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22
03
2009

Für solche kritischen Zusammenfassungen werden Allgemeinärzte mit Läuferklientel dankbar sein: „Ausdauersportler sind seit Jahrzehnten beliebte, ja wissenschaftlich faszinierende Probanden in der Medizin, vor allem wenn neue diagnostische Testmethoden eingeführt wurden.

Laufnebenwirkungen – Ein laufmedizinisches Fachbuch in 2. Auflage – Dieter Kleinmann – Die Rezension von Werner Sonntag

By GRR 0

Wenn ein anspruchsvolles Fachbuch, das nicht gerade billig ist, bereits nach noch nicht einmal drei Jahren neu aufgelegt werden muß, spricht dies eindeutig sowohl für den Bedarf als auch für die Qualität.
 
     „Laufnebenwirkungen“ von Dieter Kleinmann hat sich als medizinisches Standardwerk für die Laufpraxis etabliert; es deckt das Informationsbedürfnis bei allen eventuellen Schädigungen beim Laufen ab, macht aber auch physiologische Vorgänge transparent und belegt grundlegende wie aktuelle Erkenntnisse mit umfangreichen bibliographischen Angaben. Es ist das Buch eines Praktikers mit immenser internistischer, auch kardiologischer Erfahrung, hält aber ebenso wissenschaftlichen Anforderungen stand.

Da es, wenn auch auf hohem Niveau, allgemeinverständlich geschrieben ist, eignet es sich auch für ambitionierte Läufer zur Wissensvertiefung und zum Nachschlagen. In den Fallbeispielen können sich Läufer wiedererkennen. Allgemeinmediziner können daran ihren kritischen Blick für Gefährdungen ihrer Läufer-Patienten schulen.

Dr. Dieter Kleinmann ist nach wie vor selbst leistungssportlich aktiv und leitet einen Lauftreff und eine Herzsportgruppe, hat jedoch seine Praxis in jüngere Hände gelegt. Das ermöglicht ihm eine noch intensivere theoretische Beschäftigung. Die 2. Auflage ist daher nicht einfach ein Nachdruck, sondern um weitere Aspekte und Hinweise auf neue Studien erweitert. Das drückt sich auch in einer Umfangerweiterung aus. Aktuelle Bilder und Tabellen sind hinzugekommen.

Das berühmte Bild der 1. Auflage mit der taumelnden Andersen-Schiess ist vom Titel in den Textteil gewandert und hat einem aktuellen Bild vom Two-Oceans-Lauf 2007, einem Hitzelauf, Platz machen müssen. Die meisten der 99 Abbildungen stammen vom Autor und haben daher einen engen Bezug zur Laufpraxis.
Neu sind insbesondere Erörterungen über den Einfluß des Laufens auf die Hirnleistung, den Belastungskopfschmerz, die Hautkrebsgefahr und die Gefahr zu hoher Trinkmengen; neue Erkenntnisse zur Gefahr der Herzmuskelschädigung werden vermittelt, hier detaillierter als vorher über die Rolle des Tropanins, eines spezifischen Markers für selbst kleine Herzmuskelschäden.

Für solche kritischen Zusammenfassungen werden Allgemeinärzte mit Läuferklientel dankbar sein: „Ausdauersportler sind seit Jahrzehnten beliebte, ja wissenschaftlich faszinierende Probanden in der Medizin, vor allem wenn neue diagnostische Testmethoden eingeführt wurden. Doch immer wieder geben bei diesen Ausdauertrainierten die gewonnenen Laborergebnisse Rätsel in der Deutung auf. Dies begann schon bei normalerweise als pathologisch angesehenen EKG-Veränderungen bei gesunden hoch ausdauertrainierten Sportlern…

Mit der diagnostischen Einführung des Muskelenzyms CK bzw. später CK-MB beim Herzinfarkt gab es nach intensiver muskulärer Ausdauerbelastung ohne Herzbeschwerden ebenfalls Probleme in der korrekten Interpretation formal erhöhter Werte. … Ob die beobachteten kurz dauernden Erhöhungen von Troponin und (NT-pro)BNP oder die reversiblen echokardiographischen Auffälligkeiten bei sehr langen anstrengenden Ausdauerbelastungen auf lange Sicht eine klinische Bedeutung haben, ist bis heute nicht entschieden.“

Für Läufer, die sich durch Laborwerte geängstigt fühlen – mancher auf diesem Gebiet nicht genügend erfahrene Arzt dramatisiert auch unabsichtlich -, bedeutet dies, Diagnosen zu hinterfragen. Dieses Buch, auch wenn vielleicht mancher Fachausdruck nicht verstanden wird, hilft dabei; häufig vorkommende diagnostische Begriffe sind in einem Glossar allgemeinverständlich erläutert.

Wer über den „Nebenwirkungen“ des Laufens, die manchmal schon keine mehr sind – ähnlich wie man auch an den iatrogenen Wirkungen von Medikamenten sterben kann -, unsicher geworden ist, wird im letzten Kapitel beruhigt; auch die Summation der Schäden, die in diesem Fachbuch behandelt werden, ändert nichts an der präventiven oder gar therapeutischen Wirkung des Laufens.

Gelesen und beschrieben von Werner Sonntag
 
Dieter Kleinmann: Laufnebenwirkungen. Vom Ermüdungsbruch zum plötzlichen Herztod: Was können Sie dagegen tun?
Deutscher Ärzte-Verlag, 2. überarbeitete Auflage 2009.
Kart., 372 S. mit 99 meist farbigen Abbildungen und 56 Tabellen. ISBN 978-3-7691-0592-6, 39,95 Euro (D).

author: GRR

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