Eliud Kipchoge hat in Berlin seinen eigenen Weltrekord um eine halbe Minute verbessert. - Foto: www.photorun.net 2022 Berlin-Marathon Berlin, Deutschland 25. September 2022 - Foto: Victah Sailer@PhotoRun
Marathon-Jahresbilanz 2022 der Männer: Kipchoges Weltrekord, Ringers EM-Sensationslauf und eine Flut von Topzeiten
Die Flut der Weltklassezeiten im Männer-Marathon setzte sich 2022 fort. Eliud Kipchoge untermauerte dabei seine unangefochtene Position als bester Läufer aller Zeiten über die 42,195 km ein weiteres Mal eindrucksvoll.
In Berlin brach der Kenianer seinen eigenen Weltrekord und steigerte sich um eine halbe Minute auf 2:01:09 Stunden. Zudem erzielte er 2022 eine zweite superschnelle Zeit in Tokio: Sein Streckenrekord von 2:02:40 ist die sechstschnellste je erzielte Zeit. In den Top 10 in der Alltime-Liste findet sich nun gleich viermal der Name Eliud Kipchoge.
Doch der Ausnahmeathlet war 2022 nicht der einzige Läufer, der ein Ergebnis von unter 2:02 Stunden erreichte: Sein Landsmann Kelvin Kiptum überraschte in Valencia mit 2:01:53 und wurde damit gleich bei seinem Debüt über die klassische Distanz zum drittschnellsten Marathonläufer aller Zeiten. Natürlich war es auch das schnellste je gelaufene Debüt. Erstmals blieben somit in einem Jahr zwei Läufer unter 2:02 Stunden. Während in den vergangenen zwölf Monaten sieben Zeiten unter 2:04 gestoppt wurden, waren es 24 unter 2:05 und damit exakt genauso viele wie im Jahr zuvor. Es ist aber noch nicht so lange her, da waren derartige Ergebnisse die Ausnahme: 2017 gab es derer vier, 2016 waren es sieben und 2015 drei.
Kelvin Kiptum wurde in Valencia bei seinem Debüt gleich zum drittschnellsten Läufer aller Zeiten. – Foto: Sean Hartnett
Die Carbon-Laufschuh-Revolution schlägt sich hier deutlich in den Zahlen nieder. Das wird auch offensichtlich, wenn man tiefer in die Listen schaut: Im vergangenen Jahr gab es eine Rekordzahl von 383 Zeiten unter 2:10:00 – eine Zeitbarriere, die durch die leistungsfördernde Wirkung der neuen Schuhe ihre Bedeutung immer mehr verliert. Zum Vergleich: 2017 waren es 180 Zeiten unter 2:10 weltweit, also gut 200 weniger. Von europäischen Athleten stammten damals übrigens nur fünf derartige Ergebnisse, wobei einer Arne Gabius war (2:09:59). Im vergangenen Jahr gab es 27 Zeiten von europäischen Läufern unter dieser Marke.
Zum ersten Mal fanden Welt- und Europameisterschaften jeweils mit Marathonrennen in einem Sommer statt. Bei den globalen Titelkämpfen in Eugene ging längst nicht die komplette Weltelite an den Start und etliche europäische Topläufer konzentrierten sich lieber auf die EM in München. Nach einer famosen Tempoverschärfung im letzten Viertel des Rennes lief der Äthiopier Tamirat Tola zu einem eindrucksvollen Sieg mit einer WM-Rekordzeit von 2:05:36 Stunden. Er gewann vor seinem Landsmann Mosinet Geremew (2:06:44) und dem belgischen Europarekordler Bashir Abdi (2:06:48), der wie schon bei Olympia 2021 Bronze gewann. Der einzige deutsche Läufer bei der WM, Tom Gröschel (TC Fiko Rostock), lief auf Platz 43 in 2:14:57.
Das Gros der deutschen Läufer hatte sich auf das Heimspiel bei der EM in München konzentriert und nutzte dort die Gunst der Stunde: Während Richard Ringer (LC Rehlingen) sensationell zur Goldmedaille stürmte und damit in der fast 100-jährigen Geschichte dieser Titelkämpfe als erster deutscher Läufer einen EM-Marathon der Männer gewann, erreichte der deutsche Rekordhalter Amanal Petros (TV Wattenscheid) einen starken vierten Platz. Mit Johannes Motschmann (SCC Berlin/16.), Hendrik Pfeiffer (TV Wattenscheid/24.), Konstantin Wedel (LG Telis Finanz Regensburg/25.) und Simon Boch (LG Telis Finanz Regensburg/49.) gewannen sie eine Silbermedaille in der Team-Wertung.
Richard Ringer lief in München zum EM-Triumph. – Foto: European Championships / Thomas Niedermüller
Rund sechs Wochen nach der deutschen Marathon-Sternstunde von München steigerte sich Haftom Weldaj (Hamburger LL) in Berlin auf 2:09:06 und lief die deutsche Jahresbestzeit. Dass dies die einzige Zeit eines deutschen Läufers unter 2:10 Stunden war, lag in erster Linie sicherlich daran, dass sich Richard Ringer und Amanal Petros voll auf den EM-Marathon konzentriert hatten und 2022 kein anderes Rennen über die 42,195 km liefen.
Erstmals allerdings blieben fünf deutsche Läufer in einem Jahr unter 2:11 Stunden: Neben Weldaj waren dies Ringer (2:10:21), der Debütant Sebastian Hendel in München beim City-Marathon (2:10:37), Petros (2:10:39) und Hendrik Pfeiffer in Hannover (2:10:59). 1984 hatte es vier deutsche Zeiten unter 2:11 Stunden gegeben, allerdings nur von zwei Läufern: Jörg Peter lief 2:09:14 in Grünau und 2:10:57 in Tokio und Michael Heilmann erreichte 2:09:30 in Grünau sowie 2:10:59 in Fukuoka.
In der Liste der weltweit schnellsten City-Marathonläufe bleibt Berlin die klare Nummer eins – und das nun schon 17 Jahre in Folge! Der Durchschnitt der zehn schnellsten je bei dem Rennen gelaufenen Zeiten ergibt jetzt einen famosen Wert von 2:02:39,8 Stunden. Weltweit gibt es überhaupt nur fünf Zeiten, die schneller sind als der Berliner Schnitt. Und die schnellsten drei je erzielten Ergebnisse stammen von Deutschlands Lauf-Spektakel Nummer eins. In der Liste der schnellsten Rennen schob sich aber Valencia nochmals nach vorne. Die Spanier, die 2022 fünf der schnellsten zehn Zeiten des Jahres produzierten, haben nun sogar London hinter sich gelassen und sind die neue Nummer zwei mit einem Durchschnitt von 2:03:16,5 Stunden.
In Deutschland meldeten sich mehrere Rennen nach den Corona-bedingten Ausfällen auch spitzensportlich erfolgreich zurück. In Hamburg brach der Kenianer Cybrian Kotut im April mit 2:04:47 den Streckenrekord von Eliud Kipchoge und im Oktober meldete sich auch der Mainova Frankfurt-Marathon nach einer zweijährigen Pause als internationales Toprennen zurück. Hier siegte der Kenianer Brimin Misoi mit 2:06:11. Erstmals seit rund 20 Jahren präsentierte München wieder ein internationales Spitzenfeld.
Hier gewann der kenianische Debütant Philimon Kipchumba mit einem Streckenrekord von 2:07:28. Dagegen scheint die Zukunft des Düsseldorf-Marathons ungewisser denn je. Vor knapp einem Jahr verkündeten die Veranstalter, dass das Rennen im April 2022 nicht stattfinden könne. Das ist bis heute die letzte Meldung aus Düsseldorf.
Marathon-Statistik
Die schnellsten Zeiten 2022
2:01:09 Eliud Kipchoge KEN Berlin 25.9.
2:01:53 Kelvin Kiptum KEN Valencia 4.12.
2:02:40 Eliud Kipchoge KEN Tokio 6.3
2:03:00 Gabriel Geay TAN Valencia 4.12.
2:03:13 Amos Kipruto KEN Tokio 6.3
2:03:29 Alexander Munyao KEN Valencia 4.12.
2:03:40 Tamirat Tola ETH Valencia 4.12.
2:04:14 Tamirat Tola ETH Tokio 6.3
2:04:24 Benson Kipruto KEN Chicago 9.10.
2:04:36 Kaan Özbilen TUR Valencia 4.12.
2:04:39 Amos Kipruto KEN London 2.10.
2:04:43 Asar Abderehman ETH Sevilla 20.2
2:04:43 Mosinet Geremew ETH Seoul 17.4
2:04:47 Cybrian Kotut KEN Hamburg 24.4
2:04:48 Stephen Kissa UGA Hamburg 24.4
Die schnellsten Deutschen 2022
2:09:06 Haftom Weldaj Hamburger LL Berlin 25.9.
2:10:21 Richard Ringer LC Rehlingen München 15.8.
2:10:37 Sebastian Hendel LG Braunschweig München 9.10.
2:10:39 Amanal Petros TV Wattenscheid München 15.8.
2:10:59 Hendrik Pfeiffer TV Wattenscheid Hannover 2.4
2:13:02 Konstantin Wedel LG Telis Finanz Regensburg Sevilla 19.2
2:13:41 Frank Schauer Tangermünder Elbdeichmarathon Berlin 25.9.
2:14:02 Johannes Motschmann SCC Berlin Berlin 25.9.
2:14:18 Erik Hille LG Telis Finanz Regensburg Berlin 25.9.
2:14:56 Tom Gröschel TC Fiko Rohstock Eugene 17.7
Die schnellsten je gelaufenen Zeiten
2:01:09 Eliud Kipchoge KEN Berlin 25.9.2022
2:01:39 Eliud Kipchoge KEN Berlin 16.9.2018
2:01:41 Kenenisa Bekele ETH Berlin 29.9.2019
2:01:53 Kelvin Kiptum KEN Valencia 4.12.2022
2:02:37 Eliud Kipchoge KEN London 28.4.2019
2:02:40 Eliud Kipchoge KEN Tokio 6.3.2022
2:02:48 Birhanu Legese ETH Berlin 29.9.2019
2:02:55 Mosinet Geremew ETH London 28.4.2019
2:02:57 Dennis Kimetto KEN Berlin 28.9.2014
2:02:57 Titus Ekiru KEN Mailand 16.5.2021
2:03:00 Evans Chebet KEN Valencia 6.12.2020
2:03:00 Gabriel Geay TAN Valencia 4.12.2022
Die schnellsten Deutschen aller Zeiten
2:06:27 Amanal Petros (Wattenscheid) Valencia 5.12.2021
2:08:33 Arne Gabius (Stuttgart) Frankfurt 25.10.2015
2:08:47 Jörg Peter (Dresden) Tokio 14.02.1988
2:08:49 Richard Ringer (Rehlingen) Siena 11.04.2021
2:09:03 Michael Heilmann (Berlin) Hiroshima 14.04.1985
2:09:06 Haftom Weldaj (Hamburg) Berlin 25.9.2022
2:09:23 Christoph Herle (Waldkraiburg) London 21.04.1985
2:09:45 Stephan Freigang (Cottbus) Berlin 30.09.1990
2:09:55 Waldemar Cierpinski (Halle) Montreal 31.07.1976
2:10:01 Ralf Salzmann (Kassel) Tokio 14.02.1988
Die schnellsten City-Marathonrennen
1. BERLIN 2:02:39,8
2:01:09 Kipchoge KEN 2022
2:01:39 Kipchoge KEN 2018
2:01:41 Bekele ETH 2019
2:02:48 Legese ETH 2019
2:02:57 Kimetto KEN 2014
2:03:03 Bekele ETH 2016
2:03:13 E. Mutai KEN 2014
2:03:13 Kipsang KEN 2016
2:03:23 Kipsang KEN 2013
2:03:32 Kipchoge KEN 2017
- VALENCIA 2:03:16,5
- LONDON 2:03:45,8
- DUBAI 2:04:02,5
- TOKIO 2:04:22,5
- AMSTERDAM 2:04:25,3
- CHICAGO 2:04:27,2
- ROTTERDAM 2:04:27,3
- MAILAND 2:04:33,5
- PARIS 2:04:54,8
Basierend auf dem Durchschnitt der zehn schnellsten je bei dem Rennen gelaufenen Zeiten.
Text und Statistik: race-news-service.com
https://germanroadraces.de/?p=209260