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Leichtathletik-Präsidentenwahl – Coe bietet mehr Dollar als Bubka – Michael Reinsch, Peking in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Gut, dass Sebastian Coe und Sergej Bubka keine Kosten und Mühe scheuten in ihrem Wahlkampf. „Dies war eine Chance für unseren Sport, sich selbst zu überprüfen und zu erneuern“, behauptete der ehemalige Weltklasse-Läufer Coe, als er in Peking für vier Jahre zum Präsidenten des Internationalen Leichtathletik-Verbandes (IAAF) gewählt worden war.
700.000 Kilometer war er durch die Welt geflogen, seit er vor einem Jahr den Wahlkampf eröffnet hatte, stets im Rennen mit dem einstigen Stabhochspringer Bubka.
Ungeniert trieben Delegierte den Preis für ihre Stimme in die Höhe, und ungeniert zeigten sich die Kandidaten bereit zu zahlen. Bubka versprach am Vorabend jedem einzelnen Verband, die jährliche Entwicklungshilfe auf 30.000 Dollar pro Jahr zu erhöhen, eine Verdopplung der aktuellen Zahlungen. Coe legte in seiner Rede wenige Minuten vor der Wahl nach: 50.000 Dollar pro Verband bot er, zu verbuchen als „olympische Dividende“.
Wenn jede einzelne der 214 Föderationen das Geld in Anspruch nimmt, muss die IAAF drei Millionen Dollar aus eigenen Mitteln auf die 40 Millionen Dollar legen, die sie alle vier Jahre vom Internationalen Olympischen Komitee für ihre Hauptrolle im olympischen Konzert erhält. „Die Kampagne war wichtig für unseren Sport“, resümierte Bubka, als 92:115 Stimmen ergaben, dass er nicht erste Wahl ist, sondern lediglich erster Vizepräsident. „Wir haben diskutiert und gelernt, was wichtig ist.“ Nach der Entscheidung lagen sich die Rivalen in den Armen.
„Es gibt kein Amt, das ich mehr wollte“, rief Coe in seiner Wahlkampfrede, „keinen Job, den ich mit größerer Hingabe wollte.“ Er werde nicht die Macht ergreifen, sondern die Macht teilen und verteilen, denn es gehe nicht um seine Vision von der Leichtathletik, sondern um die gemeinsame Vision. Im Gegensatz zu Bubka verzichtete der neue Präsident darauf, ein einziges Wort über das womöglich größte Problem der Leichtathletik zu verlieren, Doping und den Umgang des Weltverbandes damit.
Gleichwohl versprach er, Vertrauen und Integrität zu einem Prinzip seiner Präsidentschaft zu machen und seine wirtschaftlichen Kenntnisse für den Verband nutzbar zu machen. Möglicherweise sind Coes Vorstellungen zur Doping-Bekämpfung zu komplex für eine Wahlkampfrede.
Um sich und seinen Verband nicht weiterhin angreifbar zu machen durch Manipulationen wie in Russland und Kenia, durch die Unterschlagung von Testergebnissen sowie den Vorwurf der Untätigkeit, will der neue Präsident Kontrollen und Sanktionen einer unabhängigen Einrichtung übertragen; noch sei es zu früh, sagte er auf seiner ersten Pressekonferenz im Amt, über Details zu sprechen.
Mit einem Etat von drei Millionen Dollar wird die Organisation rechnen dürfen; so viel lässt sich die IAAF nach eigenen Angaben ihre medizinische und Anti-Doping-Abteilung kosten. Auf die Frage, ob er als Präsident der IAAF Berater von Nike und Vorstandsvorsitzender der Sportmarketing-Agentur csm bleiben könne, erwiderte er, dass er darin kaum Komplikationen sehe.
Er verfüge über ein großes Team, das jegliche corporate governance austüfteln werde, und wo es Anpassungen geben müsse, werde er sie vornehmen. Auf Deutsch: Er will keinen seiner Jobs aufgeben, auch wenn die berufliche Akquise von Veranstaltungen wie für Baku und deren Vergabe als Präsident und IOC-Mitglied Konfliktpotential bieten.
Die Vergangenheit überschattete die Wahl des Mannes, der ex officio ins IOC einziehen wird und von dem nicht weniger als die Erneuerung der Leichtathletik erwartet wird. Da gab tatsächlich der Russe Valentin Balachnitschev den Finanzbericht des Verbandes, der als Präsident seines Verbandes und als Schatzmeister der IAAF zurücktreten musste, als das deutsche Fernsehen systematisches Doping in der russischen Leichtathletik aufgedeckt hatte.
Da waren der Sohn des scheidenden Präsidenten, Papa Massata Diack, und der ehemalige Rechtsberater der IAAF, Habib Cissé, Teilnehmer der Versammlung, obwohl auch sie in Schimpf und Schande hatten gehen müssen. Der scheidende Präsident Lamine Diack stammelte eine Entschuldigung, als der schwedische Verbandspräsident ihn auf die von keinerlei Ausschreibung begleitete Vergabe der Weltmeisterschaft 2021 ansprach: Sie wird zum fünfzigjährigen Firmenjubiläum am Gründungsort von Nike, Eugene in Oregon, gefeiert.
„Deutschland muss in diesem Council vertreten sein“: Helmut Digel.
Der deutsche Verbandspräsident Clemens Prokop schaffte es trotz 66 Stimmen im ersten Wahlgang nicht ins Council, den inneren Rat der IAAF; Helmut Digel, seit zwei Jahrzehnten im Council und nach der WM in Peking ausscheidend, wurde zum Ehrenmitglied ernannt. Der Soziologe schimpfte praktisch im Gehen über die Schein-Demokratie des Verbandes. „Leute, die nicht im geringsten zur Entwicklung der Leichtathletik beigetragen haben, werden hier gewählt“, sagte er und meinte die Vizepräsidenten Alberto Juantorena aus Kuba, Hamad Kalkaba Malboum aus Kamerun und insbesondere Dahlan al-Hamad aus Qatar: „In vier Jahren Council hat er nicht einen vernünftigen Satz gesagt.“
Diack, dem die Stagnation der Leichtathletik vorgeworfen werden kann, wurde Ehrenpräsident. Er habe ihn häufig als Ratgeber gebraucht, behauptete Coe, und er werde das Menschenmögliche tun, die Werte und die Grundlagen zu erhalten, die Diack hinterlassen habe.
Man wird mehr erwarten.
Michael Reinsch, Peking in der Frankfurter Allgemeinen Zeitun, Mittwoch, dem 19. August 2015
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