Als letzte gehen beim Cospedaer Silvesterlauf die Nordic-Walker auf die Strecke; hier 2014 Bildmitte hinten Dr. Rüdiger Grunow. ©Heinz-Georg Kremer
Nicht lange belächelt – Cospedaer Silvesterlauf nimmt lange Tradition auf – Dr. Hans-Georg Kremer berichtet
Am 31. Dezember finden weltweit Silvesterläufe statt. Auch in Jena gibt es einen solchen Lauf, wenn auch weitestgehend unbekannt. Um 10.00 Uhr starten vor der Gaststätte „Grüner Baum zur Nachtigall“ meist Ortsansässige zum „Cospedaer Glühweinlauf“.
Die Streckenlänge beträgt ca. drei Kilometer, die man laufen, walken oder nordic-walken kann. Es gibt keine Zeitnahme. Man bezahlt kein Startgeld, dafür gibt es im Anschluss ein gemütliches Zusammensein bei Glühwein, Würstchen und Pfannkuchen.
Dabei wird in diesem Jahr Dr. Rüdiger Grunow an den ältesten Silvesterlauf in Deutschland erinnern.
Entstanden ist die Silvesterlauftradition vor 91 Jahren in Südamerika, wo in diesem Jahr der 91. Silvesterlauf von Sao Paulo stattfindet. Es dauerte bis 1956 als in Wasungen die Idee eines Silvesterlaufs realisiert wurde. Der Anstoß dazu war auf der Rückfahrt einer Gruppe Wasunger Leichtathleten im Oktober 1955 vom Dreiländerkampf Polen-Belgien-DDR, der in Jena stattfand, gegeben worden.
Die Wasunger unterhielten sich über den Silvesterlauf in Sao Paulo, den 1954 der legendäre Emil Zatopek gewonnen hatte. Mit Bedauern stellten sie fest, dass sie dort wohl nie starten würden können. Da kam der Jugendliche Rüdiger Grunow auf die fixe Idee: „Wir machen in Wasungen einen Silvesterlauf!“
Zuerst lachten alle darüber, dann diskutierte man das „Für und Wider“, und schließlich waren alle von der Idee besessen. Nach Briefen an den Bezirksfachausschuss, Diskussionen mit der BSG-Leitung und der Erledigung der üblichen Bürokratie, wurde aus der Idee Wirklichkeit.
Einen wichtigen Anteil hatte der damalige BFA-Vorsitzende des Bezirks Suhl Horst König. Er setzte sich gegen alle Widersacher durch und genehmigte den Lauf. Am 31. Dezember 1955 gab es in Wasungen den Start zum ersten Silvesterlauf in Deutschland. Von 23 gemeldeten Läufern waren allerdings nur 11 angetreten. Einer von ihnen, Rüdiger Grunow, konnte in der Jugend B über 1.500 Meter siegen.
Das dies evtl. sogar der älteste Silvesterlauf in Europa ist, wussten die Organisatoren damals noch nicht.
In Ostthüringen entstanden Mitte der 1970er Jahre gleich zwei Silvesterläufe, in Tanna und in Gera, die es noch heute gibt. Während der Tannaer-Lauf wegen seiner Silvesterfeier, an der fast alle Läuferinnen und Läufer teilnahmen, zur Legende wurde, waren es in Gera die Karpfen die man in großer Stückzahl verloste. Zu einem überregionalen Lauf, der bis zu 2000 Teilnehmer zählen konnte, wurde der Geraer Lauf ab 1978, als ihn eine Gruppe von Rennsteigläufern der BSG Wismut unter ihre organisatorischen Fittiche nahm.
Das Konzept mit zwei schweren Geländestrecken über 12 und 20 Kilometer und einem Volkslauf über fünf Kilometer existiert in Gera noch heute, wo er 2015 seine 46. Auflage feiern kann. Bis zum 45. Geraer Silvesterlauf waren auch noch viele der Organisatoren der ersten Jahre an der Durchführung beteiligt.
Der Vereinsvorstand des heutigen 1. Sportvereins (SV), bei dem der Lauf angesiedelt ist, bootete aber im Frühsommer die Stammbesatzung aus und übertrug ihn den Leichtathleten. Entgegen der bereits veröffentlichten Ausschreibung wurde ein neuer Veranstaltungstermin, der von der bisherigen Tradition abweicht, beschlossen.
Statt Silvester fand der Geraer Lauf immer an einem Samstag statt. Wenn der 31.12. dann mal nicht auf einen Samstag fiel, dann gab es ihn auch schon mal am 28.12. oder 2.1. Durch diese Besonderheit sicherte er sich einen großen Zulauf von auswärtigen Läufern, die am 31.12. lieber zu Hause an den Start gingen.
Nach einem starken Teilnehmerrückgang nach der politischen Wende um 1991, war es den Traditionsorganisatoren in mühseliger Kleinarbeit gelungen, die Teilnehmerzahlen wieder auf mehr als 1000 Starter zu erhöhen. Da der Vereinsvorstand keinerlei Kompromissbereitschaft gegenüber den Männern und Frauen um Dr. Detlef Ebert und Frowin Dümmlein zeigte, traten die wichtigsten Organisatoren geschlossen aus dem 1. SV aus.
In Jena ist die Laufbewegung seit 1913 dokumentiert, als der Verein für Bewegungsspiele (VfB, heute USV) den ersten Mühltalstaffellauf organisierte. Ein Silvesterlauf ist für 1950 dokumentiert. In der Tageszeitung „Das Volk“ kann man lesen, dass die BSG Chemie Jena am Silvestertag die erste Skiveranstaltung in Jena organisierte. Bei gutem Schnee waren Start und Ziel für die Skilangläufe am sog. Chemiesportheim, dem heutigem Universitätssportzentrum.
In den 1980er Jahren etablierte sich dann der Jenaer Silvesterlauf der BSG Handel Jena, dessen Strecke vom Stadion bis nach Neulobeda und zurück führte. Nach der 30. Auflage wurde dieser Lauf dann eingestellt, da sich keine jüngeren Organisatoren fanden.
Als am 29. Januar 2005 ein Benefizlauf für die Flutopfer in Südasien bei winterlichsten Bedingungen mit fast 300 Teilnehmern vom USV Jena organisiert wurde, wurde auch die Weiterführung dieses Laufs als Silvesterlauf diskutiert. Auf Grund der hervorragenden Stimmung wollten die Vertreter des USV gemeinsam mit der Vorsitzenden des Stadtsportbundes überlegen, ob man diesen Benefizlauf zu einer festen Institution in Jena machen könne.
Der USV hatte signalisiert, dass er die Leitung dieser Aktion übernehmen würde, wenn sich weitere Jenaer Vereine daran beteiligen würden. Leider ging die Resonanz unter den Jenaer Sportvereinen gegen Null.
Erfolgreicher dagegen war der USV-Altersläufer Utz Dietz mit seiner Idee, immer am ersten Januarwochenende einen Neujahrslauf zu entwickeln, der als „Hufeisenlauf“ in diesem Jahr seine 11. Auflage feiern kann.
Dr. Hans-Georg Kremer in der Thüringische Landeszeitung vom 22.12.2015 Nr. 473
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