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30
03
2010

Berlins Race Director und erfolgreicher Top-Athleten Verpflichter Mark Milde konnte mit den Ergebnissen der Athleten und Athletinnen - angesichts des Wetters - zufrieden sein ist doch sein Lauf mit der ununterbrochenen Kontinuität der Klasseleistungen der letzten Jahre ein Aushängeschild, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.

Nachlese. Notizen und Impressionen vom 30. Berliner Halbmarathon am 28.3.2010 – Helmut Winter berichtet

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Eshetu Wondimu (ETH) und Pasalia Kipkoech (KEN) waren die Sieger der 30. Ausgabe des Berliner Vattenfall Halbmarathons am letzten Sonntag durch die Straßen der Berliner Innenstadt. GRR hat ausführlich auf dieser Webseite über die Ergebnisse dieses Laufs berichtet, so dass wir uns hier auf einige Anmerkungen und Impressionen beschränken können.

Der Straßenlauf ist eine Freiluftveranstaltung und damit den Launen des Wetters in allen Belangen ausgesetzt. Dies mussten Veranstalter und Aktive beim diesjährigen Jubiläums-Halbmarathon wieder einmal erfahren. Das Wetter hätte zwar noch ungünstiger sein können, für geplante Rekordjagden war es aber kaum geeignet (obwohl am Ende trotzdem eine ganze Reihe persönlicher Bestzeiten erzielt wurden).

Leichter Regen, nasses Pflaster und ein Wind, der mit ca. 5 m/sec frontal den Läufern entgegen blies, beendeten schon früh die Hoffnungen auf eine sehr schnelle Zeit. Vor Wochenfrist hatte Tadese (ERI) in Lissabon das Leistungsniveau im Halbmarathon in neue Dimensionen geschraubt, aber seine 58:23 waren in Berlin außer Reichweite, sogar eine Stunde würde ein schwieriges Unterfangen werden. Hinzu kam noch, dass der Topfavorit Wondimu erst vor zwei Wochen in Den Haag als Zweiter in schnellen 59:52 erstmals trotz eines Sturzes unter einer Stunde blieb, knapp geschlagen von Patrick Makau. Somit kam neben den ungünstigen äußeren Bedingungen auch die Frage, ob der Äthiopier schon wieder soweit erholt war, um eine weitere Höchstleistung zu erzielen.

Diese Frage beantwortete sich schon auf den ersten Kilometern, wo insb. der scharfe Wind und der leichte Regen eine kontrollierte Tempoarbeit erschwerten. Und so war nach 5 km in 14:13 bereits klar, dass der hochwertige Streckenrekord von Patrick Makau Musyoki (KEN) in 58:56 von 2007 außer Reichweite war. Mit 14:36 wurde man zur 10 km Marke noch langsamer und mit 28:39 war sogar das Unterbieten der Stundenbarriere in Gefahr.

Da mit dem Nachlassen des Regens und Aufbrechen der Wolkendecke der Wind ungünstig drehte, wurde das Rennen an der Spitze kaum schneller, mit 14:31 für die nächsten 5 km erreichte man 15 km in 43:10. Erst dann wurde man deutlich schneller, und die am Ende Erstplatzierten setzten sich ab. 14:09 und 57:19 waren die Splits an der 20 km Marke, eine Zeit unter einer Stunde nicht mehr zu schaffen. Dazu kamen nun auch noch eine Flut von Freizeit-Inlinern, die zwar fast eine halbe Stunde zuvor auf die „Reise“ gegangen waren, in der Schlussphase von den Eliteathleten passiert werden mussten.

Aber das Finale und der Kampf um den Sieg wurden dann doch furios. 2:57 brauchte der Sieger Eshetu Wondimu für den Schlusspart, ein Tempo von 2:41 pro km, obwohl noch vor dem Ziel ein Anstieg auf einer Brücke zu bewältigen war. In der Tat erstaunlich, dass der Äthiopier nur zwei Wochen nach Den Haag schon wieder über derartige Reserven verfügte. In der angesichts der äußeren Bedingungen sehr guten Zeit von 1:00:16 gewann er den Schlussspurt mit einer Sekunde Vorsprung vor dem Kenianer Peter Kirui.

Ein erfreulich gutes Rennen lief als bester Deutscher Martin Beckmann, der zwar in dem auch in der Breite sehr starken Feld nur Platz 19 belegte, aber in 1:03:57 seinen Hausrekord knapp verbesserte. Beckmann fand mit Jan Kreisinger (CZE), Michael Schmid (AUT) und Hillary Yego (KEN) sogleich eine Vierergruppe, die sehr gleichmäßig unterwegs war. Nach 30:15 für die ersten 10 km wurde der zweite 10 km-Abschnitt mit 30:22 in fast konstantem Tempo zurückgelegt. Eine feine Leistung des Manns aus Leinfelden, insbesondere. auch in Anbetracht der nicht günstigen Bedingungen. Auf den Plätzen hinter Beckmann liefen dann weitere deutsche Läufer ein, Hagen Brosius (Berlin) in 1:06:35 und Marc Schulze (JK Running) in 1:07:28.

Bei den Frauen konnte Sabrina „Mocki“ Mockenhaupt ihre Vorjahressieg nicht wiederholen, zum Teil auch Lehrgängen bei der Bundeswehr geschuldet, die ein geregeltes Training in den Wintermonaten verhinderten. Schon von Anfang an setzten sich die späteren Erstplatzierten, Pasalia Kipkoech und Eunice Kales (beide KEN) ab, aber schon bei 10 km in 32:55 war klar, dass eine Zeit internationale Klasse nicht mehr zu erzielen war. Mockenhaupt lag hier bereits 13 Sekunden zurück, konnte diesen Abstand dann etwas verkürzen, lag aber bei 20 km in einem sehr gleichmäßig gelaufenen Rennen wieder 8 Sekunden hinter der Spitze, die 20 km in 1:06:15 passierte.

Nach dem Silvesterlauf in Sao Paulo gab es für die noch sehr junge Pasalia Kipkoech den zweiten großen internationalen Erfolg mit 1:09:43 vor ihrer Landsfrau Eunice Kales in 1:09:50. Dann folgte „Mocki“ in 1:09:57, die sich angesichts des Trainingsrückstands recht zufrieden äußerte. Dies übrigens in der Pressekonferenz in ihrer fröhlichen Art auch in Englisch, wobei sie dazu selbstkritisch äußerte, dies noch verbessern zu müssen. Der Moderator der Diskussion, Andy Edwards, war aber mitnichten ohne Arbeit, denn den sprudelnden Ausführungen der rheinischen Frohnatur standen durch sehr zurückhaltende Statements der noch jungen Siegerin gegenüber.

Andy – schon seit Jahren in Berlin dabei – ist aber ein Profi, der das mühelos bewältigte und neben seinen legendären Interviews mit dem Voice-Rekorder (siehe auch Podcast bei GRR) sich schon auf den London Marathon Ende April freut, den er gleichfalls moderieren wird und der nach der Fabelzeit von Tadese in Lissabon und den Weltrekordambitionen der Kenianer in der Tat zu einem „Jahrhundertereignis“ geraten könnte.

Berlins Race Director und erfolgreicher Top-Athleten Verpflichter Mark Milde konnte mit den Ergebnissen der Athleten und Athletinnen – angesichts des Wetters – zufrieden sein ist doch sein Lauf mit der ununterbrochenen Kontinuität der Klasseleistungen der letzten Jahre ein Aushängeschild, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.

Erfreulich auch die Leistungen weiterer deutscher Frauen, allen voran Melanie Schulz (LC Erfurt), die in 1:14:15 immerhin 9. wurde und schon zwei Plätze dahinter in 1:18:11 Katharina Heinig, die von ihren berühmten Eltern an der Strecke tatkräftig angefeuert und betreut wurde. Vielleicht war das auch der Grund, warum Katharina mit 10 km Abschnitten von 37:14 und dann 37:00 ein hervorragend gleichmäßiges Tempo halten konnte.

Ansonsten bleibt anzumerken, dass 19.668 Aktive das Ziel erreichten, 13631 Männer und 6037 Frauen. Das ist gegenüber den Vorjahren eine deutliche Steigerung mit 15.871 (2007), 17.603 (2008) und 17.912 (2009) Finishern.

Und auch das Leistungsniveau an Spitze und Breite war durchaus erfreulich, 30 Athleten unter 1:10 und 175 unter 1:20 liegt in der Größenordnung der Vorjahre, 918 (870 Männer, 48 Frauen) liefen unter 1:30, eine neue Bestmarke.

Beim Elitefeld macht sich natürlich zunehmend die internationale Konkurrenz auf der Halbmarathondistanz (und mit Einschränkungen auch die Frühjahrsmarathons) bemerkbar. Den Haag, Ras Al Khaimah, Abu Dhabi, Rotterdam, Lissabon, Prag, Mailand, Paris, etc. bringen alle hochkarätige Felder an den Start, und da wird der Markt an Extrakönnern irgendwann eng.

Mit Wondimu war es in diesem Jahr gelungen, einen Mann absoluter Weltklasse zu verpflichten, der die hohen Erwartungen in Anbetracht der Umstände voll erfüllte. Mit seiner Verbesserung auf 2:06:46 im Januar beim Dubai-Marathon liegt er aktuelle in der Weltjahresbestenliste auf Platz 3. Auch nach seiner Aufholjagd in Dubai ist eine weitere Steigerung seiner Bestzeit nahezu zu erwarten.

Wodimu hat großes Interesse – und da ist er allerdings nicht allein – dies am 26. September 2010 beim Berlin-Marathon umzusetzen. Freuen wir uns darauf.

Helmut Winter

author: GRR

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