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04
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2011

2009 Vienna Marathon Vienna, Austria April 19th, 2009 Photo: Victah Sailert@Photo Run Victah1111@aol.com 631-741-1865 www.photorun.NET

Nur ein Marathon ist ein Marathon – Andreas Maier vom Wien-Marathon berichtet

By GRR 0

Ist der „Marathon“ im Sinne einer Laufveranstaltung 42.195 Meter lang oder bloß 38 Kilometer? Die Antwort lautet: Es kommt darauf an, in welcher Sportart man aktiv ist. Im Laufsport ist weltweit eine exakte Streckenvermessung etabliert.

Im Triathlon ermöglicht das Regelwerk hingegen Abweichungen von bis zu zehn Prozent. Dem entspricht auf der Marathondistanz eine Kürzung um 4,2 Kilometer! „Triathlonstrecken können nicht als ordnungsgemäß vermessene Distanzen gelten, solange nicht die gleichen Vorgangsweisen wie im Straßenlauf angewandt werden“, so Hugh Jones von AIMS, der Vereinigung der Internationalen Marathons und Straßenläufe. Der Vienna City Marathon betont, dass Laufleistungen bei Triathlons deshalb relativiert werden müssen und der
Name „Marathon“ im Laufsport wie eine Marke positioniert werden soll.

Seit Jahren sind genaue, praktikable und weltweit gleiche Richtlinien für die Streckenvermessung bei Marathons und Straßenläufen in Kraft. Die Vereinigung der Internationalen Marathons und Straßenläufe (AIMS) hat Pionierarbeit geleistet und ein innerhalb des Leichtathletik Weltverbandes IAAF ein verbindliches Instrumentarium geschaffen. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass ein Marathonlauf tatsächlich 42.195
Meter lang ist. Noch genauer gesagt: Es ist gewiss, dass ein Marathon mindestens 42.195 Meter lang ist. Denn es wird zur vermessenen Strecke noch ein Tausendstel der Distanz hinzugefügt, um die vorgegebene Länge auf keinen Fall zu unterschreiten. Bei einem Marathon sind das 42,2 Meter.

Ein Marathon ist überall ein Marathon

Allen in der Laufszene ist dies bewusst und jeder seriöse Veranstalter hält sich daran. Dadurch sind die Vergleichbarkeit von Leistungen und die Anerkennung von Rekorden möglich. Für die Millionen von Läufern, die Veranstalter und die Öffentlichkeit ist dies eine sehr gute Situation. Ein Marathon ist ein Marathon, überall auf der Welt. Wenn sich ein Veranstalter außerhalb dieser Regeln stellt, steht er im Abseits.

Aber darf’s ein bisserl kürzer sein?

„Marathons“, „Halbmarathons“ und andere Laufbewerbe sind jedoch auch Teil von Triathlonveranstaltungen. Diese Laufstrecken werden aber nicht nach den Kriterien der AIMS vermessen. Die Regeln der International Triathlon Union (ITU) ermöglichen beträchtliche Kürzungen: „Geringfügige Abweichungen in den einzelnen Teildisziplinen auf Grund von örtlichen Gegebenheiten und/oder des Schwierigkeitsgrads der Strecke sind durchaus akzeptabel. Bei Meisterschaften dürfen die Abweichungen jedenfalls maximal ± 10% betragen“, schreibt die Deutsche Triathlon Union auf Seite 7 ihrer Sportordnung (Ausgabe 2011/3), siehe hier: https://www.dtuinfo.de/sportordnung.html?file=tl_files/dtu/PDFs/Ordnungen/Sportordnung%202011-3.pdf.
 
Wendet man die 10%-Regel auf einen der privat lizenzierten IRONMAN-Bewerbe an, kann die „Marathondistanz“ 38 Kilometer „kurz“ sein und trotzdem als regelkonform gelten. Welcher Veranstalter nützt das Regelwerk nicht zu seinem Vorteil aus? Beispielsweise wird in der Wettkampfordnung des Ironman Austria die Länge des Laufabschnitts mit 42,195 Kilometern angegeben. Dem folgt ein Zusatz, der großen
Interpretationsspielraum zulässt: die Distanz sei mit leichten Variationen abhängig von der geographischen Streckenlänge zu verstehen („with slight variations depending on geographic course length“ – vergleiche hier:
https://www.triangle.cc/assets/imat_uploads/imat2012_athleten_reglement_en_.doc).

Es ist prinzipiell unerheblich, über welche Distanz ein Triathlon genau führt. Wenn ein Veranstalter eine bestimmte Schleife rund um einen See belaufen will und die Laufstrecke nur 40 Kilometer beträgt, ist ihm das unbenommen. Sobald aber von Wettkampfdistanzen wie Marathons oder Halbmarathons sowie von Rekorden die Rede ist, die im Laufsport exakt normiert sind, müssen gleiche Voraussetzungen gelten.

Anerkennung für die sportlichen Leistungen!

Nun sollen die sportlichen Leistungen der Triathlon- und Ironmanfinisher in keiner Weise geschmälert werden und sind aller Ehren wert. Die Triathleten selbst zählen zu den Leidtragenden der Situation, da ihre Laufzeiten nicht in Marathon-Bestenlisten geführt werden. Ein „Marathon“ oder „Halbmarathon“ im Rahmen eines Triathlons kann eben nicht mit einem Marathon oder Halbmarathon nach IAAF-Regeln verglichen werden. In Großbritannien gab es Bestrebungen, die Laufstrecken bei Triathlons nach den gleichen Regeln wie im Laufsport zu vermessen. Leider hat das aber zu keinem Ergebnis geführt, wie AIMS-Experte Hugh Jones verwundert mitteilt.

… aber unter gleichen Voraussetzungen

Einen 38km langen Lauf als eine Strecke über die Marathondistanz auszugeben ist eine grobe Täuschung der Teilnehmer und der Öffentlichkeit. Der nichtkundige Beobachter eines Langdistanz Triathlons wird in den Glauben versetzt, die Teilnehmer laufen eine Distanz so wie beim London-, New York- oder beim Berlin Marathon. Dies entspricht aber nicht der Tatsache.

Sportlern, die einen Marathonlauf über 42.195 Meter bestreiten und sich womöglich über eine hart erkämpfte Bestzeit freuen, muss es als Hohn erscheinen, danach mit Triathlon-Laufleistungen verglichen zu werden, bei denen die Teilnehmer womöglich nur 38 Kilometer zurückgelegt haben. Selbst Fachmedien sprechen immer wieder begeistert von neuen Ironman-Weltrekorden wie zuletzt beim IRONMAN Austria in Klagenfurt oder beim
Langdistanztriathlon in Roth (Deutschland), obwohl dafür die Voraussetzungen fehlen.

Auch werden die Leistungen in Relation zu den bei Marathonläufen nach IAAF Regeln erzielten Zeiten gesetzt. Solange im Triathlon aber nicht die gleichen Maßstäbe gelten wie in der Leichtathletik, müssen die Laufleistungen im Triathlon relativiert werden.
 
IAAF-Regeln, aber richtig!

Es ist auch unverständlich, dass sich die International Triathlon Union ITU in ihren Satzungen zwar allgemein auf die Richtlinien des Leichtathletik Weltverbandes IAAF beruft (siehe https://www.triathlon.org/images/uploads/eom4-appendix-eventsdepartment-20100331b.pdf – Run course measurement manual (Kapitel 9, S. 113) – “This document is based on the content of the International Association of Athletics Federation (www.iaaf.org) and the Royal Spanish Federation of Athletics (www.rfea.es) …”), aber im Konkreten mit den Bestimmungen
zur Streckenvermessung eklatant dagegen verstößt.

Für die notwendige Konsequenz und Genauigkeit der Streckenvermessung im Laufsport gibt es mehrere prominente Beispiele:

• 1981 erzielte der US-Amerikaner Alberto Salazar beim New York City Marathon die Zeit von 2:08:13 Stunden – damals eine Weltbestzeit. Die Marke wurde jedoch wieder gestrichen, weil sich die Strecke als um 148 Meter zu kurz erwiesen hat. 148 Meter, das sind gerade einmal etwas mehr als drei Promille der Marathondistanz.
• Im Halbmarathon erzielte der Kenianer Paul Tergat 1996 beim Stramilano Halbmarathon in Mailand mit 58:51 Minuten die vermeintlich erste Zeit unter der 59-Minuten-Marke. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Strecke um 49 Meter zu kurz war, weswegen keine Anerkennung als Weltbestzeit erfolgte. 49 Meter entsprechen etwas mehr als zwei Promille eines Halbmarathons.
• 2010 wurde beim Linz Marathon von der korrekt vermessenen Strecke nachträglich eine 201 Meter lange Schleife ausgespart. Keine der dort erzielten Zeiten wurde daher als gültige Marke in die Bestenlisten aufgenommen.
• Das jüngste Beispiel für den zu Recht hohen Standard bei Rekordanerkennungen gab es anlässlich des Boston Marathons 2011. Gleich zwei Läufer blieben unter der damals gültigen Weltrekordmarke von 2:03:59 Stunden, die Haile Gebrselassie in Berlin 2008 erzielte hatte. Geoffrey Mutai (2:03:02) und Moses Mosop (2:03:06) konnten jedoch nicht über einen Weltrekord jubeln.

Denn abgesehen von der korrekten Streckenlänge, die in Boston selbstverständlich gegeben war, gelten noch die Kriterien des Gefälles (max. 1 Promille der gelaufenen Distanz, also 42 Meter) und der Luftlinienabstand zwischen Start und Ziel, der maximal 50 Prozent der gelaufenen Distanz betragen darf, bei Marathons also 21,1 Kilometer. Dadurch soll eine mögliche starke Windunterstützung verhindert werden. Beide Kriterien – Gefälle und Abstand zwischen Start und Ziel – erfüllt der Boston Marathon nicht. Diese Kriterien sind in den Internationalen Wettkampfregeln (IWR) des Leichtathletik Weltverbandes IAAF, Abschnitt 10, Punkt 28, festgelegt.

Im Triathlon wäre all dies kein Problem. Ein Marathon kann um 4,2 Kilometer zu kurz sein, ein Halbmarathon um 2,1 Kilometer. Daher der klare Appell: Richtlinien, die im Laufsport längst anerkannt sind, müssen auch im Triathlon und Duathlon gelten.
 
Marathon, eine schützenswerte Marke!

Es müsste im Interesse der IAAF und der AIMS sein, den Namen „Marathon“ im Laufsport, also ein Laufbewerb über 42.195 Metern, als Marke zu positionieren. Markenrechtlich ist dies wahrscheinlich nicht mehr möglich, in den Bedingungen der Sportverbände hingegen schon. Ein Schwimmbewerb, ein Radbewerb und ein Laufbewerb, die als Triathlon abgehalten werden, dürfen sich auch nicht automatisch IRONMAN nennen.

Der erste Marathon unter 2 Stunden?

Würden sich Athleten wie Haile Gebrselassie, der neue Marathon Weltrekordler Patrick Makau oder 30.000m-Weltrekordler Moses Mosop dazu überreden lassen, in einem IRONMAN Staffelbewerb den „3. Bewerb“ zu laufen, würde die Siegerzeit sicher unter zwei Stunden liegen. Würde die IAAF einen Weltrekord anerkennen? Nein, denn sie wären keinen Marathon gelaufen.

Über den Vienna City Marathon

Der Vienna City Marathon (VCM) wird seit 1984 durchgeführt und mobilisiert als Österreichs größte
Sportveranstaltung mehr als 32.000 Läuferinnen und Läufer. Teilnehmer aus über 100 Nationen unterstreichen seine internationale Strahlkraft. 300.000 Zuschauer feuern die Teilnehmer an der Strecke entlang zahlreicher historischer Sehenswürdigkeiten an. Die Veranstaltung verbindet Laufen und die klassische Kultur Wiens und bietet eine Plattform für Sozial- und Charityprojekte.

Der VCM ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und generiert Jahr für Jahr inlandswirksame Ausgaben von 18 Millionen Euro. In der Vorbereitung auf den Vienna City Marathon absolvieren die Teilnehmer mehr als 2,5 Millionen Trainingsstunden. Damit ist der VCM die größte Bewegungs- und Gesundheitsinitiative Österreichs. 2011 sorgte der Start von Lauflegende Haile Gebrselassie in einem speziellen Halbmarathon Verfolgungsrennen für Aufsehen.

Vom Leichtathletik-Weltverband IAAF ist der Vienna City Marathon mit dem IAAF Road Race Gold Label ausgezeichnet worden, der weltweit höchsten Kategorie für Straßenläufe.

Vienna City Marathon 2012

Die 29. Auflage des Vienna City Marathon findet am 15. April 2012 statt.

Vienna City Marathon (42,195 km)
OMV Halbmarathon (21,097 km)
Staffel-Marathon (4er-Teams: 16,1 km / 5,7 km / 9,1 km / 11,295 km)
Coca-Cola Run 4.2 (4,2 km – für Kinder und Jugendliche von 10 bis 18 Jahren)
Coca-Cola Run 1.0 (1 km – für Kinder von 6 bis 10 Jahren)

Informationen & Online-Anmeldungen auf www.vienna-marathon.com

 

Andreas Maier

author: GRR

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