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06
2016

Titelseite des Darmstädter Echo vom 23. Juni 2016 ©Darmstädter Echo

Laufsteg für viele Lauftalente – Die 39. Auflage des Darmstädter Stadtlaufes reiht sich nahtlos in die lange Erfolgsgeschichte des zweitältesten deutschen Stadtlaufs ein – Ludwig Reiser berichtet

By GRR 0

„Spannend, packend – auf höchstem Niveau“ oder „Spaß, Grenzerfahrung und Therapie“ titelten das Online-Magazin Laufreport.de und das Darmstädter Echo bereits wenigen Stunden später über die 30. Auflage des Darmstädter Stadtlaufes am Mittwochabend (22. Juni 2016).

Letztlich treffende Beschreibung für den zweitältesten deutschen Stadtlauf, der einmal mehr bei „typischem Stadtlaufwetter“, nämlich Temperaturen um die 30°, das gehalten hat, was die knapp 1800 Stadtläufer (so das schlagfertige Motto auf dem bestens angekommenen Stadtlauf-Shirt) und viele Zuschauer auf dem traditionellen Laufsteg durch die Fußgängerzone auch von der Lauflegende im Südhessischen erwartet haben.

„Es läuft einfach rund“, freut sich Organisationschef Wilfried Raatz nach den ersten Starts auf dem engen Innenstadtparcours. „Natürlich können wir viel Routine in die Waagschale werfen, es ist immer wieder Stress und (An)Spannung pur bis zum ersten Startschuss. Schließlich müssen wir während den normalen Geschäftszeiten am Nachmittag den Parcours aufbauen, damit alles um 19.00 Uhr mit dem ersten Startschuss parat ist!“

Es ist schon faszinierend, denn kaum sind die letzten Ladentüren geschlossen, schießen bereits die ersten Läufer durch die zumeist engen Passagen in Darmstadts Einkaufsstraßen. Und es läuft für knapp drei Stunden wie am Schnürchen: Startschüsse in dichter Folge am Ludwigsplatz, reges und vor allem schweißtreibendes Gewusel in der Fußgängerzone, viel Beifall für die Tagesschnellsten und die eher Genussläufer auf der Strecke und die unmittelbar folgende „Flower Ceremony“ – der Zeittakt ist ähnlich aufregend wie die zumeist spannenden Zieleinläufe.

Der Darmstädter Stadtlauf, einst als „Pizzalauf“ in der Laufszene ob der attraktiven Pizzapreise für die Tagesbesten bekannt, ist Gesetz.

Selbst die weniger sportinteressierte Bevölkerung ist bei dem Reizwort „Stadtlauf“ längst im Bilde, was sich an einem Mittwoch Mitte Juni für Stunden in der Innenstadt abspielt. Wo im Normalfall Einkaufstaschenträger dominieren, haben dann nämlich die Stadtläufer mit hochroten Köpfen und Schweißperlen auf der Stirn mit hippen und funktionsgerechten Laufschuhen den Takt diktiert.

Spannung pur gab es in nahezu allen Wettbewerben an diesem Abend.

Und in besonderen Maße in den beiden Konkurrenzen der Eliteläufer, im Ramada Grand-Prix. Da die Rennen der Männer und Frauen als Verfolgungsrennen gestartet wurden, kamen die Zuschauer vollends auf ihre Kosten. Im kleinen, aber feinen Rennen der Frauen über 5 500 m setzte sich letztlich Docars Nzembi Kithome (Kenia) in 18:23 durch, nur wenige Schritte zurück bereits mit der Äthiopierin Melat Yisak Kejeta eine Läuferin, die schon seit zwei Jahren in der deutschen Laufszene bekannt ist und für den PSV GW Kassel läuft und von Irina Mikitenko trainiert wird.

Hinter den Kenianerinnen Charity Kiprop (18:39) und Gladys Kataron Kiplagat (19:14) folgte mit Olena Serdiuk (Ukraine) die erste Europäerin, die sich mit der stark auftrumpfenden Melina Tränke auseinandersetzen musste. Die Karlsruherin befindet sich bereits in der Vorbereitung auf die EM, wo sie in drei Wochen über die Halbmarathondistanz ins Rennen gehen wird.

War es schon bei den Frauen spannend, so konnten sich selbst alte Stadtlaufkenner nicht daran erinnern, ein derart packendes Rennen nei den Männern erlebt zu haben.

Innerhalb von nicht einmal einer Sekunde stürmten mit Alex Kipkorir Kibarus, Mengistu Zelalem und Ezra Kering Kipchumba gleich drei Ostafrikaner über die Ziellinie – mit dem besseren Ende für Alex, der zuletzt in Oelde als Dritter schon aufwarten konnte. Im Feld der 28 Asse bestachen gewiss die Läufer aus Kenia, Äthiopien und Eritrea, sodass für gutklassige Europäer lediglich Mittelplätze heraussprangen.

Roman Romanenke (Ukraine) war mit knapp 30 Sekunden Rückstand als Neunter noch der beste hellhäutige Läufer, gefolgt von seinem Landsmann Mykola Iukhymnchuk (10.) und dem belgischen Orientierungslauf-Ass Yannick Michiels (12.), der als WM-Fünfter auf der Sprintdistanz außergewöhnliche schnell unterwegs war. Ejob Solomon (SG Wenden) lief als deutscher U23-Halbmarathonmeister als Fünfzehnter ein, dicht dahinter mit dem deutschen Berglaufmeister Joseph Katib (LAC Quelle Fürth) der beste Deutsche auf Rang 18, der das fränkische Duell mit dem deutschen 10.000 m-Jahresbesten Timo Göhler (ASICS Team Memmert) und dessen Teamkollegen und EM-Starter Julian Flügel für sich entscheiden konnte.

Die Läufe der Elite sind gewiss ein besonderer Leckerbissen in der einbrechenden Dunkelheit, zuvor gab es in den proppevollen Läufen für Jedermann und Jederfrau über jeweils 5000 m Laufsport vom Feinsten.

Der vor den Toren Darmstadts lebende eigentliche 800 m-Spezialist Marko Arthofer, am Wochenende noch bei den deutschen Meisterschaften in Kassel auf seiner Lieblingsstrecke unterwegs, sicherte sich in einem eher taktischen Rennen den Tagessieg vor Sebastian Hauf und dem Italiener Giuseppe Troja, der aus dem gleichen Dorf stammt wie die Lauflegende Salvatore Antibo.

Bei den Frauen gewann mit Fannie le Floch eine französische Läuferin, die derzeit ein Praktikum beim Darmstädter Pharmakonzern Merck absolviert und von der früheren deutschen Meisterin Petra Wassiluk betreut wird. Dichtauf die erst 19jährige Emma Wassmer vom veranstaltenden ASC, die sich als Neuzugang in der Trainingsgruppe von Trainer Wilfried Raatz in Darmstadt bestens entwickelt.

Im Feld der rund 250 Frauen auch Marion Peters-Karbstein als deutsche W50-Meisterin oder das einstige Triathlonass Nicole Leder.

In einem spannungsgeladenen Rennen duellierten sich im Masters-Wettbewerb gleicj fünf Athleten bis in die Schlussrunde hinein, ehe sich mit dem aus dem Odenwald stammenden Jürgen Reiser ein Stammgast des Stadtlaufes knapp gegen Rolf Liesielski und den früheren Masterssiegern Markus Riefer und Michael Obst durchsetzen konnte.

Eine ausgezeichnete Bühne war für die über 600 Kids in den Nachwuchsläufen bereitet, die sich in herzerfrischenden Rennen in Szene setzen wussten. Bei den Bambinis (1300 m) gewann Paul Lewerenz (Eintracht Frankfurt) vor Mika Siebenborn (MTV Urberach) und den Darmstädtern Otis Ricker und Luis Herr, dann schon das schnellste Mädchen mit Svea Müller aus Groß-Zimmern.

Bei den Schülern bis 13 Jahren setzte sich mit Marek Beysel ein Schützling von Herbert Siefert durch, der bislang alle 39 Stadtläufe absolvieren konnte und in seiner Trainingsgruppe talentierte Schüler an den Start bringen konnte. Dahinter schon Hennes Behrens ein überaus treffsicherer Fußballer der „Lilien“, der allerdings in der Leichtathletik das Trikot des ASC trägt wie übrigens seine erfolgreiche Mutter Alexandra Rechel, die diesmal allerdings wegen einer Erkrankung fehlte.

Bliebe noch ein Blick in den Wettbewerb der 14- und 15jährigen, wo sich mit Sasha Müller vom SSC Hanau-Rodenbach ein Riesentalent vorstellte und in überlegener Manier den Tagessieg sicherte.

Bei den Mädchen setzten sich mit Finja Schierl und Jule Behrens übrigens zwei Eigengewächse des Veranstalters durch – durchaus erfreuliche Momente für den ASC Darmstadt, der einmal mehr das Heimspiel mit dem Auftritt von über 60 Kindern zur Werbung in eigener Sache machte.

Ludwig Reiser 

author: GRR

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