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2021

Drei Kandidaten für ein Amt: Mit dem organisierten deutschen Sport soll es wieder bergauf gehen. - DOSB - Logo

Nachfolge von Alfons Hörmann: Machtkampf um die DOSB-Führung – Michael Reinsch und Anno Hecker in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

By GRR 0

Die Findungskommission des Deutschen Olympischen Sportbundes nominiert Claudia Bokel, Stephan Mayer und Thomas Weikert für die Präsidentschaftswahl. Vier Bewerber werden nicht berücksichtigt

Ein Favorit und zwei Überraschungen: Erstmals gibt es auf dem Weg zur Wahl des Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) eine Kampfkandidatur. Die Findungskommission des deutschen Sports unter Führung von Alt-Bundespräsident Christian Wulff nominierte am Montag Thomas Weikert, Claudia Bokel und Stephan Mayer als Kandidaten für die Nachfolge des scheidenden Präsidenten Alfons Hörmann.

Die Mitgliederversammlung des DOSB tagt am 4. Dezember 2021 in Weimar. Bereits am kommenden Sonntag erhalten die Ausgewählten die Gelegenheit, den Mitgliedsverbänden des DOSB in Düsseldorf Rede und Antwort zu stehen, mithin ihr Programm vorzustellen.

Die besten Chance auf das Amt des DOSB-Präsidenten werden dem bald sechzig Jahre alten Juristen und Rechtsanwalt Weikert aus Limburg an der Lahn eingeräumt. Der frühere Präsident des Deutschen Tischtennis-Verbandes erhielt bereits vor der Auswahl der Findungskommission die Zusage von 14 Verbänden für eine Unterstützung im Falle seiner Kandidatur. Weikert machte sich unter anderem einen Namen mit seiner Argumentation für ein Anti-Doping-Gesetz, das Ende 2015 in Kraft trat; der Bundespräsident ehrte ihn dafür mit dem Bundesverdienstkreuz.

„Es ist ein Novum“

Weikert hat Kapazitäten für die Arbeit im DOSB, weil er nach sieben Jahren an der Spitze des Internationalen Tischtennisverbandes (ITTF) nicht wieder kandidiert. „Ich hoffe natürlich, gewählt zu werden, sonst würde ich nicht antreten. Ich begegne diesem Amt mit Respekt und Demut“, sagte Weikert, dem nach Jahren der Grabenkämpfe innerhalb des deutschen Sports die Wiederherstellung der Einheit besonders wichtig ist, um den großen Herausforderungen begegnen zu können. Dafür müssten auch die Beziehungen zum Bundesinnenministerium und dem Internationalen Olympischen Komitee verbessert werden. 

Dass die 48 Jahre alte Claudia Bokel gegen ihn antritt, ist sehr erstaunlich. Auch der Deutsche Fechter-Bund (DFB) hat den Unterstützer-Brief für Weikert unterzeichnet. Die Chemikerin und frühere, international erfolgreiche Degen-Fechterin leitet den DFB seit 2015. Seit den Olympischen Spielen von London 2012 war sie Vorsitzende der Athleten-Kommission des Internationalen Olympischen Komitees. Sie ist Ehrenprofessorin der SportsAcademy Belgrad. Gemeinsam mit dem Karateka und ehemaligen Integrationsbotschafter des DOSB Ernes Erko Kalac betreibt sie die C & E Bildung und Sport gemeinnützige GmbH Frankfurt.

Eingeweihten war die Kandidatur des 47 Jahre alten CSU-Politikers Mayer länger bekannt. Dennoch gilt sein Interesse als eine faustdicke Überraschung. Seit drei Jahren ist er als Parlamentarischer Staatssekretär in Horst Seehofers Innenministerium neben anderem zuständig für die Sportförderung des Bundes. Er arbeitete also in jenem Ressort, vor dessen Beamten der scheidende DOSB-Präsident Hörmann den organisierten Sport zuletzt warnte. 

Im Wahlkreis Altötting bereits zum sechsten Mal direkt in den Bundestag gewählt, wird Mayer in der bevorstehenden Legislaturperiode allerdings der Opposition angehören – falls er nicht, als Präsident des DOSB, sein Mandat ruhen ließe. Zuletzt hatte Mayer, auch er Jurist, versichert, dass er an einer Kandidatur zur DOSB-Präsidentschaft nicht interessiert sei, sondern vielmehr den Vorsitz des Sportausschusses im Bundestag anstrebe.

Mit der SPD-Politikerin und scheidenden Justizministerin Christine Lambrecht führte er einst, er als Vorsitzender, sie als seine Vertreterin, das Technische Hilfswerk. Seitdem, so ist in Berlin zu hören, seien sich die beiden in Abneigung verbunden. Christine Lambrecht gilt als Kandidatin für das Innenministerium, welches zuständig ist für die Spitzensportförderung des Bundes und damit erste Ansprechpartnerin für den DOSB und dessen Präsidenten.

Ein Berufspolitiker stand bereits in den siebziger und achtziger Jahren an der Spitze des organisierten Sports der Bundesrepublik. Willi Weyer von der FDP war vor seiner Wahl zum Präsidenten des Deutschen Sportbundes (1974 bis 1986) Innen-, Finanz- und Minister für Wiederaufbau in Nordrhein-Westfalen sowie Abgeordneter des Landtages und des Bundestages. „Es ist ein Novum im Sport, dass wir mehrere Kandidaten haben. Ich halte das für einen echten Neuanfang. Das ist ein Glücksfall“, sagte Ingo Weiss, Präsident des Deutschen Basketball Bundes (DBB) und als Sprecher der Spitzenverbände Mitorganisator des Auswahlverfahrens: „Vielleicht haben wir auch noch in Weimar Anfang Dezember drei Kandidaten, die sich dann den Delegierten zur Wahl stellen. Das halte ich für einen hochdemokratischen Prozess.“

Zunächst für ein Jahr

Vier Bewerber berücksichtigte die Findungskommission nicht; einer, der Sportmanager und Initiator der Olympia-Kampagne Rhein Ruhr City, Michael Mronz, hatte vor dem Votum seine Bereitschaft zurückgezogen. Aus dem Kreis der Abgelehnten äußerte sich nur Stefan Klett, der Präsident des größten Landessportbundes in Deutschland (Nordrhein-Westfalen). In einem Schreiben dankte er den LSB und erklärte seine Kandidatur für beendet, obwohl er sich, an der Findungskommission vorbei, in Weimar hätte zur Wahl stellen können. Klett war der einzige Kandidat der Landessportbünde.

Die Neuwahl des DOSB-Präsidiums ist notwendig, weil Hörmann in Folge der Empfehlung der Ethikkommission des Verbandes, die Vertrauensfrage zu stellen, seinen Rückzug ein Jahr vor Ablauf der Amtsperiode angekündigt hat.

Auch sein Präsidium tritt zurück; einige der Mitglieder wollen sich in Weimar aber wieder zur Wahl stellen. Das neue Präsidium wird sich nach dieser laut Satzung „Nachwahl“ im Dezember 2022 wieder dem Votum der Delegierten stellen müssen, dann aber vier Jahre arbeiten können.

Michael Reinsch und Anno Hecker in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Montag, dem 8. November 2021

Anno Hecker

Verantwortlicher Redakteur für Sport.

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