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25
08
2009

Zuvor aber, will er weiter auf der Bahn auf sich aufmerksam machen und die Bestzeit von 3:32,94 Minuten in die Nähe von 3:30 drücken.

Lopez Lomong: Lauf in die Freiheit – Weltklassse Zürich

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An der WM in Berlin stand 1500-m-Läufer Lopez Lomong erstmals in einem Final, am Freitag gehört er bei Weltklasse Zürich zu den Favoriten. Die Lebensgeschichte des 24-Jährigen Amerikaners sudanesischer Herkunft ist gepflastert mit Krieg, Leid und Abenteuer, aber auch von Freundschaft, Hoffnung und sportlichem Erfolg.
 
Die beiden gewaltigen Diamanten an den Ohren glitzern im Gegenlicht, der Händedruck ist fest und seine grossen Augen blicken klar in die Welt. Lopez Lomong kann so schnell nichts  mehr erschüttern, Ihm ist in seiner kurzen Lebensgeschichte schon zu viel widerfahren.

Sein Irrweg durch die Welt begann 1991. Im Sudan herrschte Bürgerkrieg und die Miliz brauchte neue Kämpfer. Lopez Lomong war 6 Jahre alt, als die Miliz an einem Sonntag bei der Kirche aufmarschierte und ihn mit andern Kindern verschleppte. „Sie steckten uns in eine Art Gefängnis und gaben uns giftiges Getreide zu essen“, sagt Lomong. Viele Kinder starben. Lomong hatte Glück, dass sich drei Halbwüchsige um ihn kümmerten.

Eines Tages nahmen sie ihn an der Hand, sagten zu ihm er werde nun seine Mutter wieder sehen. Sie schlichen aus der Barracke und schlüpften durch ein Loch im Zaun. „Da begann das Rennen“, erinnert sich Lomong. Drei Tage lief das Grüppchen in die gleiche Richtung,  die Grösseren trugen abwechselnd ihren kleinen Begleiter, bis sie Kenya erreicht hatten. Dort kamen sie in ein Flüchtlingslager bei Kakuma. Seine Mutter hat Lopez Lomong erst viel später wieder gesehen.

Die ganze Jugend verbrachte er in Kakuma. Es gab nur eine Mahlzeit pro Tag, aber die Kinder liefen jeden Tag 30 Kilometer an einen Ort, an dem sie sich aus Müll eine Art Ball gebastelt hatten. Dort wurde Fussball gespielt. „Ich war der beste Torhüter“, sagt  Lomong.

Die Wende in seinem Leben kam im Jahr 2000. Lomong durfte während der Olympischen Spiele von Sydney das Kalb eines Bauern hüten. Dafür erhielt er einen Lohn von 5 Shilling. Mit diesem zahlte er für sich und seine Kollegen den Eintritt beim einzigen Mann in der Region, der einen Fernseher besass. Sein erstes TV-Erlebnis war der Olympia-Sieg von Michael Johnson über 400 m; ein ihm unbekannter Name. Seither war für ihn schnell laufen und für das selbe Land laufen wie Johnson sein Ziel.  

Die Chance kam ein Jahr später, als der Mitarbeiter einer amerikanischen Hilfsorganisation in die Kirche kam und sagte, dass die USA 3500 „Lost Boys“ aus dem Sudan aufnehmen wollen. Lopez Lomong schrieb einen Brief und wurde berücksichtigt. Er kam zu einer Pflegefamilie nach Tully nahe New York. „Am ersten Morgen habe ich ihnen erklärt, dass ich wie immer 30 Kilometer laufen und dann Fussball spielen will“, erinnert er sich. Schnell wurde er mit dem Mittelstreckentrainer der Schule bekannt gemacht und bald gehörte er zu den Besten.

Die Universität von Nord Arizona in Flagstaff gab ihm ein Stipendium, wo er Hotel- und Restaurant-Management studierte. 2007, das Jahr in dem er auch die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt, gewann er sowohl in der Halle wie auch im Freien den prestigeträchtigen Titel eines US-Studentenmeisters.

Ein Jahr später wurde Lomongs Traum wahr. Er qualifizierte sich für die Olympischen Spiele, an denen er über 1500 m immerhin den Halbfinal erreichte. Mehr Aufsehen erregte er allerdings als Fahnenträger der USA bei der Eröffnungsfeier. China, das hinter dem Regime im Sudan steht, wertete seine Wahl als politischen Akt.

Inzwischen ist Lomong Mitglied der Athletenvereinigung Team Darfur, er lernte vor eine Jahr Präsident Bush kennen und wünscht sich dereinst auch Barrak Obama zu begegnen. Er fühle sich gesegnet, US-Bürger sein zu dürfen, erklärt Lomong, aber tief in seinem Inneren ist er der kleine Bub aus dem Sudan geblieben.

Dank seiner Hilfe konnte an seinem Geburtsort Kimotong eine Schule aufgebaut werden. Bereits streben jeden Tag über 200 Kinder aus der ganzen Region dort zusammen. Es sind so viele, dass ein Teil unter Bäumen unterrichtet werden muss. „Nun planen wir den Bau von weiteren Gebäuden“, erklärt Lomong und seine Augen strahlen um die Wette mit den beiden  Diamanten.

Seine aus den Fugen geratene Welt fügt sich allmählich zusammen. Vor einigen Jahren hat er seine tot geglaubten Eltern und Geschwister wieder gefunden. Seine jüngeren Brüder Alex und Peter liess er mittlerweile in  die USA nachreisen und irgendwann so hofft er, wird er wieder in Kimotong leben. Er träumt von einem eigenen Hotel und davon, dass er damit den Tourismus im dereinst befriedeten Sudan fördern kann. Im November reist er das nächste Mal nach Afrika.

Zuvor aber, will er weiter auf der Bahn auf sich aufmerksam machen und die Bestzeit von 3:32,94 Minuten in die Nähe von 3:30 drücken.

  Janine Geigele

 

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