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Die neue Bronze Statue von Son Kee Chung - im Hintergrund die Eingangshalle zum Glockenturm 2016 auf der Gelände der Rudolf-Harbig-Halle ©Gerd Steins, Berlin

Nach 80 Jahren fast am Ziel – Marathon-Olympiasieger 1936 Son Kee Chung (KOR) und sein Denkmal

By GRR 0

Am 9. August 1936 um 15.00 Uhr wurde im Berliner Olympiastadion der Marathonlauf der Männer gestartet.

Es herrschten 24 Grad Wärme, 56 Läufer starteten, 42 Läufer erreichten das Ziel im Olympiastadion.

Die Strecke verlief durch den Tunnel des Olympiastadion über das Maifeld, durch die Maifeldtribüne unterhalb des Glockenturms auf die Glockenturmstraße, dann über die Havelchaussee mit dem Anstieg zum Grunewaldturm (eine Strecke, die man heute keinem Marathonläufer mehr anbieten dürfte), dann parallel zur Avus und zurück in das Stadion.

Der ungewöhnliche Verlauf der Strecke zwischen Start und Glockenturm ist aus dem Streckenplan ersichtlich, in dem auch der Standort des neuen Denkmals und der zukünftigen Dauerausstellung des Sportmuseums ersichtlich ist.

Sieger des denkwürdigen Laufes wurde Kitei Son* (JPN) – Son Kee Chung – in 2:19,2 vor Ernst Harper (GBR) 2:31,23.2 und Shoryu Nan* (JPN) – Nam Sung-yong – 2:31:42.0. Zu dieser Zeit war Korea von Japan besetzt und die beiden "japanischen" Marathonläufer waren Koreaner.

Bei der Siegerehrung des Marathonlaufes verweigerten Son Kee Chung und Nam Sung-yong den Blick auf die aufgezogenen Flaggen und starrten nur auf den Boden, als eine politische Aktion, die Eichen-Schößlinge hielten sie so, daß die Flagge der Besatzer auf ihrer Brust nicht zu sehen war.

Koreanische Redakteure  retuschierten die Bilder der Siegerehrung und wurden dafür bestraft, aber Son Kee Chung wurde durch seinen Olympiasieg – und sein Verhalten – ein Held in Korea.

Son Kee Chung wurde vom BERLIN-MARATHON 1981 – als eine späte Würdigung für seinen Olympiasieg im Marathon in Berlin und als großes Vorbild für die aufkommende  Laufbewegung – nach Berlin eingeladen. Der 8. BERLIN-MARATHON wurde 1981 – nach "Umzug aus dem Grunewald" – am 27. September auf der Wiese vor dem Reichstag gestartet. Den Startschuss gab der Regierende Bürgermeister von Berlin Richard von Weizsäcker ab.

Schon 1978 begann mit dem 5. BERLIN-MARATHON die Serie mit den Portraits von Marathon Olympiasiegern/-innen. auf Medaillen und Finisher-Urkunden. Kitei Son – Sohn Chee Chung – wurde als als Erster mit Medaille und Urkunde geehrt.

Zum Kaffetrinken wurde er mit seiner Frau (und Dolmetscher) zudem privat eingeladen und hier verteilte er Autogrammkarten. Auch noch später kam es zu Besuchen mit Son Chee Chung, als er als "Botschafter" für die Olympischen Spiele in Seoul 1988 Berlin besuchte.

Es gab einen bizarren Streit mit seinem Namen (japanisch/koreanisch) und den Nationalitäten. Auf der großen Sieger-Steintafel oberhalb des Marathontores wurde zunächst lange unerkannt der Namen der Nation (Korea anstatt Japan, danach wieder auf Japan) ausgewechselt. Für die Fremdenführer im Stadion ist das immer ein heißes Thema bei den  Besuchern, da die Auswechslung durch die hellere Farbe des Steins immer noch klar zu erkennen ist.

Am Montag, dem 12. Dezember 2016 fand fast unter Ausschluß der Öffentlichkeit – zumindest wurde vorher nichts vorher bekannt gemacht – eine Zeremonie statt,  mit der Enthüllung einer Bronze Statue, die den Marathon Olympiasieger Son Kee Chung von 1936 in voller Größe im Lauf zeigt.

Das Sportmuseum Berlin und der Landessportbund Berlin hatten dem Berliner Senat empfohlen, die Son-Statue auf dem Vorplatz zum Eingang des Glockenturms aufzustellen.

Die oberste Denkmalschutzbehörde war aus Denkmalschutzgründen gegen diesen Aufstellungsort, so daß der LSB Berlin in Übereinstimmung mit der Koreanischen Botschaft die bronzene Statue Son Kee Chungs nun auf dem vom Sportbund verwalteten Gelände vor der Rudolf-Harbig-Halle aufstellen ließ und auch die Errichtungskosten im wesentlichen bezahlte.

Jetzt steht das Denkmal – etwas abseits – vor dem Eingang zur Rudolf Harbig-Halle, der Trainingsstätte der Berliner Leichtathleten.

In der neuen Dauerausstellung des Sportmuseums Berlin wird in der Abteilung „Marathoneum“ der olympische Marathonlauf von 1936 ausführlich dargestellt werden – nach Angaben des Senats soll diese neue Dauerausstellungsfläche Ende 2019 fertig gestellt sein.

Der Koreanische Kulturverein in Berlin ist in der Vergangenheit auch schon läuferisch aktiv gewesen. 2012 wurde auf dem Tempelhofer Feld zur Erinnerung an den Marathon Olympiasieger von 1936 Son Chee Chung ein Lauf veranstaltet. Son wäre in diesem Jahr 100 Jahe alt geworden.

Brett Larner von "Japan Running News" schreibt ergänzend dazu:

Am 12. Dezember hielt das "Koreanische Kulturzentrum in Berlin" eine Zeremonie ab, um die Statue von Son Kee Chung an der Glockenturmstraße nahe der Laufstrecke der Berliner Olympiade, zu enthüllen. Sohns Enkel Lee Jung-Soon, Direktor der "Sohn-Kee-Chung-Gedächtnisstiftung", sagte: "Ich erinnere mich, wie das der der größte Wunsch meines Großvaters war, und ich bin tief bewegt, diesen Wunsch nun hier in der Nähe Berliner Olympiastadion zu verwirklichen."

Im Jahr 2006, dem 70. Jahrestag von Sohns Sieg, hatte die Stiftung zuvor versucht, zwei Bronzestatuen errichten zu lassen, eine im Seouler Olympiastadion und die andere im Berliner Olympiastadion. Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Verhandlung mit deutschen Behörden war die Statue aber seitdem bei der Botschaft in Berlin aufbewahrt worden. Die beiden Seiten haben vor kurzem eine Vereinbarung getroffen, die Statue in der Nähe des Berliner Olympiastadions, statt im Stadion zu platzieren.

Auf der Statue ist auf seiner Brust nicht die aufgehende Sonne, Japans Nationalflagge, sondern die koreanische Flagge jetzt zu sehen.

Die Statue wird bis 2026 ausgestellt sein, und wenn von beiden Seiten keine Einwände erhoben werden, wird sie automatisch für fünf Jahre verlängert.

Das "Koreanische Kulturzentrum in Berlin" kommentierte: "In der Nähe der Statue gibt es eine Leichtathletikhalle, und viele junge Athleten werden daran vorbeigehen und wir glauben, dass sie von Sohn Kee-Chungs Sportsgeist inspiriert werden."

Sohn Kee-Chung starb 2002 im Alter von 90 Jahren.

Dr. Dave Martin schreibt in seinem Buch: "The OLYMPIC MARATHON": 

„Vom leisen Protest zur größten Ehre“, …

daß die beiden japanischen Läufer bei der Siegerehrung auf dem Podest und dem Abspielen der japanischen Nationalhymne den Kopf senkten – „aber nicht aus Reverenz zur Flagge und zur Hymne sondern aus Scham und Schmach“ weil ihr Land unter japanischer Herrschaft lebte.

Beim Bild des Siegers Kitei Son am Tag darauf in der koreanischen Tageszeitung Dong-a Ilbo war die japanische Flagge auf der Trainingsjacke wegretuschiert. Dave Martin, schreibt weiter:

„Zeit heilt Wunden und für Son, als auch für Korea brachte das Jahr 1988 etwas ganz Besonderes. Einer der ergreifendsten Momente in der Marathongeschichte während der ersten modernen olympischen Jahrhunderts kam bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Seoul.

Jetzt 73 Jahre alt, lief Kee Chung-sohn in das Stadion die Olympische Flamme tragend. 52 Jahre nachdem er Olympischer Champion wurde lief er wieder auf einer olympischen Laufbahn aber seine koreanischen Farben tragend. Die 88 000 Zuschauer im Stadion waren völlig überrascht und erhoben sich um ihm lange zu applaudieren.

Scheinbar, von diesen Emotionen Energien gewinnend, weinte Kee in hemmungsloser Freude und lief so stolz und kraftvoll, daß er so jung aussah, wie damals in Berlin.

Die wenigsten der Anwesenden werden das je vergessen.“

Horst Milde

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