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03
01
2015

Nach dem Silvesterlaufsieg ist vor der Saison 2015 - Rico Schwarz (m.) fasst nach einer verletzungsbedingten Zwangspause durch das überzeugende Comeback beim Silvesterlaufsieg in Bietigheim neuen Mut - ©Wilfried Raatz/wus-media.

Nach dem Silvesterlaufsieg ist vor der Saison 2015 – Rico Schwarz fasst nach einer verletzungsbedingten Zwangspause durch das überzeugende Comeback beim Silvesterlaufsieg in Bietigheim neuen Mut –

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"Ich habe alles in den Spurt hineingelegt und bin so glücklich, dass es geklappt hat. Vor allem, weil ich es so nicht erwartet habe!" freute sich Rico Schwarz über sein gelungenes Comeback nach fast fünfmonatiger Verletzungspause und den zweiten Sieg nach 2012.

Offensichtlich hat der Erfurter die "Silvesterlaufmetropole" nahe Stuttgarts zu seinem Lieblingslauf erkoren. Nach seinem Sieg 2012 und Rang zwei 2013 hinter Arne Gabius gab der 26jährige Polizist der sich zwangsläufig aufdrängenden Interpretation einer "Abwärtsspirale" die passende Antwort: Mit Sieg Nummer 2 in Bietigheim.

"Nach meiner Verletzungspause wäre ich mit Rang drei zufrieden!" bekannte er noch am Vorabend beim Blick auf die versammelte Konkurrenz bei der "Runner's Night" im Kleinkunstkeller – mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht. Dass er in der viermonatigen Verletzungspause keineswegs nur "auf der Couch" gelegen hat, wie er scherzhaft über die qualvolle Zeit des Pausierens in seiner ihm eigenen Weise berichtete, sondern an seinem Comeback gewissenhaft gearbeitet hatte, das war in jeder Rennsituation zu erkennen.

Hoch konzentriert und dennoch mit lockerem Schritt schien es lediglich eine Frage der Zeit zu sein, wann der 26jährige Erfurter die prominent besetzte Spitzengruppe sprengen würde. Und er tat es in der Schlussrunde in der Altstadt, sodass der Kenianer Dickson Kurui und auch seine deutschen Konkurrenten Julian Flügel, Markus Weiß-Latzko, Simon Stützel und Timo Göhler mussten passen.

Schon vor dem Ausstieg aus der Laufszene

Eines der Qualitätsmerkmale ist das Spurtvermögen, das Rico Schwarz einmal mehr zum Erfolg führte. Mit 33:39 Minuten lag er im Ziel fünf Sekunden vor dem Kenianer und den deutschen Läufern – und freute sich diebisch über das gelungene Comeback. "Der Sommer war zum Abhaken. Ich habe schon darüber nachgedacht, aufzuhören!" gestand Rico Schwarz nach der Siegerehrung im entspannten Plausch.

Und blickt jetzt allerdings mit großer Zuversicht nach vorne: "Ich möchte einer der wenigen Athleten sein, der nach seinem Rauswurf aus dem B-Kader, der natürlich völlig zu Recht erfolgte, wieder aufgenommen werden wird. Deshalb liegt auch mein Hauptaugenmerk auf der 10.000 m-Strecke, will aber auch eine gute 5000 m-Zeit laufen!"

Mit einer weiteren Hypothek jedoch muss er aktuell auch leben: Sein Verbleib in der Sportfördergruppe der Thüringer Polizei ist an Auflagen gekoppelt, sprich an Resultaten und Platzierungen. "Ich will auf allen Strecken Bestzeiten laufen, außer auf den Hindernissen. Dieses Kapitel ist abgehakt!" Und er weiß in Richard Ringer ein "tolles Vorbild", wie er bekennt. Und jener krönte eine starke Saison mit einem unerwarteten Rang vier im 5000 m-Finale der Europameisterschaften im Züricher Letzigrund.

Erste Laufversuche erst wieder Ende August

Mit dem Gefühl des geglückten Comebacks lässt sich natürlich etwas entspannter die "Krankengeschichte" Revue passieren. Und in der wieder gewonnenen Selbstsicherheit Sätze wie diese formulieren: "Ich glaube, wenn den Silvesterlaufsieg in Bietigheim einer verdient hat, dann ich!"  

Das spontane Feedback per WhatsApp tat ein Übriges – das Comeback nach ausgeheiltem Plantarsehnenriss hätte kaum erfolgreicher sein können! Schließlich ließ der Schützling des Erfurter Erfolgstrainers Dieter Herrmann aber auch nichts unversucht, um wieder in die Spur zu kommen.

Keinen Laufkilometer über nahezu fünf Monate, dafür aber tägliches Alternativtraining mit Aquajogging, Radeinheiten und sogar gezieltes Krafttraining, das er unter Anleitung von Nils Schumann in dessen Erfurter Fitness-Studio absolvierte. Begleitet wurden diese Trainingseinheiten ("Das war vornehmlich Sport für die reine Fitness") durch den Erfurter Eisschnelllaufarzt Dr. Lutz mit einer gezielten ACP-Therapie.

"Ende August lief ich erstmals wieder – 10 x 1 Minute Jogging! Insgesamt hat es sechs bis acht Wochen gedauert, bis ich wieder bis 100 Wochenkilometer laufen konnte", erinnert sich Rico Schwarz mit sichtlichem Stolz über die Anfänge und die gemachten Fortschritte. "Anfangs war alles natürlich sehr schwerfällig, mit sechs Kilogramm mehr auf den Rippen ist es anfangs natürlich alles sehr schwerfällig gegangen! Ich war nach jeder Laufeinheit völlig im 'Eimer'. Aber letztlich hat es sich gelohnt, den Aufbau mit viel Augenmaß zu gestalten!"

Konsequenzen: Künftig keine Hindernisrennen mehr

Dass es letztlich von Woche zu Woche besser ging, das konnte er letztlich auch an den Trainingseinheiten mit Manuel Stöckert feststellen, der zum Tempotraining nach Erfurt angereist kam. Ein 15 km-Wettkampf in Nijmwegen verlief als Crashtest mit 46:52 Minuten durchaus zufriedenstellend, der nötige Motivationskick für den Bietigheimer Silvesterlauf zum Ende des Jahres 2014.

Dabei hatte alles recht passabel angefangen. Er wurde Siebter über 3000 m bei den Hallenmeisterschaften, Rang drei verpasste er im Cross knapp gegen den wie entfesselt heranstürmenden Timo Benitz und absolvierte mit einigen Mittelstreckenläufern um Carsten Schlangen ein gutes Trainingslager im US-Höhenzentrum in Flagstaff.

"Dort lief es wirklich super!" Auch die ersten Starts nach der Rückkehr aus der Höhe waren für ihn in Ordnung, die 10.000 m-Meisterschaften ließ er zugunsten der Regeneration und der bevorstehenden Orientierung auf das Hindernislaufen sausen. Jedoch das erste Rennen in Pliezhausen über die Hindernisse wurde zum Debakel.

Über Monte Gordo und Kenia wieder zurück in die Erfolgsspur

"Ich denke, dass ich mir diesen Riss beim Hindernistraining geholt habe", versucht Rico Schwarz zu begründen. Nicht zuletzt soll deshalb diese Disziplin aus seinem Programm gestrichen bleiben. "Ok, Bietigheim war ein guter Wettkampf. Zwei Tage lang hält diese Euphorie an, dann muss es aber weiter gehen!" sagt sich Rico Schwarz. Am Samstag bereits geht es mit einer Thüringer Mittelstreckengruppe nach Monte Gordo.

Doch auch die nächsten Stationen stehen bereits mit einigen Hallenrennen ("Für die internationalen Meetings fehlen mir die entsprechenden Zeiten!") und dem Start bei den deutschen Halbmarathonmeisterschaften in Husum im April fest. "Das wird allerdings davon abhängen, in welcher Verfassung ich aus dem Trainingslager aus Kenia zurückkomme. Da wir aber erst direkt vor den Meisterschaften aus der Höhe kommen, werde ich aber nichts riskieren und schauen, wie ich mich fühle!"

Rico Schwarz weiß jedoch nur zu gut, dass bislang noch nichts erreicht ist. Außer einem kleinen Ausrufezeichen am Ende des Jahres 2014. Die Hauptorientierung wird für den deutschen 10 km-Meister von Bobingen (2013) trotz gelegentlicher Ausflüge auf die Straße eindeutig auf der Bahn liegen.

"In der Laufszene hat sich 2014 einiges getan. Das war schon ärgerlich, wenn man dabei zuschauen muss!"  Und das soll ihm so schnell nicht noch einmal passieren….   

Wilfried Raatz für leichtathletik.de

author: GRR

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