German Road Races verurteilt die Vorgehensweise des Deutschen Leichtathletik-Verbandes bei der Vergabe von Deutschen Meisterschaften
Milde: „DLV verschachert die Deutschen Meisterschaften!“ – Was das GRR-Sprechergremium derzeit auf die Barrikaden zwingt, das ist das Verfahren, wie Deutsche Meisterschaften im Laufbereich vergeben werden
„Wir sind zu einer kooperativen Zusammenarbeit mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband bereit“, drückt Horst Milde als Sprecher von German Road Races (GRR) die Orientierung der von derzeit 46 Mitgliedern gebildeten Interessengemeinschaft der großen deutschen Laufveranstalter aus. „Was hier aber vor und hinter den Kulissen unter Umgehung der maßgeblichen Fachgremien passiert, das verurteilen wir auf das Schärfste.
Um es auf einen Nenner zu bringen: Der DLV beugt sich dem Druck seiner Wirtschaftspartner und verschachert seine Deutschen Meisterschaften!“
Auf der Suche nach einem neuen Ausrichter
Was das GRR-Sprechergremium derzeit auf die Barrikaden zwingt, das ist das Verfahren, wie Deutsche Meisterschaften im Laufbereich vergeben werden. „Wir waren anfangs sicherlich dagegen, eine Marathonmeisterschaft für drei Jahre an einen Veranstaltungsort zu vergeben, haben dies aber im Sinne unseres Mitglieds akzeptiert“, erläutert Milde die Stimmung innerhalb von German Road Races, als der DLV die Titelkämpfe für die Jahre 2006 bis 2008 an den München-Marathon vergab, die bislang praktizierte Rotation quer durch alle Landesverbände verließ und dabei den für die Vergabe von Meisterschaften zuständigen DLV-Verbandsrat vor vollendete Tatsachen stellte.
Doch längst ist bekannt, dass der Leichtathletik-Fachverband trotz einer durchweg positiv beurteilten Meisterschaftsausrichtung von seinem Beschluss abgekommen und primär durch die Deutsche Leichtathletik-Promotion- und Projektgesellschaft mbH (DLP) auf der Suche nach einem neuen Ausrichter gegangen war. Mannheim, Münster und Mainz wurden dabei explizit angefragt. Inzwischen deutet vieles darauf hin, dass die Deutschen Meisterschaften 2007 im Rahmen des Gutenberg-Marathon am 6. Mai ausgetragen werden.
Vertrag
„Es gab einen Vertrag mit dem DLV, der an eine Vereinbarung mit DLP gekoppelt war“, schrieb Gernot Weigl, der Geschäftsführer von runabout, dem Veranstalter des GRR-Mitglieds München-Marathon, nun in einem Beitrag für Runner’s World in diesen Tagen. „Diese Vereinbarung hatte eine Laufzeit von nur einem Jahr. In diesem Vertrag waren die Leistungen des DLV, der DLP bzw. des Wirtschaftspartners Nike und unserer Agentur definiert. Nun wollten die DLP und Nike ihre Leistungen für die kommenden zwei Jahre um die Hälfte reduzieren. Unsere Leistungen sollten jedoch unverändert zu 100 % erbracht werden!“
Zwar kann GRR nicht in die Verbandspolitik eingreifen, aber im Sprechergremium ist man erbost darüber, dass selbst der neu gegründete und mit weiterreichenden Kompetenzen ausgerüstete Bundesfachausschuss Laufen, dem mit Horst Milde (Berlin) und Wilfried Raatz (Darmstadt) gleich zwei GRR-Sprecher angehören, von dieser Vorgehensweise überrumpelt wurden. Die beiden Veranstaltungs-Vertreter sind jedoch mit unterschiedlicher Aufgabenstellung im Bundesfachausschuss Laufen: Während Milde explizit als Vertreter von German Road Races in diesem achtköpfigen Gremium sitzt, ist Raatz als Fachberater für Cross und Straße vom DLV berufen worden.
„Es geht natürlich nicht primär um München oder einen anderen Austragungsort, zumal alle angefragten Veranstalter zugleich auch GRR-Mitglieder sind“, versichert Horst Milde, „es geht uns vorrangig darum, dass hier mit Athleten und Trainern in einer unanständigen Weise umgesprungen wird! Wie können wir von unseren besten Athleten Leistungen erwarten, wenn man hier zu kurzfristiger Umplanung in der Trainings- und Wettkampfgestaltung zwingt. Viele unserer guten Athleten haben bereits ihre Frühjahrsplanung abgeschlossen.
Wir müssen uns ein Beispiel nehmen an anderen Verbänden, wo gerade im Hinblick auf die Weltmeisterschaften Berlin 2009 die Terminplanung bereits steht. Bei uns ist das alles Stückwerk!“
Konzeptlosigkeit
In den Augen der GRR-Sprecher bezieht sich der Vorwurf der Konzeptlosigkeit nicht alleine auf die Marathonmeisterschaften, die als Art „Filetstück“ in attraktive Veranstaltungen integriert werden sollten, bei denen die besten Deutschen die Chance haben, sich mit einer guten Leistung für internationale Aufgaben zu bewähren. Sondern auch auf die Vergabe von zur Marathonstrecke hinführenden Titelkämpfen wie denen über 10 km (Straße) und der Halbmarathondistanz.
„Unsere Jahresplanung darf nicht daran ausgerichtet sein, welcher willfähriger Veranstalter zu einem x-beliebigen Termin eine Deutsche Meisterschaft ausrichten möchte, sondern wir müssen als Fachleute dem Verband eine mittel- und langfristig angelegte Planung vorschlagen, die sich primär nach sportlichen und nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten richtet. Das geht aber letztlich nur, wenn wir überhaupt zu diesem Thema gefragt und nicht stillschweigend übergangen werden!“
Darüber hinaus kritisiert German Road Races die Vergabe an Veranstalter, die sich nicht an den von GRR-Mitgliedern eingehaltenen Qualitätsstandards orientieren und auf Streckenparcours Meisterschaften ausrichten, die in der Laufszene keine Anerkennung genießen.
Fördermodell
Das Sprechergremium von German Road Races hatte bereits anlässlich der Jahrestagung in Düsseldorf Anfang Dezember dem Deutschen Leichtathletik-Verband Konzeptlosigkeit bei der Ausbildung und Lenkung talentierter Nachwuchsläufer vorgeworfen und arbeitet derzeit an einem Fördermodell, wie mittel- und langfristig das Ansehen des deutschen Langstreckenlaufes wieder gesteigert werden kann. „Wir dürfen uns nicht von den beiden Europameisterschafts-Goldmedaillen durch Jan Fitschen und Ulrike Maisch blenden lassen. Uns erwartet ein hartes Stück Arbeit, um international auf breiter Front wieder wettbewerbsfähig werden zu können.
Und dazu gehört auch eine vernünftige Saisonplanung für unsere Besten!“ umreißt Horst Milde die Vorstellungen der Veranstalter-Gemeinschaft.
Wilfried Raatz
GRR-Pressesprecher
Darmstadt, 29.12.2006