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04
01
2010

Er hat mir jahrzehntelang geholfen, jetzt helfe ich ihm natürlich wo ich kann und arbeite dabei lieber hinter den Kulissen – es ist also umgekehrt als früher.

„Mark war schnell auf den Beinen und immer ehrgeizig“ – Horst Milde über seinen Sohn, der beim real,- BERLIN-MARATHON sein Nachfolger wurde und sagt: „Mein Berufsziel war früher ein Management-Job“ – Jörg Wenig berichtet

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Mark Milde ist seit März in der Position des Race-Directors Nachfolger seines Vaters Horst (65). Zum ersten Mal war der 31-Jährige damit auch verantwortlich für den spektakulärsten deutschen Straßenlauf, den real,- BERLIN-MARATHON.

 

Was ist anders beim real,- BERLIN-MARATHON im Vergleich zu den anderen großen internationalen Marathonrennen?

Horst Milde: Wir haben eine Doppel-Veranstaltung mit Läufern und Skatern, Start- und Zielgebiet liegen zuschauerfreundlich dicht beieinander…

Mark Milde: Wir sind immer noch eher eine Low-Budget-Veranstaltung – trotzdem hatten wir in den letzten sechs Jahren vier Weltrekorde. Jedes Rennen hat natürlich sein eigenes Flair…

Aber auf eine andere Antwort sind Sie beide nicht gekommen – es gibt keinen anderen großen internationalen Marathon, bei dem der Sohn den Vater als Race-Director abgelöst hat.

Wie war das: War einst erst die Marathon-Idee da oder Ihr jüngerer Sohn Mark?

Horst Milde: Also das lief damals praktisch parallel. Mark wurde am 1. Juli 1973 geboren. Zur gleichen Zeit entstand die Idee, den ersten BERLIN-MARATHON zu organisieren.

Konnte Mark denn laufen, als der erste BERLIN-MARATHON am 13. Oktober 1974 gestartet wurde?

Horst Milde: Mark war ziemlich schnell auf den Beinen. Er lief bereits mit knapp einem Jahr.

War Laufen Pflicht in der Familie?

Horst Milde: Nein, wir haben unsere Kinder nie zum Laufen gezwungen. Genau genommen haben sie zunächst Schwimmen gelernt, bevor sie mit der Leichtathletik begannen. Mark lief dann aber schon als Sechsjähriger beim Crossrennen am Teufelsberg. Im Urlaub hat er gegen seinen zwei Jahre älteren Bruder Wettrennen mit Hindernissen gemacht. Er war zwar nicht so schnell wie Karsten aber immer sehr ehrgeizig.

Eine engere Verbindung zum BERLIN-MARATHON entstand schon in der Kindheit.

Mark Milde: Ja, natürlich. Das ging los mit Briefmarken kleben sowie dem Eintüten von Ausschreibungen und setzte sich fort bei der Startnummernausgabe auf der Marathonmesse. Ich war schon 1981 dabei, als der BERLIN-MARATHON erstmals durch die City führte. Danach habe ich am Verpflegungsstand geholfen, und so entstand der Wunsch, selbst einmal mit rennen zu können. 1987 war es so weit – offiziell war ich noch viel zu jung. Doch es fand sich keiner, der den ältesten Läufer begleiten wollte. Also habe ich das gemacht.

Nach sieben Kilometern waren wir Letzte im Feld und er sagte: ,Ich muss Gott danken, dass ich so weit gekommen bin.’ Da waren wir an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche – er ging hinein und beendete den Lauf. Dann habe ich angefangen, das Feld von hinten aufzurollen, habe mich aber im Tempo übernommen. Nach 21 Kilometern war dann auch für mich Schluss. (Inzwischen hat Mark Milde eine beachtliche Marathon-Bestzeit von 2:50:36 Stunden, d. Red.)

Wann haben Sie denn gedacht, dass Mark Ihr Nachfolger werden könnte?

Horst Milde: Das hat sich entwickelt in den letzten Jahren. Er war ja schon seit 1998/1999 für die Verpflichtung der Topläufer zuständig – und wir hatten seitdem im Zwei-Jahres-Rhythmus einen Weltrekord. Zuvor war es Mark, der die Inline-Skater 1997 integrierte. Da hat er mich so lange mit genervt, bis ich es schließlich in einer Organisations-Sitzung angesprochen habe. Keiner hatte was dagegen, und seitdem gehören die Skater dazu.

Was war eigentlich das Berufsziel? An einen Posten als Race-Director war ja vor 15 Jahren noch nicht zu denken?

Mark Milde: Das stimmt. Das hat sich erst durch die starke Entwicklung des Laufsports ergeben, dass dies möglich wurde. Mein Ziel war früher ein Management-Job in der Wirtschaft. Ich habe daher zunächst eine Ausbildung als Bankkaufmann abgeschlossen und danach noch BWL studiert. Noch bis Mai habe ich bei Schering im Personal Controlling gearbeitet.

Gab es bei der Organisation in den letzten Monaten Situationen, wo Sie dachten, oh Gott, was macht er denn jetzt?

Horst Milde: Nein, denn ich bin selbst immer innovativ gewesen. Man muss etwas riskieren, auch wenn man vorher nicht so genau weiß, wie es laufen wird. Wenn wir nichts gewagt hätten, wären wir nicht 1981 mit dem Marathon in die City gegangen, es hätte 1990 keinen Lauf durch das Brandenburger Tor gegeben und heute kein Ziel an dieser Stelle. Wir waren oft Trendsetter in Europa, mit manchen Dingen sogar weltweit.

Man muss natürlich auch das Glück haben, die richtigen Leute beisammen zu haben. Ein solches Organisationsteam braucht außerordentliche Mitarbeiter. Der BERLIN-MARATHON war ein Familienunternehmen. Vieles lief über Freunde und Freunde der Freunde oder der Kinder.

Sie haben kein leichtes Erbe angetreten, zumal Ihr Vater wahrscheinlich auch jeden Fehler schon in der Entstehung bemerkt.

Mark Milde: Das stimmt. Aber wenn er etwas bemerkt, dann sagt er es uns rechtzeitig. Die Zusammenarbeit war ja schon immer sehr eng zwischen uns. Und insgesamt hat sich gar nicht so viel verändert, denn das Team der Mitarbeiter ist praktisch dasselbe. Dieser fließende Übergang und die Kontinuität sind für alle sehr wichtig.

Haben Sie Ihrem Vater empfohlen, kürzer zu treten?

Mark Milde: Nein, ich nicht. Das kam eher von meiner Mutter.

Horst Milde: Aber mein Abschied als Race-Director zu diesem Zeitpunkt war familienintern schon längere Zeit beschlossen. Es war eigentlich sogar eher umgekehrt. Denn ich habe eher Mark gestoppt in der Zeit, als er parallel auch noch bei Schering gearbeitet hatte.

Er hat mir jahrzehntelang geholfen, jetzt helfe ich ihm natürlich wo ich kann und arbeite dabei lieber hinter den Kulissen – es ist also umgekehrt als früher. Diese Konstellation ist sehr wichtig, gerade für die vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter.

Was raten Sie Ihrem Sohn?

 

Horst Milde: Mit gutem Beispiel vorangehen und cool bleiben.

 

Jörg Wenig

author: GRR

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