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21
01
2022

Symbolbild - Hannes Kroess

Marcel Hirscher und das Millionengeschäft von Kitzbühel – Von KLAUS BLUME

By GRR 0

Er gewann achtmal in Folge den Gesamt-Weltcup – öfter als jeder andere alpine Skirennläufer: Marcel Hirscher aus Salzburg. Als ich den erfolgreichsten Slalomspezialisten aller Zeiten einst ausführlich im Deutschlandfunk befragte, wie es denn mit einem Ausflug auf eine der superschnellen Abfahrtspisten ausschaue, antwortete er: „Nie und nimmer werde ich so etwas Verrücktes tun. Da können sie mich beim Wort nehmen.“

Heute, drei Jahre nach seinem Rücktritt vom aktiven Sport, tut er es sich diesen Wortbruch aber doch an! Ausgerechnet auf der schnellsten, steilsten und gefährlichsten Piste der Welt, auf der legendären Streif in Kitzbühel, wird sich der 32-Jährige am heutigen Freitag – als Vorläufer – in die Tiefe stürzen.

Aber warum? Es ist nicht der sportliche Ehrgeiz, der Hirscher urplötzlich erfasst hat. Es ist geschäftliches Kalkül. Der Jungunternehmer wird – vor rund 30 Millionen TV-Zuschauern in aller Welt, und das ist garantiert – auf Brettern seiner selbst gegründeten Skimarke „Van Deer“ urplötzlich von 0 auf 100 beschleunigen. Also in weniger als vier Sekunden! Denn großer Sport und großes Geschäft – das gehörte in Kitzbühel schon immer zusammen. Und Hirscher weiß um diesen Effekt.

Am Mittwoch hat er deshalb schon mal dort trainiert und damit auch die Spekulationen angeheizt: Ist er nun schneller, als die hartgesottenen Abfahrts-Profis aus Österreich, Italien und der Schweiz? Er, der Ski-Pensionär? Der Nicht-Abfahrer? Und Hirscher hat immer nur brav geantwortet: „Darf nicht sprechen, habe Sprechverbot.“ Ja, wer hat ihm denn den Mund verboten? Sein österreichischer Geschäftspartner Red Bull. So heißt es. Aber das gibt Hirscher natürlich nicht zu. Und Red Bull erst recht nicht.

Doch wie auch immer: Am heutigen Freitag, punkt 11 Uhr, gibt es für Hirscher kein Zurück mehr. Dann wird er mit 150 Sachen ins Tal rasen, bei den Sprüngen 80 Meter weit fliegen und dabei nachempfinden können, was vor ihm der amerikanische Rennläufer Bode Miller über die spektakulärste Abfahrtspiste der Welt gesagt hat: „Es fühlt sich an wie in einem Starfighter, nur eben ohne Starfighter.“

Ein Mythos eben.

Aber zugleich auch ein Mythos, bei dem die Kassen klingeln, wie kaum bei einer anderen Sportveranstaltung. Kitzbühel, das hat schließlich längst Dimensionen erreicht, wie der NFL Super Bowl; vergleichbar ist dieses Skirennen allenfalls noch mit Olympia oder irgendeiner populären Weltmeisterschaft. Im Fußball, zum Beispiel. Wer sich und seine Marke in „Kitz“ präsentiert, setzt auf das ganz große internationale Geschäft. Setzt auf Millionen, sogar auf Abermillionen. So, wie jetzt Marcel Hirscher.

Natürlich sagt der einstige Slalomspezialist, es sei schon immer sein Traum gewesen, „ein Kindheitstraum“, die Streif hinunter zu rasen, so wie einst der österreichische National-Heilige Toni Sailer oder der Schweizer fünffach-Sieger Didier Cuche. Was freilich ein ausgemachter Schmarrn ist. Denn Marcel Hirscher ist kein Träumer, er ist ein knallhart kalkulierender Geschäftsmann.

Und der Geschäftsführer seiner Skimarke hat längst ausgerechnet, was der ganze Rummel bringen kann: Volle Auftragsbücher. Sonst hätten sie diesen Zirkus gar nicht erst inszeniert.

Klaus Blume
Uhlenhorster Weg 2
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