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19
01
2015

Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung - Leichtathletik-Kommentar - So schlimm wie Aids ©privat

Leichtathletik-Kommentar – So schlimm wie Aids – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

By GRR 0

Isaiah Kiplagat überrascht die Welt mit mächtigem Geschütz, das er gegen Doping aufzufahren scheint. Doch der Präsident des kenianischen Leichtathletik-Verbandes führt einen anderen Kampf.

Eigentlich hatte man vom Präsidenten des kenianischen Leichtathletik-Verbandes allmählich eine Erklärung dafür erwartet, dass auf dem Verbandskonto knapp 200.000 Dollar eingingen und bar abgehoben wurden – man würde gerne wissen, von wem. Die Tageszeitung „The Standard“ machte den Vorgang aus dem September 2010 vor vier Wochen bekannt. Doch Isaiah Kiplagat scheint bei seiner Haltung von Weihnachten zu bleiben: Man solle sich an den Schatzmeister halten, der damals im Amt war. Und der schweigt.

Nun überrascht Kiplagat die Welt mit mächtigem Geschütz, das er gegen Doping aufzufahren scheint. Es handele sich um eine Seuche so schlimm wie Aids, ließ er am Wochenende verlauten. Und versprach ein Aufklärungsprogramm, wie es der kenianische Staat initiierte, als die Existenz von HIV und Aids bekanntwurden.

Dies ist die typische Maßlosigkeit eines Mannes, der mehr zu verbergen als vorzuweisen hat. Was hat Betrug im Sport mit einer Infektion zu tun, die vermutlich mehr als 36 Millionen Menschen das Leben kostete – außer dass für die Manipulation von Leistung von Ergebnissen schon mal das Wort Seuche verwendet wird? Nichts. Und wenn er Aufklärung und Kontrollen durch Mitarbeiter seines Verbandes ankündigt, ist das nichts als Gerede. Denn solche Ankündigungen hat er in seiner ewig erscheinenden Amtszeit, mal lauter, mal leiser, schon oft gemacht. Herausgekommen ist noch nie etwas.

Mehr als fünfzig Doping-Fälle hat es in den vergangenen fünf Jahren gegeben in dem Land, dessen Athleten den Langstreckenlauf in einer geradezu unglaublichen Art und Weise dominieren und dessen Beste in beinahe beängstigender Frequenz die Weltrekorde auf der Marathonstrecke steigern.

Jüngst wurde Rita Jeptoo positiv auf den Gebrauch des im Sport verbotenen, weil stark leistungssteigernden Medikaments Epo getestet. Jene Läuferin, die mit drei Siegen beim Boston-Marathon, zweien in Chicago und mit ihrer Bestzeit von 2:18:57 Stunden Millionärin wurde.

Kiplagat hat bei allem Wortgetöse substantiell nichts zu melden. Während Kipchoge Keino, der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees seines Landes, und der Hochschulprofessor Mike Boit, beide ehemalige Läufer der Spitzenklasse, verlangen, Doping unter Strafe zu stellen, bleibt Kiplagat bei dem, was er seit Jahren tut: den Managern der Athleten zu drohen und die Sportler zu gängeln.

Nicht den Kampf gegen Doping hat er im Auge, wenn er jungen Athleten Straßenrennen verbieten will, sondern die Medaillenbilanz bei WM und Olympischen Spielen. In dieselbe Richtung zielt sein Hinweis, Agenten, die Sportler dopten, drohten Gefängnisstrafen und gedopten Athleten bis zu vier Jahre Sperre.

Der Knalleffekt seiner Mahnung verrät, dass Kiplagat in Wirklichkeit nichts ändern will. Alles, was er will, ist mehr Macht.

Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Dienstag, dem 13. Januar 2015

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