2009 World Championships Berlin, Germany August 15-23, 2009 Photo: Victah Sailer@Photo Run Victah1111@aol.com 631-741-1865 www.photorun.NET
Leichtathletik-Kommentar -Die Leichtathleten gehen auf die Straße – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Deutschland müsse den Ehrgeiz haben, wieder Olympische Spiele ins Land zu holen, fordert Clemens Prokop. Er sagte das am Wochenende bei den deutschen Meisterschaften der Leichtathleten, deren Präsident er ist. Selbstverständlich sprach er nicht von Winterspielen, sondern von Sommerspielen.
Die Städte Hamburg und Berlin böten die Möglichkeit, die Fußball-Weltmeisterschaft von 2006 und die Leichtathletik-Weltmeisterschaft von 2009 mit diesem Ereignis logisch fortzusetzen.
Das große Ziel kontrastiert mit dem familiären Ambiente der Titelkämpfe in Kassel: Die Leichtathletik hat ihre Heimat nicht in Stadien von olympischen Dimensionen, sondern in mittelgroßen Arenen wie dem für 23 Millionen Euro modernisierten Aue-Stadion. 20.000 Plätze reichen für deutsche Meisterschaften ebenso wie für Mannschafts-Europameisterschaften, um die sich der deutsche Verband mit Braunschweig bewerben will. Vorbei die Zeit, in der 60.000 Zuschauer zu Leichtathletik-Länderkämpfen kamen.
Allein in Berlin hat ein Dinosaurier der großen Sportfeste überlebt, das traditionsreiche Istaf. Nicht nur um erstklassige Athleten kämpfen dessen Veranstalter Jahr für Jahr, sondern auch darum, die mehr als 70.000 Plätze des Olympiastadions von 1936 zu füllen. Dazu war schon mal der Einsatz von Hunderten von Bussen notwendig. Selbst bei den Weltmeisterschaften 2009 brauchte es das Engagement einiger Sponsoren, dort nach schwachem Start täglich eine Kulisse aus vollen Rängen zu gewährleisten. Mit ihrer Bewerbung um die Europameisterschaften 2018 gehen Berlin und DLV diese Herausforderung noch einmal an.
Der andere Weg, Leichtathletik-Publikum zu finden, führt in die Städte und in die Provinz. Auf den Spuren der City-Marathons und Stadtläufe, im Windschatten der Stabhochspringer mit ihren Markplatzspringen und den Diskuswerfern mit ihren Wettkämpfen auf ländlichen Wurfwiesen kommt nun auch der Verband denen entgegen, die nie und nimmer auf die Idee kämen, zum Sportfest ins Stadion zu gehen: etwa den Touristen, die ahnungslos am Brandenburger Tor aus der U-Bahn steigen.
Ihnen wird sich am 12. August ein Wettbewerb aus Weit- und Stabhochsprung bieten. Prokop deutete in Kassel an, dass aus der Leichtathletik-Gala, die sein Verband Jahr für Jahr in Wattenscheid veranstaltete, eine Vielzahl von solchen Zentrums-Wettkämpfen werden könnte.
Auch so kann man für seine Ziele demonstrieren: Die Leichtathleten gehen auf die Straße.
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Montag, dem 25. Juli 2011
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