Symbolbild - Diskuswerfer vor dem Olympiastadion von Athen 1896 - Foto: Horst Milde
Liesel Westermann vollendet 80. Lebensjahr – Weltrekordhalterin und Silbermedaillengewinnerin im Diskus – Prof. Dr. Detlef Kuhlmann
Am kommenden Samstag, dem 2. November 2024, vollendet Liesel Westermann, die frühere Weltrekordhalterin im Diskuswurf, ihr 80. Lebensjahr.
Die Jubilarin gehörte in den 1960er Jahren zu den weltbesten Leichtathletinnen in dieser technisch anspruchsvollen Wurfdisziplin. Bei den Olympischen Spielen in Mexiko City 1968 gewann sie die Silbermedaille.
Im Verlauf ihrer höchst erfolgreichen Karriere gelang es ihr, insgesamt viermal eine Weltrekordweite im Diskuswurf zu erzielen. Am 5. November 1967 warf sie in Sao Paulo (Brasilien) auf einer Sportfest-Reise durch Südamerika zum Saisonausklang genau 61,26 m weit und damit als erste Frau der Welt über 60 Meter. Ihre persönliche Bestleistung erzielte sie gegen Ende ihrer langen Laufbahn am 12. August 1972 beim Sportfest in Zürich mit der Weite von 64,96 m.
Liesel Westermann wurde in Sulingen im niedersächsischen Landkreis Diepholz geboren. Nach dem Abitur zog es sie zu einem Lehramtsstudium zunächst nach Hannover und dann nach Göttingen, bevor sie ein Studium an der Deutschen Sporthochschule Köln aufnahm, das sie als Diplom-Sportlehrerin abschloss.
Nach beruflichen Stationen als Gymnasiallehrerin in Leverkusen und Solingen ging sie im Jahre 2003 zurück nach Hannover in das Niedersächsische Kultusministerium, wo sie im Range einer Ministerialrätin als leitende Koordinatorin für „Schulsport und Gesundheitserziehung“ bis zur Erreichung der Altersgrenze im Jahre 2009 tätig war.
Ihre „bewegte“ Sport-Biografie begann sie in ihrer Heimatstadt Sulingen: Schon mit drei Jahren besucht Liesel das Kinderturnen und findet große Freude an vielseitiger Bewegung. Im 11. Lebensjahr wird sie Bezirksmeisterin im Brustschwimmen, ein Jahr später Waldlaufmeisterin im Bezirk, bevor das Stadion und damit die Leichtathletik ihre sportliche Heimat wird und sie ihr Talent in den verschiedenen (Wurf-) Disziplinen weiter entfalten kann: Mit genau 30,96 m als 14-jährige ist die Weite ihres ersten Wettkampfs im Diskus dokumentiert und gleichsam der „Startwurf“ für eine großartige Karriere als „Diskus-Liesel“, wie sie später auch in den Medien „gedruckt“ zitiert wird.
Während ihrer ersten Studienzeit startet Liesel Westermann für Hannover 96, stellt 1966 mit 57,98 m im Diskus ihren ersten deutschen Rekord auf, bleibt aber vielseitig und wird u.a. deutsche Meisterin mit der 4×100 m-Staffel und mit der Fünfkampf-Mannschaft. In Länderkämpfen für den Deutschen Leichtathletik-Verband wird sie 51-mal eingesetzt und mit der „Goldenen Länderkampfnadel“ ausgezeichnet. Parallel zu ihrem Studienort-Wechsel 1968 nach Köln schließt sie sich TuS 04 Leverkusen an. Beispielhaft für alle ihre Wettkampferfolge und Rekorde sei wenigstens erinnert an ihren Titel als „Studentenweltmeisterin“ (sic!) 1967 in Tokio sowie Platz 5 bei den Olympischen Spielen 1972 in München.
Liesel Westermann wurde während und nach ihrer Karriere vielfach ausgezeichnet: u.a. als Sportlerin des Jahres (1967 und 1969), Weltbeste Leichtathletin (1967) und als Weltsportlerin des Jahres (1969). Im Jahre 1968 erhielt sie mit dem Silbernen Lorbeerblatt die höchste Sportauszeichnung der Bundesrepublik Deutschland, ferner wurde sie u.a. 1969 geehrt mit dem Goldenen Band der deutschen Sportpresse und der Sportplakette des Landes Nordrhein-Westfalen. In die Hall of Fame des deutschen Sports wurde sie im Jahre 2011 aufgenommen, im Ehrenportal des niedersächsischen Sports des Instituts für Sportgeschichte (NISH) in Hannover ist sie schon seit 1988 aufgeführt. In ihrer Heimatstadt Sulingen gibt es inzwischen am Gelände des ehemaligen Bürgerparkstadions den Liesel-Westermann-Weg (mit der Unterzeile „Weltsportlerin des Jahres 1969“), im Jahre ihres 70. Geburtstages wurde dort eine Liesel-Westermann-Stele aus Naturstein eingeweiht. Alle zwei Jahre veranstaltet der TuS Sulingen drei „Liesel-Westermann-Werfertage“ und hat ihr längst die Ehrenmitgliedschaft verliehen.
Bereits im Jahre 1977 erschien eine von ihr selbst verfasste Biografie mit dem Titel „Es kann nicht immer Lorbeer sein“. Darin blickt sie auch zurück auf die „erlebte“ Kehrseite der Medaille im Sport. In dem 356-seitigen Werk geht es ihr um mehr, als nur ihren eigenen sportlichen Lebenslauf nachzuzeichnen. Sportlich ist die heute in Hannover lebende Olympionikin inzwischen bei einer Sportart außerhalb der Leichtathletik gelandet, für die es aber dennoch ein paar Parallelen zum Diskuswerfen gibt:
Beim Golf muss schließlich der kleine Ball zuweilen auch möglichst weit geschlagen werden … möge das der Liesel Westermann mit jetzt (über) 80 Jahren weiterhin ganz gut und stets mit viel (Bewegungs-) Freude in der Natur gelingen!
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann