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20
03
2024

Dr. Christof Lindenbeck - Foto: A. Schönbucher

Nachruf auf Dr. Christof Lindenbeck (1.10.1962 – 2.3.2024)

By GRR 0

Nicht nur die Marathon-/ Trail- und Ultra-Community in Südbaden, auch viele Läufer*innen in aller Welt trauern um Dr. Christof Lindenbeck, der vor Kurzem im Alter von nur 61 Jahren seinem schweren Krebsleiden erlag. Er hinterlässt seine Frau Heike und Sohn Linus.

Der in Freiburg i. Br. ansäßige, aus dem Ruhrgebiet stammende Christof Lindenbeck arbeitete beruflich selbständig und erfolgreich als Geologe im Bereich der Datenverarbeitung. Erst mit knapp 40 Jahren begann seine Laufkarriere, anfangs kombiniert mit Triathlon. Die künftige Ausrichtung war bereits mit seinem ersten Marathon vorgegeben: es ging gleich einmal erfolgreich zum Jungfrau-Marathon.

Fortan lief er insgesamt stolze 349 Marathons und Ultras, vornehmlich auf anspruchsvollem Terrain in den Bergen.

Sein größter Lauf war zweifelsohne der Tor de Géant im Aostatal mit 330km und 24’000 Höhenmetern in ausgezeichneten 133 Stunden! Und noch unmittelbar bevor sich im Sommer 2022 sein Gesundheitszustand rapide verschlechterte finishte er die Erstauflage des E250 über ebenso viele Kilometer und 20’000 Höhenmeter beim Eiger Ultra Trail – einem seiner Lieblingsrennen, die er wie auch Zermatt oder Freiburg jährlich lief und stets in sehr guten Zeiten beendete. Bis ihm später das leistungsorientierte Laufen weniger wichtig war und andere Dinge in den Vordergrund rückten.

Unsere Wege kreuzten sich 2013 im Zielraum des legendären K78, damals die Maximalstrecke des Swiss Alpine in Davos. Gehört hatte ich schon davor von ihm und seinen außerordentlichen Läufen. Im Ziel nahm unsere Freundschaft ihren Ausgang, deren «Nebenprodukt» ab dem Folgejahr ca. 90 gemeinsame Rennen im Bereich 42 Plus waren – davon alleine 9 Läufe in der sengenden Hitze Westafrikas. Wie viele andere hatte Christof auch mich motiviert, häufiger als zuvor lange Läufe zu absolvieren. Hierzu schuf er ab 2014 eine eigene Laufserie, bei der er als einziger die ersten 165 Rennen ausnahmslos in Serie selbst mitlief und finishte – bis zu seiner Krankheit eben.

Die Idee, die viele begeisterte, ist das Angebot regelmäßiger Läufe nach den Regeln des 100 Marathon Clubs. Dies mit kleinen Teilnehmendenzahlen, deren «freiwillige» Startgebühr von jeweils 30.- vollumfänglich einem Stipendienfonds zugutekommen. Hiermit wird Kindern in einer aus Freiburg unterstützten Schule, in einer der ärmsten Viertel am Rande der Hauptstadt von Togo (Westafrika), der Schulbesuch und über Bildung somit eine Perspektive erst ermöglicht. Seit 10 Jahren werden diese Stipendien exklusiv über die Läufe der «Mon Devoir Marathon Équipe», benannt nach der gleichnamigen Schule, finanziert.

Seit 2017 setzte Christof dann auch seinen Traum um, Marathons in Afrika zu organisieren.

Nach langer Vorlaufzeit, inklusive der Bewältigung von unglaublichen bürokratischen Hürden. Das Besondere daran: es kostete ihn selbst viel Geld, weil er mit den Erträgen und Sponsoring-Einnahmen neben der Schule zahlreiche lokale Bildungs- und Infrastruktur-Projekte finanzierte. Die fast 30 von ihm veranstalteten Läufe v.a. in Togo, aber auch Sansibar, Nigeria und Gambia mit Grenzübertritten nach Ghana und Burkina Faso zogen stets eine internationale Läuferschar, aber auch viele lokale Läufer*innen an, die oft nie zuvor ein solches Rennen bestritten hatten. Eben weil Christof als Pionier meist die jeweils ersten Marathons in diesen Ländern veranstaltete. Sie starteten quasi gratis. Dadurch reisten stets illustre Läufer*innen aus der ganzen Welt an, die als Mitglieder des sog. Country Marathon Clubs und anderer Vereinigungen Marathonländer «sammeln» und glücklich waren, dass Christof ihnen neue Länder «bescherte» und ihnen dort mehr als nur einen Marathon bot. Mehrmals durften wir so auch einige Tage mit in der Szene weltweit bekannten Läufern wie etwa Brent Weigner verbringen, der als weltweit einziger Läufer aktuell Marathons und Ultras in, je nach Zählweise, 205 Ländern dieses Planeten absolvierte!

Christof war ein unglaublich großzügiger Mensch, ein wahrer Philanthrop – er selbst war genügsam und brauchte nicht viel. Er kam sehr leicht mit allen in Kontakt, war zugewandt, hilfsbereit und begeisterte viele von seinen Ideen. Und er war ein Mann der Tat. Fiel ihm beim Lauf in den Bergen von Togo auf, dass in einem Dorf der Brunnen kein Wasser mehr hergab, war ganz sicher kurz darauf eine neue Pumpe installiert. Im Nachbardorf wurde zeitgleich eine Mühle gebaut. Auf seine Kosten oder mit von ihm akquirierten Mitteln. Die Liste der von Christof Lindenbeck initiierten und finanzierten, meist existenzsichernden oder perspektivenschaffenden Projekte ließe sich endlos fortsetzen.

Dr. Christof Lindenbeck (lks.) – Foto: Albrecht Schönbucher

Dazu war er mit einer Energie gesegnet, wie ich das von niemandem sonst kenne. Nur so schaffte er es, Familie, Geschäft und Laufleidenschaft sowie die Liebe zu Afrika in einem einzigen Leben unter einen Hut zu bringen. Wie eine Lauffreundin aus Nigeria in einem berührenden blog (Link) anmerkte, hinterlässt Christof Lindenbeck nach einem erfüllten Leben ein «Vermächtnis der Liebe». Und tiefe Spuren bei vielen Menschen, die ihm begegneten.

Siegerehrung mit Dr. Christof Lindenbeck (r.) – Foto: Albrecht Schönbucher

Sein Leben war so dicht, dass es für mindestens zwei gereicht hätte. Bis zuletzt hat er auch gegen seine Krankheit angekämpft – die Kraft hat am Ende nicht mehr gereicht. Seine Lauffreunde werden versuchen, zumindest einen kleinen Teil seines Vermächtnisses fortzusetzen, ganz sicher die Unterstützung der Schule Mon Devoir.

Ruhe und laufe in Frieden, lieber Christof!

Albrecht Schönbucher

Mitglied der MDM Équipe

https://marathon.africa/mdm – Für Zugang jeweils «mdm» eingeben

www.mon-devoir.de – Seite der Schule

https://fogadventures.com/dayo%E2%80%99s-adventures/f/running-beyond-borders-remembering-christof – Reaktion aus Nigeria

author: GRR