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12
06
2010

Die Eltern bedenken oft nicht, dass sie den Kindern Schaden zufügen, wenn sie sie sich nicht natürlich bewegen lassen.

Nur in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist – Mehr Elternverantwortung für Kinder vom 1 .- 10. Lebensjahr – Von Lothar Pöhlitz* – Diplomsportlehrer

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Sie haben sicher schon oft beobachtet, dass Kinder auf dem Lande schon früh beim Spielen lauthals „Erster“ herausschreien und mit dem Gefühl der Stärke immer wieder auch ohne Anleitung nach neuen Siegen streben.

Beim Fangen spielen muss der Nachlaufende schneller sein als der Ausreißende, um ihn „abzuschlagen“. Schon im Kindergarten und im frühen Schulalter sind Wettläufe und Staffelspiele beliebte Formen. Dabei geht es nicht immer nur um Siege, egal ob für die Gruppe oder für sich selbst. Mit Stolz kommen die Mädchen und Jungen in diesem Alter noch nach Hause und berichten über ihre Erfolge. Man spürt, sie hatten Spaß am Wettlaufen und sie freuen sich schon auf das nächste Kräftemessen.

TV, Computer, Chips und Cola?

Leider ist gegenwärtig das „Wohlfühlen vor dem Fernseher oder Computer bei Chips und Cola“ gegenüber der Verbesserung der Gleichgewichtsfähigkeit, des „Zentrums“, des Barfußlaufens auf allen möglichen Bodenuntergründen, einer ausreichenden Sauerstoffversorgung in der Natur, des Schwimmenlernens, einem Ausflug auf dem Rad um die heimische Umgebung kennen zulernen oder auch einem kleinen Geländelauf mit Mama & Papa am Wochenende in den Vordergrund getreten.

Wir lassen es zu, dass Kindern die Bewegung an der frischen Luft mehr und mehr abgewöhnt wird. Und wenn man nicht früh genug damit beginnt haben sie noch nicht einmal mehr Lust zum Fußballspielen.

Vor allem die Bewegung im Vorschulalter prägt die Intelligenz „mens sana in corpore sano“

In seiner 10. Satire kommt Juvenal (Römischer Dichter und Philosoph schon um 100 n. Chr.) zu dem Ergebnis, dass es nicht vorrangig sei, um Geld, Ruhm oder ein langes Leben zu beten, sondern das man vielmehr von den Göttern erbitten soll, dass "in einem gesunden Körper ein gesunder Geist wohne (mens sana in corpore sano) ".

Schon vor Jahren hat Professor Wildor Hollmann an der Deutschen Sporthochschule Köln einen engen Zusammenhang zwischen körperlicher Bewegung, Motorik und intellektuellen Fähigkeiten vermittelt und mahnte: Wer sich viel bewegt weist eine höhere Hirnaktivität auf als "unbewegte" Menschen. Körperliche Bewegung regt die Nervenzellen im Gehirn zur Teilung und Vernetzung der Nervenkontaktstellen an. Sie sind im Zusammenspiel mit der Ernährung wesentlich für die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit, Fitness und Gesundheit, auch noch im fortgeschrittenen Alter.

Da Kinder heutzutage immer weniger bewegt werden, der Raum für eigene Kreativität, Sammlung von Bewegungserfahrungen, körperliche Aktivitäten, Entwicklung von Gleichgewichtsfähigkeiten und Geschicklichkeit, der Aufbau einer altersgerechten Belastbarkeit immer mehr eingeschränkt wurde, nehmen auch die Kräftigung von Herz, Lungen und der anderen inneren Organe ab.

Die Stunden am Fernseher und Computer werden immer mehr und nehmen überhand. Die gesundheitlichen Folgen des Bewegungsmangels sind unübersehbar: Immer mehr Schulkinder leiden an Haltungs- und Leistungsschwächen, Übergewicht, Herz-Kreislauf-Schwächen, Diabetes, Depressionen, Koordinationsschwächen, Aufmerksamkeitsstörungen oder Hyperaktivität. Die Schule wird im Rahmen ihres Erziehungs- und Bildungsauftrages dieser Aufgabe immer weniger oder besser gar nicht mehr gerecht.

Das, was die Kinder bei ihren vielfältigen sportlichen Aktivitäten früher lernten, konnten sie später auch in anderen Lebensbereichen anwenden. Sie lernten ihre Belastbarkeit, Kraft, Ausdauer in ihren eigenen Grenzen kennen und entwickelten sie. Sie erfuhren, wie diese Grenzen erweitert und sie in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt wurden.

Sie übten Fairplay, Teamfähigkeit, Rücksichtnahme und Integration von Schwächeren beim Spielen. Sie lernten mit Sieg wie auch mit Niederlage umzugehen. Sport stellte viele Jahre in vielerlei Hinsicht ein Abbild des "wirklichen" Lebens und somit auch eine hervorragende Vorbereitung auf das spätere Berufsleben dar.

Das ist leider heute nicht mehr so. Deshalb möchten wir heute mit diesem Beitrag die Aufmerksamkeit vieler Eltern wecken, sich möglichst früh um die Gesundheit, Fitness und geistige Entwicklung ihrer Kinder zu „sorgen“ und sie bitten die Verantwortung für sie mehr in die eigenen Hände zu nehmen und etwas zu tun.  

„Gene, Erbanlagen und möglichst vielseitige Bewegungshandlungen und Bewegungserfahrungen im Kleinkind- und Vorschulalter prägen die psychomotorische Entwicklung, die geistige Leistungsfähigkeit und auch die    Entwicklung der menschlichen Intelligenz“ (MARTIN 1980)

Elternaufklärung in ihrer Verantwortung für Bewegung und Ernährung                                  

Vor allem in Fragen der Ernährung und Bewegung können sie vom ersten Lebensjahr an wesentlichen Einfluss auf die körperliche und geistige Entwicklung ihres Kindes nehmen. Bis zum Eintritt ins Schulalter, noch besser aber bis mindestens zum 10. Lebensjahr sind vor allem die Eltern für die Erziehung, für anzuerziehende Gewohnheiten, für Hygiene, Ernährung, auch für Schulung von Körpergefühl und Ausbildung der Koordinationsfähigkeiten, für Bewegungserfahrungen, für den sozialen Umgang mit anderen Kindern, auch im Kindergarten der erste Ansprechpartner und Motivator, auch wenn sie selbst nicht immer präsent sind.

Gesunde Kinder werden nicht dick geboren, sondern „fett“ gefüttert, wurde uns so brutal schon im Sportstudium vermittelt. Meine Beobachtungen bestätigen diese „Lebensweisheit“. Kinder, die im Vorschulalter vor allem in der Ecke liegen und geistig und körperlich nicht gefordert werden, entwickeln sich nicht wie lebhafte, interessierte, auch körperlich geforderte Kinder (Bewegungsvielfalt). Frühzeitig an der Luft und im Wasser abgehärtete Kinder, auch an einen raschen Wechsel von warm und kalt gewohnte Kinder sind später weniger Erkältungskrankheiten ausgesetzt als die besonders „Behüteten, Verweichlichten“.

Ihre Kinder müssen wieder mehr „an die Luft“ – Erziehung und Ausbildung beginnt im Säuglingsalter und erfordert vielseitige Einflussnahme

Stellen Sie sich einen jungen Baum mit nur 2 kahlen Ästen vor. Mit der Zeit entwickelt sich der Baum, bildet immer neue Verästelungen, wird größer und hat am Ende viele „Abzweigungen“ mit Millionen Blättern und guten Früchten. Das Gehirn ihres Säuglings ist in seiner Ausprägung in etwa mit dem jungen, noch kahlen Baum zu vergleichen. Mit jeder neuen Bewegung von Händen und Füßen, mit dem Krabbeln, mit jeder Erfahrung im Laufställchen, bis zum freien Laufen, mit dem hantieren mit immer neuen Gegenständen, die sie damit kennen- und beherrschen lernen, mit der ersten Ausfahrt oder mit den ersten Schritten in der freien Natur bilden sich immer neue „Verästelungen“ im Gehirn ihres Kindes, es lernt täglich, stündlich tausend Dinge neu, vorausgesetzt, sie werden ihm angeboten.

Eingeschlossen in diesen ständigen Lernprozess sind auch das Bewegungslernen und ein gewisser Belastbarkeitsaufbau. Je mehr sie ihrem Kind schon im frühen Kindesalter anbieten, um sie beweglicher werden seine Nervenprozesse, seine geistige und körperliche Beweglichkeit.     

Die Intelligenz entwickelt sich mit der Bewegung. Barfußlaufen fördert die Ausbildung nicht nur der Füße ihrer Kinder

Da heute bereits vom Babyalter an die Füße in Schuhe gesteckt und damit das natürliche Laufen verhindert und die Fußmuskulatur sich nicht ausbilden kann, entwickeln viele Kinder Fußaufsatz- oder auch Gangstörungen. Die Eltern bedenken oft nicht, dass sie den Kindern Schaden zufügen, wenn sie sie sich nicht natürlich bewegen lassen. Barfußlaufen sollte deshalb das Gebot der Stunde sein. Barfuß in der Wohnung, im Garten, über Wiesen und Felder, im Sand oder auch über Steine. Dies fördert nicht nur die Ausbildung der Fußmuskulatur, sondern auch der Gleichgewichtsfähigkeit und bereitet sie besser auf das Leben, auch ohne Einlagen – noch nicht einmal für den Sport – vor. Dafür sind unsere Füße ausgestattet, aber nicht ausgebildet.

Eltern lassen in den ersten Jahren auch zu, dass Kinder „über den Onkel laufen“ oder die Fußspitzen schräg nach außen aufsetzen. Nicht nur das es nicht besonders gut aussieht, eine Abflachung der Längsgewölbe, spätere Knie -, oder Rückenschmerzen z.B. im Zusammenhang mit Übergewicht oder zunehmende Belastungen durch Sport sind vorprogrammiert. Wenn man bedenkt, welche komplizierten Bewegungen beim frühen Training z.B. in der Sportgymnastik, im Turnen oder anderen technischen Sportarten Kinder erlernen, könnten Eltern, aber auch Trainer bei entsprechender Geduld und Nachdruck ihren Kindern oder auch den Krankenkassen im Alter viel ersparen, vorausgesetzt es handelt sich nicht um „Fehlkonstruktionen“ (Fußanatomie).

Fehlstellungen „unten“ führen auch leichter zu Verspannungen, zu Schienbeinschmerzen, muskulären Dysbalancen und Ungleichgewichten in der Körperhaltung, Beckenschiefständen und Rückenverspannungen. Der Fußaufsatz und –abdruck überträgt sich über Knie, Becken und Wirbelsäule bis in den Kopf, beeinflusst die Körperposition über den Beinen und kann sogar über das Nervensystem zu inneren Funktionsstörungen führen.

Spätestens ab dem 3. Lebensjahr müssen ihre Kinder selbst „bewegungsaktiv“ werden. Wenn Sie diese Aufgabe nicht selbst übernehmen können, helfen Mutter- und Kindturnen, Kleinkinderschwimmen oder ein Bewegungs-Kindergarten in dem ausgiebig Sport getrieben wird. 60 Minuten und mehr tägliches „Training“ der körperlichen Fähigkeiten sollten es sein.

In dieser Phase werden auch die Ernährungsgewohnheiten, der Umgang mit Süßigkeiten, Cola, Chips, Getränken und eine gewisse Mengenlehre auf dem Teller anerzogen.

Nur in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist – Mehr Elternverantwortung für Kinder vom 1 .- 10. Lebensjahr Dort lernen die Kinder auch sich in der Gruppe zu bewegen und durchzusetzen. Die Form der Bewegung ist egal. Alles ist „Training“. Wichtig ist möglichst „täglich an die Luft“ zu kommen, Spaß an der Bewegung zu haben, auch Kräftemessen und Erster sein wollen sollte gefördert werden! So ist doch das spätere Leben.

Denken Sie daran, nur in einem gesunden, leistungsfähigen Körper wohnt ein gesunder Geist! Das schließt den frühzeitigen sinnvollen Umgang mit dem Computer nicht aus. Aber auch das kann man steuern, wenn man es nur will. Man kann auch Kinder schon frühzeitig an einen Tages-Organisationsplan gewöhnen. Das spätere Leben funktioniert erfolgreich auch nicht im Chaos. Sie sollten nicht froh darüber sein, wenn Ihr Kind sie in Ruhe lässt, sich an den PC verzieht und dort Räuber und Gendarm oder das Töten schon einmal virtuell übt oder schon sehr früh mit von ihnen nicht gewünschten Inhalten konfrontiert wird! Innerhalb des Elternhauses kann niemand anderes die Verantwortung übernehmen als sie selbst.

Etwa ab dem 11. Lebensjahr haben sich nach einem solchen Weg bereits Vorlieben für bestimmte Sportarten oder sogar ein gewisses Talent dafür herausgebildet. Lassen sie jetzt in ihren Bemühungen nicht nach, die geistige und körperliche Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen.

Organisieren sie weiterhin, dass sich ihr Kind bewegt. Gehört Ihr Kind zu den Begabten, Talenten in einer Sportart, sollten sie es bereits jetzt einem kompetenten Verein zuführen, wo sie wissen, dass qualifizierte Trainer den weiteren sportlichen Weg ihres Kindes bereiten.

Aber auch für alle diejenigen, für die der Sport weiterhin Sport als Spaß an der Bewegung ist, sollten Sie ihr Kind nun in die Obhut eines gut geführten Vereins in ihrer Umgebung geben. Körper und Geist entwickeln sich in Abhängigkeit von Anforderungen bis zum Abschluß der körperlichen Reife, bis zum Erwachsenenalter.

* Lothar Pöhlitz – Diplom – Sportlehrer
                          DLV – Bundestrainer Lauf von 1980 – 1998

author: GRR

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