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04
10
2013

„Wir waren oft Trendsetter in Europa, mit manchen Dingen sogar weltweit“, sagt Horst Milde, ohne zu vergessen, dass er genügend „Verrückte“ als Mitarbeiter für seine Ideen hat begeistern können. Und dazu eine ganze Stadt. ©Hans Ulrich

Mister Marathon – 40. Berlin-Marathon: Wie Horst Milde eine Stadt zum Laufen brachte – Hans Ulrich in SPORT IN BERLIN

By GRR 0

„Gerannt wird immer". Sagt Horst Milde, um hinzuzufügen, dass das von Jahr zu Jahr sogar zunimmt. Damit  meint er speziell auch den Berlin-Marathon, der sein Kind ist. „Anfangs konnte ich jeden Teilnehmer per Handschlag begrüßen. Wenn nun am letzten September-Sonntag zum 40. Mal der Startschuss fällt, dann werden es 40.000 Läufer und Läuferinnen sein".

In diesen Worten schwingen Freude und Stolz mit.

Noch heute muss er schmunzeln, wenn er, inzwischen im Ruhestand und auf seinem Balkon sitzend, an den doch schwierigen Beginn denkt, wo ihm viele Steine in den Weg gelegt wurden. Das betraf nicht so sehr den ersten Marathon, als am 13. Oktober 1974 234 Männer und zehn Frauen durch den Grunewald trabten. Dort, wo genau zehn Jahre zuvor der Cross, sozusagen die Mutter aller Volksläufe in Berlin, aus der Taufe gehoben wurde.

Nein, so richtig problematisch wurde es, als der Wunsch aufkam, dieses Rennen über die 42,195 km lange Distanz doch mitten durch die City führen zu lassen.

„Von der Polizei gab es damals eine klare Ablehnung mit der Begründung, dass die Straßen für die Autos da seien. Und ob ich denn verrückt geworden sei, so etwas veranstalten zu wollen", erinnert sich Milde. Zum Glück aber wollten im Mai 1981 die Franzosen, damals eine der drei Schutzmächte in Westteil der Stadt, den Lauf „25 km de Berlin" veranstalten, sozusagen als Verbundenheit zur Bevölkerung – was ohne jegliche Beanstandung genehmigt wurde.

„Wenn die das dürfen, dann muss man uns doch das gleiche Recht einräumen", so seine Intention.

Das nächste Problem ließ aber nicht lange auf sich warten. Es ging um den Streckenverlauf, der am Checkpoint Charly in der Kochstraße vorbeiführen sollte. Zu gefährlich, zu kompliziert, weil der Übergang jeder Zeit für die Diplomaten-Fahrzeuge frei gehalten werden müsse, hieß es von oberster Stelle.

Dank der Hilfe guter Bekannter, unter anderem des Reichstags-Verwalters Dr. Hans-Jügen Heß, wurde Milde ein Gespräch mit dem Chef der US-Mission, John Kornblum, ermöglicht. Bei einem freundschaftlichen Abendessen in dessen Villa konnten jedoch in gutem Einvernehmen alle Hindernisse beseitigt werden.

Der Berliner Stadtmarathon war geboren. Nach dem Fall der Mauer ging es sehr bald durch die gesamte Stadt. Längst sind Rollstuhlfahrer, Handbiker, Power Walker und Inlineskater dazugekommen.

Es gibt sogar einen Mini-Marathon für Schüler.

30 Jahre lang hielt Milde federführend die Fäden in der Hand, teils als Geschäftsführer der SCC-Running Events GmbH, wobei ihm anfangs nur eine kleine Schar von Helfern zur Verfügung stand. Heute sind bis zu 6000.

Sein Sohn Mark ist inzwischen Race-Direktor.

Wer ist dieser Mister Marathon? Ein Urberliner, inzwischen 73 Jahre, verheiratet, Vater dreier erwachsener Kinder, gelernter Bäcker und Konditor im elterlichen Geschäft am Tempelhofer Damm, Diplomkaufmann.

Sportlich gesehen Leichtathlet, Mittelstreckler, Deutscher Meister mit der 3 x 1000-m-Staffel des SCC, vor allem jedoch Initiator und unermüdlicher Organisator vieler Laufveranstaltungen.

Noch heute ist er ein gefragter Mann in der Szene, bekommt viele Einladungen, so nach Reykjavik oder Jerusalem, wo er den Startschuss bei den Marathonläufen abgeben soll. Oder nach Athen, um das AIMS Symposiumzu leiten und die Siegehrung beim Athens Classic Marathon zu begleiten.

Zudem ist er Mitglied im Vorstand der Association of International Marathons and Road Races (AIMS), Mitbegründer des gleichnamigen Museums in Berlin sowie Sprecher der Interessengemeinschaft deutscher Straßenlauf-Veranstalter German Road Races e.V. (GRR).

 

Hans Ulrich in SPORT IN BERLIN, September 2013

author: GRR

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