Müssen die Langstrecken-Hitzeschlachten bei der DM sein? ©UKA Athletics
Müssen die Langstrecken-Hitzeschlachten bei der DM sein? – LG Telis Finanz Regensburg
Regensburg, 6. Juli 2017 (Ring) – „27 Grad im Schatten, wir schwitzen wie die Ratten. Hitze-, hitze-hitzefrei, ist unser letzter Hilfeschrei“. Wer kennt diesen Reim nicht aus seiner Schulzeit.
Als Pauker mit fast vierzig Berufsjahren kannte ich das Phänomen Hitze im Klassenzimmer über die Maßen. Waren die Schüler bei lernoptimalen 19 Grad aufmerksam und lernbereit, verschlechterte sich im Sommer dies bei Zunahme der Temperatur erheblich.
Am Wochenende, bei den Deutschen Leichtathletik Meisterschaften im Erfurter Steigerwald Stadion, werden zur Hauptwettkampfzeit am Nachmittag ähnliche Temperaturen erreicht, die bei direkter Sonnenbestrahlung im Kessel eines Stadions leicht 40-45 Grad erreichen können.
Am meisten betroffen sind davon die Ausdauerstrecken 3000m Hindernis und 5000m.
Allein zur reinen sportlichen Betätigung bei Hitze findet man genügend einschränkende Hinweise im Internet. „Trainieren oder nicht trainieren – das ist an heißen Sommertagen vor allem eine Frage der Dosis. Herz und Kreislauf müssen bei den hohen Temperaturen zusätzliche Arbeit leisten, um den Körper vor Überhitzung zu schützen. Dazu leitet der Körper Blut in Arme, Beine und die oberen Hautschichten und gibt Wärme über die Haut ab. Der Trick hat einen Nachteil: Er mindert die Leistung. Die Muskulatur wird weniger durchblutet und mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, Höchstleistungen sind ausgeschlossen.
Ohnehin fühlt sich das Training bei Hitze anstrengender an, und man erschöpft schneller. Am simpelsten lassen sich sportlichen Trainingsrunden durchziehen, wenn man Sonne, Hitze und erhöhten Ozonwerten konsequent aus dem Weg geht. Also nicht in der prallen Mittagssonne sporteln, sondern auf schattige Trainingstrecken, in den Wald oder die kühleren Morgen- und Abendstunden ausweichen. Sonnencreme und Sonnenbrille schützen zusätzlich.“ (Quelle:spiegel.de)
Auf Sparflamme im Wettkampf, geht das überhaupt? Sicher dann nicht, wenn es um die begehrten nationalen Titel geht. Die Athleten/Innen werden an ihre Grenzen herangehen, um ganz vorne zu landen. Dass sie nicht serienweise im Ziel umkippen, ist ihrer ganz besonderen Fitness zu schulden. Rekorde oder Bestleistungen werden ausbleiben, die Hitze lässt es nicht zu.
Die Rennnachwirkungen werden massiver sein, die Regerationszeiten länger dauern, Hitzeschlachten sind extrem substanzraubend. Anhaltend hohe Temperaturen haben nicht nur Auswirkungen auf den Körper, sondern auch auf die Psyche. Die Konzentration lässt nach, Menschen werden schneller müde, unkritischer, aber auch aggressiver. (Quelle welt.de). Darunter leidet auch das Wohlfühlverhalten der Zuschauer, zumal dann, wenn Veranstaltungen den ganzen Tag lang den ungünstigen klimatischen Verhältnissen ausgesetzt sind.
Die Deutschen Leichtathletik Meisterschaften finden immer im Hochsommer statt. Es muss nicht immer heiß sein, sehr oft ist es aber so.
Das bringt die Natur der Dinge einfach mit sich. Im Zeitplan dieser Meisterschaften hat sich seit Jahrzehnten nichts geändert. 8-9 Stunden am Samstag vom späten Vormittag bis zum späten Nachmittag und noch einmal 7-8 Stunden am Sonntag, den zweiten Tag der Meisterschaften, sind Standard und scheinbar unverrückbares Gesetz. Meine Frau, ein echter Fan dieser Sportart, sagt dazu: „Wenn wir nicht selbst Athleten dabei hätten, würde ich mir diesen Stress nicht antun.“
Dies zu ändern wäre Sache des veranstaltenden Deutschen Leichtathletik-Verbandes.
Spricht man die verantwortlichen Funktionäre darauf an, verweisen sie auf die Übertragungswünsche der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten. Betrachtet man deren Sportberichterstattung stellt man fest, dass dort Sportübertragungen durchaus zumindest den Abend-Zeitraum zwischen 17 und 20 Uhr belegen, der dann zu Zeiten der Leichtathletik Meisterschaften auch nicht vom Primus Fußball belegt ist. Der hat sich schon längst selbst mit unterklassigen Spielen der Relegationsspiele die Primezeit nach 20 Uhr erarbeitet.
Leichtathletik steht in der Gunst der Zuschauer laut einer Studie noch immer sehr hoch.
Dass Fußball die Nummer eins ist, bleibt unbestritten. Dass dennoch auch viele andere Sportarten „durchaus das Potenzial haben, Zuschauer zu begeistern, belegen die erzielten Reichweiten bei der Übertragung von Olympischen Spielen“, sagt Dagmar Freitag (SPD), die Vorsitzende im Bundestagssportausschuss.
Warum also die Primetime kampflos König Fußball gänzlich überlassen und nicht dessen freie Zeit im Hochsommer geschickt für eine weitaus verträglicher Form der Meisterschaftsgestaltung mit Vormittagsprogramm (10-13 Uhr – Vorläufe und Vorkämpfe, Qualifikationen) und einem rein den Finals vorbehaltenem Abendprogramm von 18 bis 22 Uhr zu nutzen.
Alle Langstreckler würden für Startzeiten nach 20 Uhr ihrem Verband die Füße küssen und die Leistungen auf diesen Strecken würden wohl deutlich anziehen, ganz zu schweigen von den angenehmen Temperaturen auf den Zuschauerrängen.
Ein Kollege sagte erst vorgestern zu mir: „Wer nicht über seinen Tellerrand schauen will, ersäuft in seiner Suppe, auch wenn sie gut schmeckt.“ Ich möchte hinzufügen: „Wer nichts wagt, der nichts gewinnt.“
Vielleicht denken die Verantwortlichen des DLV angesichts der vielen Probleme ihrer Sportart mal drüber nach. Wer nichts verändert, kann auch nicht erwarten, dass sich etwas plötzlich zum Positiven verändert.
Der Leichtathletik laufen die Zuschauer weg und damit das mediale Interesse dafür, in der Folge natürlich auch potentielle Sponsoren, deren Geld die Sportart dringend braucht. Ich selbst habe vor Jahrzehnten noch Meisterschaftstage vor 30.000 Besuchern erlebt. Dieser Negativtrend muss nicht unbedingt an der Sportart selbst liegen.
Quelle: LG Telis Finanz Regensburg – Kurt Ring
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