„Mit dem neunten Platz bin ich sehr zufrieden. Ich bin in den Top 10, wobei gemessen an meiner Meldezeit auch die Top 20 okay gewesen wären“, sagte Christian Glatting
Mo Farah sorgt für historischen britischen Sieg in Barcelona – Die Lauf-Entscheidungen bei den Leichtathletik-Europameisterschaften (1. Tag)
Nie zuvor hatte ein britischer Läufer den Europameistertitel über 10.000 m der Männer gewonnen – trotz der großen Läufer-Tradition des Landes und der langen Geschichte der Titelkämpfe, die 1934 begann.
Seit Dienstagabend, dem Auftakttag der 20. kontinentalen Meisterschaften im Olympiastadion von Barcelona, gibt es einen englischen Gewinner: Der 27-jährige Mo Farah wurde seiner Favoritenrolle souverän gerecht und feierte in 28:24,99 Minuten den bisher größten Sieg seiner Karriere. Und wenn sie schon mit dem Siegen anfangen, dann machen es die Briten gleich richtig: Chris Thompson sorgte für einen Doppeltriumph und verwies in einem Fotofinish den zeitgleichen Italiener Daniele Meucci (beide 28:27,33) auf Rang drei.
Als bester deutscher Läufer erreichte Christian Glatting als Neunter mit 29:09,84 eine gute Platzierung. Zwölfter wurde Titelverteidiger Jan Fitschen (beide TV Wattenscheid) mit 29:16,59 Minuten, Rang 15 belegte Filmon Ghirmai (LAV Asics Tübingen) in 29:28,31.
Lange Zeit gab es bei warmen Temperaturen von 26 Grad Celsius ein Bummelrennen, in dem jeder mal in Führung gehen durfte. Stsiapan Rahautsou (Weißrussland) oder Moges Tesseme (Israel), die am Ende keine Rolle mehr spielten, liefen zeitweilig ganz vorne, während sich die Favoriten um Mo Farah weit hinten einsortiert hatten. Als nach 14:38,10 Minuten die erste Hälfte gelaufen war, wurde das Tempo etwas schneller und eine Gruppe mit zehn Läufern lag an der Spitze. Darunter war auch noch Filmon Ghirmai, doch lange konnte er nicht mithalten.
Es war dann Chris Thompson, der das Tempo anzog. Mo Farah heftete sich an seine Fersen, verfolgt von der Konkurrenz aus Spanien (Ayad Lamdassem und Carles Castillejo) sowie Italien (Daniele Meucci und Andrea Lalli). Fast sah es im Olympiastadion nach einem Drei-Länder-Kampf aus. Dann beschleunigte Mo Farah rund zweieinhalb Kilometer vor dem Ziel deutlich und löste sich. Doch ein Spanier – der aus Marokko stammende Ayad Lamdassem – heftete sich an seine Fersen und ließ sich nicht so leicht abschütteln. Irgendwann wurde Mo Farah dieses Spielchen aber zu bunt. Plötzlich scherte er aus auf Bahn zwei, reduzierte das Tempo deutlich und begann auf den Spanier einzureden. Der ging dann schließlich nach vorne.
Die Verfolger, Chris Thompson und Daniele Meucci, kamen durch dieses Geplänkel wieder etwas dichter heran, was Mo Farah nutzte, um seinem Landsmann ein aufmunterndes Zeichen zu geben. „Ich habe das gesehen, er wollte mir sagen ,Come on! Hier geht noch was!’ – ich habe alles gegeben, fortan auf den Spanier vor mir geachtet und gemerkt, dass er müde wurde“, erzählte der 29-jährige Thompson.
350 Meter vor dem Ziel kam der Antritt von Mo Farah, der an Ayad Lamdassem vorbeiflog und das Rennen mit einem langen Spurt gewann. Ausgangs der Zielkurve gingen auch Thompson und Meucci an dem Spanier vorbei, der am Ende vor heimischem Publikum den undankbaren vierten Rang in 28:34,89 Minuten belegte. Thompson rettete einen Minimalvorsprung vor Meucci ins Ziel und erklärte: „Das ist ein großer Erfolg für die britische Leichtathletik. Zweiter hinter Mo Farah zu werden, ist wie eine Goldmedaille zu gewinnen. Er ist ein außergewöhnlicher Athlet und niemand hätte ihn heute schlagen können.“
Genau zwei Jahre vor Beginn der Olympischen Spiele in London probten die britischen Leichtathletik-Fans offenbar schon einmal für 2012: „Es war wie ein Heimrennen für uns, überall sah ich nur unsere Flagge“, sagte Chris Thompson. Die Unterstützung für die Spanier hielt sich in der Tat in Grenzen. Und unmittelbar nach dem Ende des Rennens zogen die heimischen Fans von dannen.
Für Mo Farah ist die EM nach der Goldmedaille noch nicht beendet. Er wird am Donnerstag erneut antreten, wenn die 5.000-m-Vorläufe auf dem Programm stehen. „Jetzt freue ich mich auf die 5.000 m – ich muss mich schnell erholen, aber ich bin jetzt auf einem guten Weg“, sagte der erste Langstrecken-Sieger der EM, der vor vier Jahren bei den kontinentalen Titelkämpfen in Göteborg über 5.000 m Zweiter war.
„Mit dem neunten Platz bin ich sehr zufrieden. Ich bin in den Top 10, wobei gemessen an meiner Meldezeit auch die Top 20 okay gewesen wären“, sagte Christian Glatting, der in der Schlussphase des Rennens noch etliche Plätze gut machte und unter anderen Titelverteidiger Jan Fitschen überholte. Nach jahrelangen Verletzungsproblemen war es für ihn ein Erfolg, überhaupt wieder bei einer großen Meisterschaft dabei zu. „Während des Rennens dachte ich, ich werde 51. – ich habe mich schlecht gefühlt. Am Ende lief es dann aber wieder besser“, sagte Jan Fitschen.
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