Marathon und mehr – Berlin, die Stadt der Leichtathletik – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

Jesse Owens und Usain Bolt spielen Hauptrollen, aber auch Marathon-Macher Horst Milde: Der Weltverband ehrt Berlin wegen seiner Verdienste für die Leichtathletik.

Berlin und sein Marathon werden von diesem Mittwoch an zum Welt-Sporterbe gehören. So ist die Verleihung der Heritage Plaque an den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner zu verstehen, die der Leichtathletikweltverband World Athletics im Roten Rathaus vornimmt.

Die Plakette werde verliehen „in Anerkennung des herausragenden Beitrags zur Entwicklung der internationalen Leichtathletik“, sagt laut einem vorab veröffentlichten Video Leichtathletikweltpräsident Sebastian Coe. Er ehre damit mehr als 130 Jahre Leichtathletik- und Laufveranstaltungen in Berlin – und übergeht dabei nonchalant den Anspruch der Stadt, als Ort der Gründung des Weltverbandes 1913 anerkannt zu werden.

Coe weist immerhin darauf hin, dass Berlin eine von nur neun Städten ist, in denen sowohl Olympische Sommerspiele als auch Leichtathletikweltmeisterschaften stattfanden. Die Hauptrollen spielten dabei die Sprintstars Jesse Owens und Usain Bolt, der eine mit dem Gewinn von vier Goldmedaillen 1936, der andere als dreifacher Weltmeister von 2009; Bolts Weltrekorde über 100 und 200 Meter von 9,58 und 19,19 Sekunden bestehen bis heute.

Video World Athletics President Sebastian Coe

Im Epizentrum der Sportgeschichte der Stadt aber stehe der Berlin-Marathon, sagt Coe und lobt den seit vergangener Woche 85 Jahre alten Horst Milde, den Gründer des Laufs und Renndirektor der ersten drei Jahrzehnte. Die Wirkung der Veranstaltung, die 1974 erstmals im Grunewald entlang der Avus ausgetragen wurde und die im kommenden Jahr zum fünfzigsten Mal stattfinden wird, ist kaum zu überschätzen. Milde machte sie zum jährlichen Höhepunkt einer Reihe von Berliner Volks- oder Jedermann-Läufen, zu denen seinerzeit erstmals Teilnehmer ohne Vereinsmitgliedschaft zugelassen waren.

Daraus ist ein Fest des Sports geworden, dem stets am letzten Septemberwochenende die Straßen der Stadt gehören.

Mit 13 Weltrekorden in seiner Geschichte, mit etwa 50.000 Teilnehmern und einer Million Zuschauern, mit einem Umsatz von an die 20 Millionen Euro gehört der Marathon von Berlin wie die von London, New York, Tokio, Boston und Chicago zu den größten und bedeutendsten der Welt.

Milde und der Marathon haben die Sportwelt revolutioniert, den Spitzensport zum Publikum gebracht und den Begeistertsten die Möglichkeit gegeben, den Schnellsten der Welt im selben Rennen auf den Fersen zu bleiben – mehr oder weniger dicht.

 Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Montag, dem 30. Oktober 2023

Das YouTube-Video von Prof. Helmut Winter mit Horst Milde über die Historie des BERLIN-MARATHON (1974) und den Crosslauf am Teufelsberg (1964):

 

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