltigen Erfahrung im Crosslauf weiß er, dass eine Einschätzung abhängig von Begebenheiten, Streckencharakteristik, Tagesform und weiteren Komponenten im gesamten Feld ist – und daher schwierig. Für ihn als Marathonläufer ist die Reduktion der Streckenlänge auf weniger als 8.000m eine Herausforderung. „Ich muss auf jeden Fall aufpassen, dass ich nicht superaggressiv ins Rennen komme, wenn gleich nach dem Startschuss die Post abgeht. Denn diese sehr hohen Laktatwerte ist mein Körper als Marathonläufer nicht mehr gewohnt. Dennoch gilt es darauf zu achten, nicht zu weit hinten ,im Stau zu stehen’. Ich kann im Mittelteil und im Finale nur von meiner guten Ausdauer profitieren, wenn ich ordentlich im Feld platziert bin“, plant Vojta die Taktik für Sonntag.
Nächster Höhepunkt für Rattinger
Tobias Rattinger startet zum zweiten Mal bei Crosslauf-Europameisterschaften. Vor fünf Jahren war er in der Altersklasse U23 dabei. Die EM-Teilnahme am Sonntag ist der zweite große internationale Höhepunkt des Jahres für den Oberösterreicher nach der EM-Teilnahme im 3.000m-Hindernislauf im Juni in Rom. „Grundsätzlich fühle ich mich im Crosslauf sehr wohl und mag die Vielseitigkeit dieser Disziplin“, meint der 27-Jährige. „Ich hoffe, dass der Veranstalter ein paar herausfordernde Hindernisse einbaut, an denen mir meine gute Hürdentechnik zugute kommt.“
Er freut sich über die kürzere Distanz von nur knapp acht Kilometern statt zehn in den letzten Jahren und geht aufgrund guter Trainingsleistungen mit viel Selbstbewusstsein in den Wettkampf – wohl wissend, dass er in einem unheimlich stark besetzten Feld, das zahlreiche der stärksten Läufer Europas aller Distanzen zwischen Mittelstrecken und Marathon zusammenbringt, realistischerweise nicht um vordere Platzierungen kämpft. „Das Niveau ist so hoch, dass es tatsächlich passieren kann, dass ich eine gute Leistung abliefere und trotzdem weit hinten lande“, zeigt der Oberösterreicher Respekt. Nachdem im August seine einjährige Ausbildungsauszeit, während der er wie ein Profi trainiert und gelebt hat, zu Ende gegangen ist, arbeitet der Medizinstudent zurzeit 40 Wochenstunden im Krankenhaus. Trotz der deutlichen Abstriche und spürbaren Einschränkungen fürs Training bewertet er seinen Fitnesszustand aber sehr positiv. Bei den Österreichischen Meisterschaften Mitte November hat er auf der Kurzstrecke den Titel gewonnen.
Das Wettkampfprogramm am Sonntag (mitteleuropäische Zeit)
- 9 Uhr: U20 Mädchen (4.814m)
- 9:29 Uhr: U20 Burschen (4.814m)
- 9:55 Uhr: Mixed-Staffel (4x ca. 1.500m)
- 10:25 Uhr: U23 der Frauen (6.324m) – mit Katharina Götschl, Marie-Theres Gruber, Cordula Lassacher und Lisa Redlinger
- 11:00 Uhr: U23 der Männer (6.324m) – mit Sebastian Frey, Timo Hinterndorfer und Kevin Kamenschak
- 11:31 Uhr: Allgemeine Klasse der Frauen (7.834m)
- 12:11 Uhr: Allgemeine Klasse der Männer (7.834m) – mit Tobias Rattinger und Andreas Vojta
Premiere für die Türkei
Bei der 30. Auflage der Crosslauf-Europameisterschaften ist die Türkei erstmals Gastgeberin.
Damit finden die Titelkämpfe ausnahmsweise geografisch außerhalb Europas statt, denn Antalya liegt auf dem asiatischen Teil der Türkei, deren Sportverbände aber traditionell Teil der europäischen Kontinentalverbände sind. Als viertbeste Nation im ewigen Medaillenspiegel zählt das Land zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer zu den erfolgreichsten Crosslauf-Nationen Europas, auch dank einiger aus Ostafrika stammender Athletinnen und Athleten.
Neu sind im Vergleich zu früheren Jahren die kürzeren Wettkampfdistanzen für die Männer. Dieser Entschluss fiel im Zuge der Angleichung der Wettkampfdistanzen zwischen beiden Geschlechtern. European Athletics ist in diesem Prozess einen etwas anderen Weg gegangen als World Athletics und hat die Wettkampfdistanzen der Männer verringert anstatt jene der Frauen zu erhöhen.
Gelaufen wird auf einem flachen Rundkurs im Dokuma Park, dessen Untergrund zum überwiegenden Großteil aus Gras und festem Erdboden besteht. Damit sind die Herausforderungen der Strecke gänzlich anders als bei den letzten Crosslauf-Europameisterschaften vor einem Jahr in Brüssel, wo tiefer Boden und Schlamm dominierten.
Veranstaltungswebsite Crosslauf-WM 2024
Die weiteren Fotos zeigen Sebastian Frey und Kevin Kamenschak bei der Crosslauf-EM 2021 (© ÖLV / James Veale), Timo Hinterndorfer sowie Marie-Theres Gruber und Lisa Redlinger bei den Crosslauf-Staatsmeisterschaften 2024 (© ÖLV / Alfred Nevsimal) und Andreas Vojta bei der Crosslauf-EM 2022 (© ÖLV / Giancarlo Colombo)
ÖLV – Thomas Kofler