Maut bringt Läufer auf die Palme - Roland Gutsch in der Neubrandenburger Zeitung ©Tollenseseelauf
Maut bringt Läufer auf die Palme – Roland Gutsch in der Neubrandenburger Zeitung
NEUBRANDENBURG.„Wir zahlen nix, solange es in diesem Fall keinen Mehrheitsbeschluss gibt.“ Das Thema „Lauf-Maut“ bringt derzeit einen nicht unerheblichen Teil der deutschen Sportgemeinschaft auf die Palme.
Online-Petition "Stoppt die DLV-Laufmaut"
Und Jörg Knospe, den Vorsitzenden des SV Turbine Neubrandenburg, kein Stück weniger. Sein Verein gilt als eine der Läufer-Hochburgen in Mecklenburg-Vorpommern und wäre stark betroffen, wenn der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) das umstrittene Vorhaben tatsächlich durchdrückt.
Worum geht es konkret?
Der DLV hat eine „Gebührenanpassung“ beschlossen. Seine Begründung: Neben den vielen angemeldeten Wettbewerben existiert eine Reihe „wilder Veranstaltungen“, wie Firmenläufe, die oft Regelwerk und Ergebnisdienste des Verbandes gratis nutzen.
Nunmehr sollen alle einer Finisher-Euro-Pflicht unterliegen. Demnach müssten ab dem 1. Januar 2016 die Ausrichter von Läufen für jeden erwachsenen Athleten, der die Ziellinie überquert, einen Euro entrichten. Dass das ausgerechnet für diejenigen, die bislang brav ihre Abgaben leisteten, eine Erhöhung um einige 100 Prozent bedeutet, sorgt aktuell für
mächtig Unmut, vor allem bei kleinen Veranstaltern.
In der Lauf-Community hat sich schnell eine Anti-Szene zu dieser DLV-Maßnahme gebildet.
Jörg Knospe: „Wir müssen hart kalkulieren. Wäre die Lauf-Maut beispielsweise schon zu unserem 25. Tollenseseelauf im Juni amtlich gewesen, hätten wir rund 1000 Euro mehr als bisher zahlen müssen. Wo soll dieses Geld herkommen?“
Der DLV empfahl, besagte Kosten „als laufenden Posten weiterzugeben“. Gemeint ist schlicht: Den Läufern bewussten Euro aufs Startgeld aufzuschlagen. Der Kunde möge also zur Kasse gebeten werden. 60 Prozent der Einnahmen würden an den jeweiligen Landesverband und in die Nachwuchs-/Trainerförderung fließen, den Rest behalte der DLV, hieß es.
Vornehmlich die Organisatoren der familiären Rennen mit geringeren Teilnehmerzahlen, die aber enorm zur breiten Lauf-Bewegung beitragen, befürchten einen Rückgang der Starter-Resonanz mit Einführung des Finisher-Euro.
„Bisher zahlen wir hier 25 Cent pro Finisher, dagegen gab es von uns nie Widerstand. Die Abgabe nun ohne triftigen Grund zu vervierfachen, ist nicht hinnehmbar.
Das stößt den Läufern sauer auf“, ist der Turbine-Chef zugleich verärgert, dass „diese Sache von oben – ohne Diskussion in den Landesverbänden – durchgezogen werden sollte.
Aber damit beißt man an der Basis auf Granit“.
Maut für gemeinnützige Zwecke gedacht
Auf dem Verbandstag des Leichtathletik-Verbandes Mecklenburg-Vorpommern (LVMV) Ende März in Güstrow wurde laut Geschäftsführer Peter Wegner „das Thema von der Tagesordnung genommen, weil die Gebührenordnung des DLV noch nicht entsprechend
geändert worden ist“.
Er denke, dies geschehe am Rande der deutschen Leichtathletik-Meisterschaften am 25./26. Juli in Nürnberg. „Erst danach würde auch die Gebührenordnung in unserem Landesverband angepasst.“
Wegner geht davon aus, dass die Lauf-Maut kommt. „Es ist eine der wenigen Chancen für den LVMV, Geld zu generieren, das wir dann gemeinnützig – auch im Sinne des Laufsports – einsetzen könnten.“ Eine breite Anti-Front hat Peter Wegner im Übrigen nicht ausgemacht: „Zu unserem Verband gehören 6000 Mitglieder, Läufer sind davon weniger als 1000.“
Die Lauf-Maut sei Abzocke, sagen die Gegner und machen mobil. Jörg Knospe bezweifelt den Verwendungszweck: „Dass das Geld in die Nachwuchsförderung und die Trainerausbildung fließt, ist nicht klar ersichtlich.“
Rechtsanwalt Markus Grigat aus der Neubrandenburger Kanzlei Loeper & Partner stellte fest, dass es keine gesetzliche Grundlage gibt, bei Volks- und Straßenläufen Gebühren zu erheben. Derzeit läuft eine Online-Aktion „Stoppt die Laufmaut“, bei der 20 000 Unterschriften zusammenkommen sollen, um die rechtlichen Voraussetzungen für eine Petition zu schaffen.
Nicht locker lässt vor allem German Road Races, eine Interessengemeinschaft von großen Laufveranstaltern.
Der DLV-Vorsitzende Clemens Prokop sah sich gezwungen, zu einem „Runden Tisch“ nach Darmstadt zu laden und mit einigen „Euro-Gegnern“ zu diskutieren.
Was Turbine-Mann Knospe in diesem Zusammenhang zudem fuchst: „Die Ungleichbehandlung zur Bahnleichtathletik.“ Man zahle als Läufer seinen Beitrag an den Landesverband, als Veranstalter die Genehmigungsgebühr.
„Wie alle anderen. Aber dann wird es unfair. Um unsere Laufcup-Serie zu finanzieren, berappen wir schon 50 Euro pro Lauf und 5 Euro pro Teilnehmer – Veranstalter einer Bahnmeisterschaft müssen das nicht. Wir zahlen 0,25 Euro pro Finisher -– Veranstalter eines Bahnwettkampfes nicht. Und jetzt auch noch die Lauf-Maut!“
Hier werde das Solidaritätsprinzip missachtet, eine Zwei-KlassenGesellschaft hergestellt. Jörg Knospe schlägt vor: „Wenn der DLV mehr Geld einnehmen muss, sollte er den Jahresbeitrag von all seinen Mitgliedern erhöhen. Dann wäre die Belastung gleich verteilt.“
Kontakt zum Autor: r.gutsch@nordkurier.de
Roland Gutsch in der Neubrandenburger Zeitung, Montag, dem 6. Juli 2015
Hier die Online-Petition zum Unterstützen gegen die DLV-LAUFMAUT:
Online-Petition "Stoppt die DLV-Laufmaut"
German Road Races e.V. (GRR) auf facebook:
https://de-de.facebook.com/germanroadraces
German Road Races e.V. (GRR) auf twitter:
https://twitter.com/germanroadraces
Themengleich:
Zoff um Lauf-Maut: Verband wirft Funktionär raus – Oliver Kramer in Norddeutsche Neueste Nachrichten
DLV-Laufmaut beim Verbandstag des Berliner Leichtathletik-Verbandes: DURCHGEFALLEN!
DLV-„Laufmaut" kommt auf den Prüfstand – Wolfgang Temme in der Westfälischen Zeitung
Bericht zur "Lauf-Maut" in der ZDF Mediathek – Eindrücke vom METRO GROUP Marathon Düsseldorf
GRÜNINGS KLARTEXT: Jetzt kommt die Lauf-Maut – Martin Grüning in RUNNERS WORLD
HEUTE: Die DLV-Laufmaut im Deutschlandfunk – PRO & CONTRA
AktRechtliche Grundlagen für die Erhebung von Finisher-Gebühren durch den DLV bei Volks- und Straßenläufen – RA Markus Grigat – Eine gesetzliche Grundlage für die Erhebung der Finisher-Gebühr existiert nicht.
Der Aufkleber zum Protest gegen die 1-Euro-Maut
Starke Verärgerung in der deutschen Laufszene über die geplante DLV-Laufmaut ab 2016!
DLV bestätigt Beschluss zu Genehmigungsgebühren – Einführung der DLV-Laufmaut ab 1.1.2016
Kommentar zur neuen DLV Gebühr ab 2016: Hast Du mal einen Euro? Klaus Duwe von Marathon4you.de
German Road Races (GRR) e.V. präzisiert Vorstellungen zur geplanten DLV-Gebührenerhöhung
Weitere Beiträge zur DLV-Laufmaut in Zeitungen:
Leichtathletik-Verband Vereine sind verärgert über höhere Gebühr
Laufmaut erzeugt Protestaufschrei
DLV-Gebühr – Geplante „Lauf-Maut“ verärgert
Leichtathletik-Vereine protestieren gegen „Finisher-Euro“
Sportler zahlen bei den Läufen drauf – Der DLV bittet Wettkampf-Veranstalter zur Kasse.
Downloads
Hier die Online-Petition zum Unterstützen gegen die DLV-LAUFMAUT:
Online-Petition "Stoppt die DLV-Laufmaut"
German Road Races e.V. (GRR) auf facebook:
https://de-de.facebook.com/germanroadraces
German Road Races e.V. (GRR) auf twitter:
https://twitter.com/germanroadraces