Matthias Reick - „Damoklesschwert abgewendet“ ©DLV
Matthias Reick – „Damoklesschwert abgewendet“ – Jörg Erdmann
Der DLV-Verbandsrat befasste sich in seiner letzten Sitzung in Kassel erneut mit der Altersklassenregelung der Senioren-Wettkampfleichtathletik ab 2012. In einem Interview nimmt der für den Seniorensport zuständige DLV-Vizepräsident Dr. Matthias Reick Stellung zu dem Beschluss und erläutert den Werdegang.
Herr Dr. Reick, der DLV-Verbandsrat beriet in Kassel erneut über den vom Bundesausschuss Senioren und Ihnen gestellten Antrag zur Altersklassenregelung der Seniorinnen und Senioren. Dabei kam es zu dem Beschluss, die Altersklasse der Senioren auf Landesebene mit der M/W 30 beginnen zu lassen, bei den Deutschen Senioren-Meisterschaften aber die internationale Regelung M/W 35 anzuwenden. Folgte der Verbandsrat damit Ihrem Antrag?
Dr. Matthias Reick:
Der DLV-Verbandsrat hatte bei den Hallenmeisterschaften in Leipzig den Beschluss gefasst, den Seniorensport ab dem Jahr 2012 mit der Altersklasse M/W 40 beginnen zu lassen. Diese Entscheidung berücksichtigte nur unzureichend die demografische Entwicklung im Seniorensport und es bestand die große Gefahr, die jüngeren Jahrgänge zu verlieren und dann sukzessive in den Folgejahrzehnten auch bei den älteren Altersklassen Aktive zu verlieren. Aufgrund dieses weitreichenden Einschnittes in den Seniorensport hatte ich bereits in Leipzig angekündigt, innerhalb meiner satzungsgebundenen Möglichkeiten den Antrag des Bundesausschuss auf breiter Basis zu diskutieren und erneut auf die Tagesordnung des Verbandsrates setzen zu lassen.
Zusammen mit dem Bundesausschuss Senioren habe ich zur Verbandratssitzung in Kassel den Antrag gestellt, die Altersklassenregelung im Seniorensport beginnend mit M/W 30 in Fünf-Jahres-Schritten fortzuschreiben. Begründet wurde der Antrag damit, in Analogie zu den aufgegebenen Kleinen Deutschen Meisterschaften ein überregionales Wettkampfangebot für die zweite und dritte Reihe anzubieten. In vielen intensiven Vorgesprächen war aber bereits in den Wochen vor Kassel deutlich herauszuhören, auch aufgrund der dringlichen Empfehlung der EVAA (Anm. European Veteran Athletics Association), zuletzt in Sacramento, sich an die internationale Regelung mit der Altersklassenregelung M/W 35 anzugleichen, dass es für diesen Antrag keine Mehrheit geben würde.
Um dem demografischen Damoklesschwert wenigstens auf Landesebene begegnen zu können und die notwendige Senioren-Nachwuchsförderung sicherzustellen, habe ich den Antrag des Bundesausschuss Senioren dann kurzfristig zurückgezogen, um den modifizierten, konsensfähigen Antrag aus Sachsen und Westfalen in der jetzt abgestimmten Form zur Abstimmung zu bringen.
Sind Sie mit dem erzielten Ergebnis zufrieden?
Dr. Matthias Reick:
Zunächst überwog die Enttäuschung, dass der ursprüngliche von uns eingereichte und als essentiell erachtete Antrag keine mehrheitliche Zustimmung finden würde. Andererseits bin ich nach der Abstimmung erleichtert, dass wir es geschafft haben, die Bedeutung der Altersklassenregelung M/W 30 für den Seniorensport deutlich zu machen und bin meinen Kollegen dankbar, dass sie diesen Kompromiss in der Abstimmung so überzeugend und ohne Gegenstimme mitgegangen sind. Er eröffnet insbesondere den Vereinen viele Möglichkeiten, den Seniorensport auf regionaler Ebene weiterhin kreativ zu gestalten.
Hat diese Entscheidung weitere Auswirkungen?
Dr. Matthias Reick:
Das regionale und vereinsgebundene Wettkampfprogramm vom kleinen Vereinssportfest und Straßenlauf bis zu den Nord-, Süd- und Westdeutschen Meisterschaften kann weiterhin ab der Altersklasse 30 ausgeschrieben werden und ist bestenlistenfähig. Nur die Deutschen Seniorenmeisterschaften werden ab 2012, als Altersklasse I/II in einer Veranstaltung ausgerichtet, an die internationale Regelung M/W 35 angeglichen. Der Übergang von einer Altersklasse zur nächsten vollzieht sich in Deutschland aber unverändert seit 1972 mit Beginn des Kalenderjahres, in dem das Lebensjahr vollendet wird, nicht mit dem Geburtstag. Somit bleibt in dem Bereich alles beim Alten, niemand muss sich umgewöhnen, und die bisher geführten Statistiken müssen nicht überarbeitet werden.
Die Senioren-DM I und II wird zusammengefasst. Das klingt nach einer Herausforderung für die Organisation. Worauf müssen sich die künftigen Ausrichter einrichten?
Dr. Matthias Reick:
Unsere für die Wettkampfleitung und den Zeitplanerstellung zuständige Kollegin Heidi Pratsch hatte bereits im Vorfeld der Diskussionen einen vorläufigen Zeitplanentwurf für alle Altersklassen erstellt, der eine Drei-Tages-Veranstaltung unter bestimmten Rahmenbedingungen vorsieht: unter anderem Beginn der Veranstaltung freitags um 9 Uhr mit den älteren Altersklassen, alle Langwürfe müssen parallel durchführbar sein (Anforderung an die Wettkampfanlage), ab Langsprint wird es keine Vorläufe mehr, sondern nur noch Zeitläufe in allen Klassen geben, gegebenfalls Straffung des Zeitplanes über die Anpassung der Qualifikationsnormen und Zusammenfassen von Altersklassen, Auslagerung der Langstaffeln – ab 4×400 Metern evtl. in eine eigene Staffelmeisterschaft – sowie wie bereits geschehen Auslagerung der 10.000 Meter in eine eigene DM aller Altersklassen.
Jörg Erdmann