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19
10
2015

Nichts Neues in der Pfalz… Der „Goldene Oktober“ blieb diesmal aus und dennoch gab es eine gute Resonanz berichtet Wilfried Raatz ©Wilfried Raatz - wus-media

Nichts Neues in der Pfalz… Der „Goldene Oktober“ blieb diesmal aus und dennoch gab es eine gute Resonanz berichtet Wilfried Raatz

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Es entspricht dem Naturell von Henning Schneehage, dass er sich praktisch bei den Startern der 19. Berglauf-Auflage „entschuldigt“, da der traditionelle „Goldene Oktober“ in Bad Dürkheim diesmal leider ausgeblieben war.

Stattdessen empfing diesiges Wetter mit Temperaturen um 10 °C die 319 Läufer, davon gleich über die Hälfte Nachmelder. Letztlich ein Beleg dafür, dass Bergläufer keineswegs nur Schönwettersportler sind.

Ein Trend jedoch macht auch vor dem allseits beliebten Berglauf an der Deutschen Weinstraße halt: Die Teilnehmerzahlen gehen leicht gebremst von Jahr zu Jahr weiter zurück. Waren es mit Pfälzer Meisterschaften 2011 noch 404 Finisher, die Folgejahre lesen sich dann mit 331, 297, 293 und aktuell 285 so.

Nur viermal wurden am Bismarckturm weniger Finisher gezählt, im Jahr 1999 gab es übrigens die identische Finisherzahl. „Vielleicht müssen wir uns auch dem Thema Trail stärker öffnen, denn selbst unser Berglauf hat gerade im oberen Teil mehr Trailcharakter. Wir sind längst auch dazu übergegangen, nur noch die kritischsten Stellen zu markieren.

Stein- und Wurzelpassagen, rustikale Treppenstufen und schmale Pfade, gerade das unterstreicht den Trailcharakter“, so Henning Schneehage, der als Pionier der Pfälzer Berglaufszene gilt. Nicht zuletzt durch seine Hartnäckigkeit ist der Pfälzer Berglauf-Pokal zu einer Erfolgsgeschichte geworden, die im Vorjahr bei sieben Veranstaltungen über 2.500 Finisher aufzuweisen hatte.

Wer die sportlichen Highlights des 19. Bad Dürkheimer Berglaufes beschreibt, der kommt unweigerlich zu einer Personengeschichte über Jonas Lehmann und Melanie Noll.

Denn in der Pfalz gibt es nichts Neues. Eindrucksvoll wie selten zuvor konnten die beiden Pfälzer Asse einmal mehr einen Berglauf gewinnen. Beim Bad Dürkheimer Berglauf liest sich das so: Jonas Lehmann gewinnt mit 33:59 Minuten und vier Minuten Vorsprung, Melanie Noll läuft mit 39:31 Minuten als erste Frau unter der 40-Minuten-Marke, beide zudem zum vierten Male in der Rotweinstadt.

Und in schöner Eintracht bedeutet der Sieg in Bad Dürkheim auch der fünfte Sieg beim Pfälzer Berglauf-Pokal 2015, denn schon zuvor waren sie die Sieger am Donnersberglauf in Steinbach, beim Nanstein-Berglauf in Landstuhl, beim Rockie-Mountain-Lauf in Rockenhausen und beim Rietburg-Berglauf in Edenkoben.

„Das hätte ich nie gedacht“, zeigte sich Melanie Noll höchst erstaunt über ihre Steigerung auf 39:31 Minuten. Zuvor war sie zum markanten Bismarckturm 2012 „lediglich“ 40:34 Minuten gelaufen. Gut, aber nicht gut genug, um den Streckenrekord von Nadine Gill zu brechen, die 2007 auf 40:17 Minuten gekommen war. „Ich bin anfangs etwas zu schnell angelaufen und musste dies im Schlussteil auch etwas büßen. Aber auf jeden Fall unter 40 Minuten, dagegen bin ich ja jahrelang angerannt…!“ freut sich die Annweilerin als Achte des gesamten Starterfeldes.

Die 31jährige Bankangestellte kann übrigens auf ihre bislang beste Saison zurückblicken, dafür stehen starke Resultate bei der EM auf Madeira, bei den  Weltcuprennen in Leogang und am Grand Ballon in Willer-s-Thur oder Siege bei deutschen Bergläufen in Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald. „Ich brauche diese Naturerlebnisse, denn nur so bekomme ich den Kopf vom beruflichen Stress frei. Ich weiß natürlich, dass es verschiedentlich sehr viel ist“.

Vergleiche zu einer 18jährigen Europameisterin Sarah Kistner, der sie beim Hochfelln im Kampf um die beste deutsche Läuferin klar unterlegen war, lehnt sie ab. „Ihre Steigerung ist Wahnsinn, das ist natürlich auch für mich motivierend. Doch man muss eines sehen: Sie nimmt mir über flache 10 km gleich vier Minuten ab!“  

Auch Jonas Lehmann kann auf eine starke Saison zurückblicken, denn auch er stand im deutschen Nationalteam bei den Berglauf-Europameisterschaften und zeigte auf den unterschiedlichsten Bergläufen seine gewonnene Klasse. Mit 30:59 blieb er zwar unter der 34-Minuten-Marke, doch der Streckenrekord von Thomas Greger scheint wie in Stein gemeißelt bei 32:02 Minuten zu sein. „Das ist meine zweitbeste Zeit nach 33:46 im Jahr 2011. Aber alleine ist es sehr schwer, immer das Tempo hoch zu halten. Deshalb bin ich über diese Zeit natürlich froh!“

Der 26jährige ist nach Abschluss seines Maschinenbaustudiums berufstätig und muss praktisch wie auch Melanie Noll zweigleisig fahren. Der Spagat mit dem Leistungssport klappt jedoch auch bei Jonas Lehmann prächtig, zumal er im südwestdeutschen Raum ohne gleichwertige Konkurrenz läuft. Deshalb ist das finale Ziel der ausklingenden Saison auch ein etwas anderes: „Mein Ziel ist, alle sieben Läufe beim Pfälzer Berglauf-Pokal zu gewinnen. Fünf habe ich ja nun schon…“, und freut sich auf die beiden abschließenden Rennen auf den Potzberg und auf den Kalmit-Gipfel.

Gegen die beiden herausragenden Pfälzer verblassen freilich die Leistungen der Konkurrenz. Bei den Männern wurde vier (!) Minuten hinter Lehmann der deutsche Trail-Vizemeister Max Kirschbaum Zweiter mit hauchdünnem Vorsprung vor dem nahe Darmstadt lebenden Steffen Denk.  

Ohne Neid blickt Christine Poyet auf die starke Siegerzeit von Melanie Noll. Schließlich gönnt sie ihrer gelegentlichen Trainingskollegin überaus den Erfolg. „Ich habe sie im Rennen nie gesehen. Kompliment für diese Klassezeit. Es macht natürlich auch viel aus, wenn man die Strecke kennt“, so die aus Wissembourg angereiste Französin. Und Wissembourg ist übrigens auch der Schnittpunkt der Trainingsgruppe von Jürgen Eichberger, zu der neben Christine auch Melanie zählt. Im guten Frauenfeld holte Jessica Kammerer Rang drei vor ihrer Heltersberger Teamkollegin Natascha Hartl.

Selbst einer höchst professionellen und routinierten Organisation passieren natürlich auch einmal Fehler. So verpasste vielleicht ein Dutzend Läufer eine nicht eindeutig markierte Wegkreuzung – und schon waren diese auf der falschen Fährte und mussten umkehren, ehe sie mit etwas Frust und Verspätung dann doch noch den Peterskopf erklimmen konnten.

Dass dieses selbst bei einem eher dichten Läuferfeld passiert, das unterstreicht allerdings auch klar den Charakter des Berglaufes, der alle Facetten dieses Landschaftslaufes beinhaltet und fernab einer „autobahnähnlichen“Streckenführung ist.

Wilfried Raatz

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