Miriam Dattke und Simon Boch stehen aus deutscher Sicht im Mittelpunkt beim Mainova Frankfurt-Marathon. - Foto: Sailer / photorun.net
Miriam Dattke und Simon Boch vor dem Frankfurt-Marathon: Olympia-Norm oder Parkbank?
Simon Boch und Miriam Dattke wollen beim Mainova Frankfurt-Marathon am Sonntag die Olympia-Normen unterbieten und sich mit einer möglichst schnellen Zeit in eine gute Position bringen im Kampf um die Startplätze.
Maximal drei Läufer können pro Nation bei den Spielen im Sommer 2024 in Paris starten. Bei den Männern haben bisher zwei deutsche Athleten die Norm von 2:08:10 Stunden unterboten: Amanal Petros (SCC Berlin/2:04:58) und Richard Ringer (LC Rehlingen/2:08:08). Bei den Frauen sind es bereits drei Athletinnen, so dass das reine Unterbieten der internationalen Norm von 2:26:50 nicht ausreichen wird.
Domenika Mayer (LG Telis Finanz Regensburg) steigerte sich in Berlin auf 2:23:47, Fabienne Königstein (MTG Mannheim) lief in Hamburg 2:25:48 und Deborah Schöneborn (SCC Berlin) erreichte in Sevilla 2:25:52. Simon Boch und Miriam Dattke, die beide für die LG Telis Finanz Regensburg starten, wollten ursprünglich beim Berlin-Marathon vor einem Monat an den Start gehen. Doch beide fielen aufgrund eines Infektes aus, so dass sie nun in Frankfurt laufen.
Miriam Dattke wird in Frankfurt ihr erstes Rennen über die klassische Distanz laufen seit sie in München bei den Europameisterschaften im Sommer 2022 als Vierte überraschte. Sie war bei diesen Titelkämpfen die beste deutsche Läuferin und die einzige, die in den Kampf um die Medaillen eingreifen konnte. Haarscharf verpasste Miriam Dattke zeitgleich mit der Drittplatzierten die Bronzemedaille.
„Ich bin dankbar, dass ich jetzt die Chance bekam, in Frankfurt zu starten nachdem ich in Berlin nicht laufen konnte“, sagte die aus Berlin stammende Regensburgerin, die die deutschen Marathonläuferinnen bei der EM 2022 zum Team-Titel geführt hatte. „Der Plan ist, am Sonntag die erste Hälfte in 72:00 Minuten zu laufen. Aber wir sind da relativ flexibel bezüglich des Tempos. Ich spreche das mit meinem Trainer Kurt Ring kurzfristig noch einmal ab.“ Mit einer solchen Zwischenzeit wäre die deutsche Jahresbestzeit von Domenika Mayer in Reichweite. Auf den Unterdistanzen ist Miriam Dattke deutlich schneller als ihre Vereinskameradin.
Und noch im Juli hatte sie einen 10-km-Lauf in Berlin in 31:53 Minuten mit zehn Sekunden Vorsprung vor Domenika Mayer gewonnen. Das spricht theoretisch dafür, dass Miriam Dattke auch über die 42,195 km schneller sein müsste. „Ich weiß aber wie krass Domenika läuft. Ihre Berliner Zeit ist für mich einerseits ermutigend, andererseits ist das keine Garantie, dass ich das auch schaffe.“
Für Miriam Dattke, die früher Basketball spielte, dann Pferde- und Fechtsport betrieb bevor sie über ein Schul-Crossrennen in Berlin den Weg zur Leichtathletik fand, ist es bereits das zweite Mal, dass der Olympia-Marathon ein großes Ziel ist. Nachdem sie sich im November 2020 während des Corona-Lockdowns bei einem reinen Eliterennen in Dresden über die Halbmarathon-Distanz auf 69:43 Minuten verbessert hatte, wollte sie im Frühjahr 2021 ihr Marathon-Debüt in Dresden laufen. Die Olympia-Qualifikation war auf Anhieb das Ziel. Mit einer starken 10-km-Bestzeit von 31:38 Anfang März in Berlin schien sie auf einem sehr guten Weg. Doch eine Muskelverletzung stoppte sie kurzfristig, so dass sie den Marathon in Dresden nicht laufen konnte. Damit war auch die Olympia-Chance dahin. Schließlich startete sie in Valencia im Dezember 2021 ihr Marathon-Debüt, hatte aber wieder Pech: Magenprobleme zwangen sie zur Aufgabe nach rund 34 km. Im dritten Anlauf kam Miriam Dattke dann in Ziel: In Sevilla lief sie im Februar 2022 eine Zeit von 2:26:50. Danach folgte das überzeugende Rennen bei den Europameisterschaften in München.
„Ich fühle mich noch nicht richtig als Marathonläuferin, schließlich habe ich erst zwei Rennen abgeschlossen. Es ist noch ein langer Weg und ich lerne bei jedem Marathon dazu – aber ich habe ja auch noch Zeit“, sagt Miriam Dattke, die parallel zum Laufsport International Management studiert. „Falls es am Sonntag nicht läuft, wäre ein Winter-Marathon auch noch eine Option.“
Simon Boch ist ein Läufer, dem man im Kampf um die maximal drei deutschen Marathon-Startplätze bei den Olympischen Spielen in Paris 2024 durchaus eine Überraschung zutrauen kann. Beim Mainova Frankfurt-Marathon will er die Norm von 2:08:10 Stunden unterbieten. Der 29-Jährige geht am Sonntag aufs Ganze: „Ich sehe für mich nur zwei Varianten. Entweder komme ich mit einer hohen 2:07 ins Ziel, oder ich setze mich irgendwo bei Kilometer 35 auf eine Parkbank“, sagt er. „Meine Form gibt es her. Ich werde so lange am Tempo draufbleiben, wie es geht.“
Ursprünglicher Plan für Boch war ein Marathonstart in Berlin. Nach zwei Höhentrainings in den Pyrenäen bei Font Romeu sowie in Kenia war er in sehr guter Verfassung. Ein Infekt bremste ihn aber fast zwei Wochen lang. Somit kam Frankfurt ins Spiel.
33 Kilometer der Marathonstrecke am Main kennt er bereits, denn 2019 war er hier für Dominik Notz als Pacemaker im Rennen. „An diesen Lauf habe ich gute Erinnerungen. Ich fühle mich jetzt sehr wohl damit, den Kurs in wesentlichen Teilen schon zu kennen.“
Bochs erster eigener Marathon folgte während der Corona-Pandemie im März 2021 in Dresden. Bei eiskaltem und windigem Wetter rannte er rund 30 Kilometer lang alleine an der Spitze, nachdem sein Tempomacher frühzeitig aufgegeben hatte. In 2:10:48 Stunden gewann er das Rennen und hatte damit fast zwei Minuten Vorsprung. Einen olympischen Startplatz bei den Spielen 2021 in Japan verpasste er am Ende nur knapp.
Nachdem er in Hannover als Tempomacher für die Frauen im Frühjahr 2022 bis ins Ziel gelaufen war, gehörte er bei den Europameisterschaften in München zum deutschen Männer-Team, das in der Europa-Cup-Wertung die Silbermedaille gewann. In der Einzel-Wertung kam er damals auf Rang 50 bei sehr warmem Wetter.
In diesem Frühjahr gewann Simon Boch auch seinen zweiten ernsthaften City-Marathon: Er siegte in Linz und blieb mit 2:09:25 erstmals unter 2:10 Stunden. „Bei diesem Rennen hätte ich schon die Form für 2:08 gehabt, aber ich habe zwischendurch Schwierigkeiten bekommen.“ Während jetzt die Olympianorm für ihn im Fokus steht, sieht er darin nicht sein Limit: „Eine 2:06 traue ich mir irgendwann zu.“
Im Halbmarathon hatte er sich im Februar in Barcelona auf 61:23 Minuten verbessert. Zudem holte der Sportsoldat bei den Deutschen Meisterschaften in Freiburg im März in 61:54 Minuten den zweiten Platz.
Simon Boch stammt aus St. Georgen im Schwarzwald. 2014 wechselte er zur LG Telis Finanz Regensburg in die Trainingsgruppe von Kurt Ring. In einem Sportgeschäft machte er dort eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann.
Seine bisherigen Marathonerfahrungen waren in einem Punkt ungewöhnlich: „Der harte Bereich war für mich immer zwischen Kilometer 20 und 30 – nicht ab Kilometer 35 wie bei vielen anderen Läufern.“ Er drosselte sein Tempo in diesen Abschnitten etwas. „Somit hatte ich Energie fürs Finish und bin gut durchgelaufen.“
A. Maier / J. Wenig / Race News Service