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2010

Wir haben uns dafür eingesetzt, das Dopingkontrolllabor in Kreischa zu erhalten, um den Dopingsumpf im Osten trocken zu legen. Den Erhalt der Sportschulen sind wir erst später mit Landessportbünden und Fachverbänden angegangen.

Manfred von Richthofen – „Sport braucht Einheit für seine Zukunft“ Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

By GRR 0

An diesem Freitag wird der Gründung des Deutschen Sportbundes (DSB) vor sechzig Jahren und der Vereinigung beider deutscher Sportbünde vor zwanzig Jahren gedacht. Festredner ist Manfred von Richthofen, der von 1994 an zwölf Jahre DSB-Präsident war.
 
Wie erinnern Sie sich an die Vereinigung des Sports von Ost und West?

Manfred von Richthofen: “Sport braucht Einheit, um zukunftsfähig zu sein“Manfred von Richthofen: "Sport braucht Einheit, um zukunftsfähig zu sein"

Ich habe damals als Vizepräsident von Hans Hansen in Gesprächen mit der Sportführung der DDR eine große Aufgeschlossenheit festgestellt, als es um die möglichst rasche Vereinigung ging. Vor allem Martin Kilian, der Präsident des Bob- und Schlittensportverbandes der DDR, bemühte sich sehr um schnelles Zusammenkommen des Sports in beiden Teilen Deutschlands. Wir sind ohne staatliche Hilfe schnell voran gekommen.

Halten Sie es sich zugute, die Forschungsstellen IAT in Leipzig und FES in Berlin, die Kinder- und Jugendsportschulen der DDR und das zentrale Trainingszentrum Kienbaum erhalten zu haben?
 
Das alles war Verhandlungsmasse. Das Präsidium des DSB hat sich für den Erhalt dieser Einrichtungen eingesetzt. Wir haben auch diskutiert, ob es sinnvoll ist, die Deutsche Hochschule für Körperkultur in Leipzig zu erhalten. . .
. . .was nicht gelang.

Wir haben uns dafür eingesetzt, das Dopingkontrolllabor in Kreischa zu erhalten, um den Dopingsumpf im Osten trocken zu legen. Den Erhalt der Sportschulen sind wir erst später mit Landessportbünden und Fachverbänden angegangen.

Hat der Erhalt von Kreischa auch damit zu tun, dass das Labor in Köln eine Rolle im Doping des Westens spielte?
 
Wir wollten in jedem Fall, dass es ein zweites solches Labor in Deutschland gibt. Konkurrenz belebt den Kampf gegen Doping.

1950 waren Sie ein sechzehnjähriger Schüler in Sankt Goarshausen, der begeistert Hockey spielte. Was bedeutete die Gründung des DSB für Sie?

Zunächst natürlich wenig. Je näher ich aber mit zunehmendem Alter der Sportorganisation trat, auch im Studium, desto mehr wurde mir bewusst, dass die Gründung eine große Leistung war. Es war darum gegangen, nicht in die Weimarer Zeiten zurückzufallen, in denen es bürgerliche und sozialistische und kirchliche Sportorganisationen gab. Große Persönlichkeiten wie Prälat Ludwig Wolker von der katholischen Kirche, wie Fritz Wildung vom Arbeitersport, wie Peco Bauwens vom Fußballbund, wie Walter Kolb von den Turnern haben hart um die Einheit gerungen. Max Danz, der große Leichtathletik-Präsident, hat zugunsten des Arbeitersports auf seinen Sitz im Präsidium verzichtet. Was man damals versäumt hat, wie in anderen Bereichen der Gesellschaft auch, war, sich mit der Nazi-Vergangenheit einiger Herrschaften zu beschäftigen.

Sie haben auch für die Einheit des Sports selbst gekämpft.

Der dritte historisch wichtige Schritt war der Zusammenschluss von DSB und Nationalem Olympischem Komitee 2006. Darauf habe ich von Anfang meiner Amtszeit an hin gearbeitet. Damit konnten wir bürokratischen Ballast abstoßen und eine völlig unnötige Konkurrenzsituation beseitigen. Nun gibt es eine Tendenz, dass Spitzensport beginnt, sich zu verselbständigen. Meine Überzeugung ist: Der Sport braucht Einheit, um zukunftsfähig zu sein.

Das Gespräch führte Michael Reinsch. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Freitag, dem 10. Dezember 2010

author: GRR

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