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06
09
2006

Der BERLIN-MARATHON gehört zu den größten, schnellsten und beliebtesten Marathonläufen der Welt, den sog. „Big Five“ (den World Major Marathons). In Deutschland ist er mit Abstand die Nummer eins. Im Oktober 1974 mit 286 Teilnehmern gestartet, kommen mittlerweile rund 50.000 Menschen aus über 100 Nationen am letzten Septemberwochenende nach Berlin, um die 42,195 km durch die Hauptstadt zu absolvieren.

„Laufen vereint uns“ – Bernd Hübner – mit dem BERLIN-MARATHON laufend älter geworden – Interview zu seinem Buch mit Dr. Detlef Kuhlmann – entnommen aus CONDITION

By GRR 0

Der BERLIN-MARATHON boomt bei den Teilnehmer- und Zuschauerzahlen, sein mediales Interesse wächst weiter weltweit. Hier versammeln sich sowohl die Weltspitze der Marathonläuferinnen und Marathonläufer als auch diejenigen, die eben nur so für sich drei, vier oder noch mehr Stunden laufend durch die Berliner City unterwegs sein wollen, um sich von den zahlreichen Sehenswürdigkeiten inspirieren und von den Tausenden von Zuschauern umjubeln zu lassen. Einer ist von Anfang an immer dabei:

Bernd Hübner (geb. 1947 in Berlin) ist der einzige Läufer der Welt, der alle bisherigen BERLIN-MARATHON-Läufe mitgemacht hat. Seine Bestzeit aus dem Jahr 1984 liegt bei 2:27:04 h. Im Jahr 2005 wurde er durch eine Krankheit zurückgeworfen.

Der 32. real,- BERLIN-MARATHON am 25. September 2005 war daher sein anstrengendster, aber auch sein wichtigster Lauf … jetzt hat er dem Berlin-Marathon eine Liebeserklärung gemacht. Das Buch gibt auch tiefe Einblicke in das total verrückte Läuferleben von „Marathon-Hübi“, dessen BEERLIN-MARATHON im Jahre 2007 sein insgesamt 100. Marathonlauf werden soll.
Bernd Hübner hat aber noch ein viel größeres Ziel: Im Jahr 2023 will er seinen 50. BERLIN-MARATHON laufen.

Im Gespräch mit Prof. Detlef Kuhlmann beantwortete Bernd Hübner einige Fragen zu seinem Leben und Laufen.

Detlef:
Solange wir uns persönlich kennen, und das sind nun immerhin schon fast 10 Jahre, sehe ich dich laufen. Hast du eigentlich jemals anderen Sport betrieben?

Bernd: Sportlich gesehen, bin ich auf dem Wasser groß geworden. Das fing im Grunde während meiner Berufsschulzeit in einer freiwilligen Schülersportgemeinschaft an. Unser Sportlehrer suchte Leute für die Ruderriege der Fernmeldeschule.
Später bin ich dann dem Berliner Ruder-Verein von 1876 beigetreten, der Anfang der 1970er Jahre mit dem Berliner Ruder-Club fusioniert hat. Zwischendurch hatten wir eine Renngemeinschaft mit dem Ruder-Club Brandenburgia. Ich saß im Leichtgewichtsvierer und im Achter. Die Erfolge sollten nicht ausbleiben.
Ich erinnere mich gern an den Gewinn der deutschen Vizemeisterschaft im Achter im Jahre 1970.

Detlef:
Die nächste Frage ist dir wahrscheinlich schon tausend Mal gestellt worden: Warum läufst Du eigentlich?

Bernd: Ich laufe nun schon seit über 40 Jahren und nehme seitdem auch an Wettkämpfen teil. Das Laufen ist ein Lebensbegleiter für mich geworden. Ich möchte auf keinen Fall mehr darauf verzichten.

Detlef: Du betreust nun schon seit über sieben Jahren regelmäßig wöchentlich mehrere feste und für jede Frau und jeden Mann offene Laufgruppen, lädst zu besonderen Läufen durch Berlin ein. Das alles passiert auf völlig freiwilliger und informeller Basis ohne Vereinshintergrund, also ehrenamtlich. Warum machst du das alles eigentlich?

Bernd: Wir alle verfolgen beim Laufen das gleiche Interesse. Hier kommen Jung und Alt, Menschen mit unterschiedlichem sozialen Background und aus unterschiedlichen Kulturen zusammen. Das Laufen vereint uns. Ich darf mittendrin sein. Das ist wunderbar. Mir ist natürlich auch bewusst, dass ich von vielen als eine Art Vorbild wahrgenommen werde.
Ich möchte gerade den Neuen den Einstieg in das Laufen erleichtern und mit dazu beitragen, dass Laufen für sie eine so regelmäßige und selbstverständliche Angelegenheit wird wie beispielsweise das Zähneputzen. Aber: Niemand muss deswegen gleich beim Marathon landen. Zum Laufen kann man niemanden zwingen, nur einladen. Das tue ich mit meinen Laufangeboten.

Detlef: Andere beim Laufen begleiten – das machst du ja nicht nur beim „richtigen“ Laufen draußen. Wie verhält es sich mit dem virtuellen Laufen, das du anbietest?

Bernd: Das eine ist kein Ersatz für das andere. Aber in der Tat: Viele Kontakte zum Laufen beginnen tatsächlich im Internet. Ich betreue zum Beispiel seit einigen Jahren die beiden Internetportale www.laufsportberlin.de und www.havellauf.de. Viele Fotos von unseren gemeinsamen Läufen kann man wenig später schon hier abrufen.
Im Forum werden viele Themen rund um das Laufen gepostet, wie es im Jargon heißt. Ich würde das alles nur nicht als virtuelles Laufen bezeichnen. Es ist höchstens eine virtuelle Seite unserer Laufleidenschaft, die sogar eine wichtige soziale Komponente beinhaltet, weil hier im Forum jeder mit jedem kommunizieren kann. Beim Chatten wird der Erfahrungs- und Gedankenaustausch untereinander gefördert.
Läufer haben immer was zu erzählen und zu diskutieren … beim Laufen sowieso und in unserem Forum auch.

Detlef: Du hast selbst 1990 den Havellauf über 14 km am Wannsee ins Leben gerufen, der nicht nur als einer der schönsten Landschaftsläufe in Berlin und Umgebung gilt, sondern immer schon Monate vor der Austragung im Juli „ausverkauft“ ist. Warum ist der Havellauf so beliebt unter Läuferinnen und Läufern?

Bernd: Da müsste man jeden Einzelnen genau fragen.
Im Ernst: Ich glaube, dafür gibt es mehrere Gründe. An erster Stelle ist sicher die wunderbare Strecke am Wasser entlang zu nennen – wo hat man das schon? Zum anderen dürfte sich die stets familiäre Organisation herumgesprochen haben.
Wir, damit meine ich den großen Helferkreis vom Post SV bzw. jetzt von Pro Sport 24 Berlin, geben uns sehr viel Mühe, für relativ wenig Startgeld einen möglichst gut organisierten Lauf anzubieten. Traditionell endet der ja immer mit einer Tombola, die – das hat angeblich mal jemand genau ausgerechnet – länger dauert als der Lauf selbst. Für mich lautet das Motto immer: Nach dem Havellauf ist vor dem Havellauf. Denn wenige Stunden nach Zielschluss ist das Anmeldeportal für den nächsten Lauf schon eröffnet.

Die ersten Anmeldungen kommen über das Internet online rein. Das organisiere ich alles von zu Hause. Hier hat sich in der Durchführung schon im Laufe der Jahre allerhand geändert und weiterentwickelt, wenn ich nur bedenke, dass wir im ersten Jahr die Ergebnisliste noch handschriftlich erstellt haben. Leider verkraftet die enge Streckenführung nicht mehr Läuferinnen und Läufer als die 800, die wir jedes Jahr zulassen. Mehr geht einfach nicht. Wir müssen auch an die Sicherheit denken.
Deswegen biete ich ja auch zwischendurch immer mal wieder Trainingsläufe auf der Strecke mit Start und Ziel am Flensburger Löwen an. Hier kann jeder kostenlos und ohne vorherige Anmeldung mitmachen.

Detlef: Diejenigen, die dein Buch nun lesen, wissen längst, dass du alle BERLIN-MARATHON mitgemacht hast. Dazu gleich zwei Fragen: Gab es für dich denn eine bewusste Entscheidung dafür, keinen mehr auszulassen? Und: Seit wann bist du eigentlich der Einzige?

Bernd: Das war beim 20. BERLIN-MARATHON im Jahre 1993. Da gab es für die „Dauerrenner“ erstmals eine Ehrung mit großen Torten, gebacken und überreicht von Konditormeister und Renndirektor Horst Milde. Da hat sich dann herausgestellt, dass Rudolf Seydler und ich die beiden Einzigen sind, die bis zu diesem Zeitpunkt alle Berlin-Marathons mitgemacht hatten. Aber es gibt mit den beiden Berlinern Günter Hallas, dem Sieger beim ersten Berlin-Marathon, und mit Wilfried Köhnke noch zwei weitere Läufer, die im Jahre 2005 beide ihren 30. BEERLIN-MARATHON absolviert haben.
Wir drei werden, wenn man so will, mit dem Berlin-Marathon laufend älter …

Detlef: Hast du eigentlich jemals einen deiner inzwischen fast hundert Marathonläufe gewonnen? Bei Zeiten unter 2:30 h., die du ja schon mehrfach gelaufen bist, müsste das doch mal drin gewesen sein?

Bernd: Ja, das war in Berlin beim Marathon des VfV Spandau am 8. Mai 1983. Meine Siegerzeit betrug 2:35:21 h., also noch nicht einmal meine Marathonbestzeit, die kam erst ein Jahr später beim 11. Berlin-Marathon 1984 und liegt daher immer noch bei 2:27:04 h. Natürlich ohne Chip …

Detlef: Bei Olympischen Spielen bist du, so weit ich weiß, noch nicht gestartet. Aber du warst schon einmal für einen olympischen Lauf nominiert?

Bernd: Richtig: Ich durfte am 30. Juni 2004 die brennende olympische Fackel auf dem Weg nach Athen tragen. Das war für mich allerdings leider nur ein zirka 400 m langer Streckenabschnitt mitten durch Berlin auf der Badenschen Straße in Schöneberg. Ich bin extrem langsam gelaufen, um jeden Schritt mit der Fackel auszukosten. Die Sicherheitskräfte um mich herum forderten mich sogar auf, doch ein wenig schneller zu rennen, weil sonst der Zeitplan zum Wechsel nicht eingehalten würde. Es war trotzdem mein kürzester „Wettkampf“, aber zugleich ein wunderbares und einmaliges Erlebnis, das so schnell nicht wiederkommt. Ein Lauf wie ein Traum ohne Ende …

Detlef: Noch einmal zurück zu deiner eigenen Laufkarriere, wieder mit zwei Fragen auf einmal: Wie verhielt es sich denn mit deiner persönlichen Leistungsentwicklung und noch ein bisschen genauer: Wann kam der Umkehrpunkt, wo es nicht mehr nach oben ging, sondern nur noch darauf ankommt, den Prozess des Leistungsabfalls möglichst zu verlangsamen? Und die zweite Frage: Wenn du dein Training von damals und heute vergleichst, worin bestehen die größten Unterschiede?

Bernd: Ich will mich da nicht auf den Tag festlegen, wann diese Wende kam. Sicher ist nur, dass sie irgendwann gekommen ist. Mit 53 bin ich schließlich zum letzten Mal unter drei Stunden gelaufen. Das war im Jahre 2000 beim Hamburg-Marathon – war das die Wende?
Aber man muss auch immer mit bedenken, wie lange ich nun schon aktiv bin. Ich habe genau Buch geführt: 134.193 Trainings- und Wettkampfkilometer von 1979 bis Ende 2005. Es gab mal ein Jahr, das war 1984, da bin ich ohne einen einzigen Ruhetag durchgelaufen. Das sind dann genau 7.166 km geworden, teilweise sogar mit zwei oder drei Einheiten pro Tag bei einem Acht-Stunden-Arbeitstag.
Heute brauche ich natürlich auch regelmäßig einen Tag Pause pro Woche. Darauf freue ich mich genauso wie auf den nächsten Lauf. Wenn ich das Training von früher mit heute vergleiche, dann denke ich, dass die Trainingsmethoden sich nicht grundsätzlich geändert haben. Sie sind eher verfeinert worden. Aber es gibt sicher heute längst nicht mehr so viele leistungsambitionierte Läufer und Läuferinnen in den Hauptklassen wie damals. Eher ist wohl die Breite noch breiter geworden.
Das sollte man positiv sehen.

Detlef: Eine allerletzte Frage zu deinem zukünftigen Lebenslauf sei gestattet: Am 31. Mai 2007 wirst du 60 Jahre alt. Wird das ein Tag wie jeder andere … mit Laufen?

Bernd: Zuerst mal wünsche ich mir, dass ich diesen Tag wirklich erleben darf. Es ist ja noch ein bisschen hin. Natürlich werde ich an diesem Tag laufen, und zwar auf meiner absoluten Lieblingsstrecke an der Havel mit Start am Flensburger Löwen in Wannsee bis zum Schloss Glienicke und zurück.
Und zünftig feiern möchte ich diesen Tag natürlich auch.

Detlef: Ich bin sicher: Alle, die diese Zeilen jetzt gelesen haben, wünschen dir alles erdenklich Gute auf dem Wege dorthin und auf all deinen Wegen danach:
Gesundheit, Glück, Erfolg und Zufriedenheit für deinen weiteren Lebenslauf!

Das Interview ist entnommen:
CONDITION Nr. 09/2006

Bernd Hübner stellt sein neues Buch "BERLIN-MARATHON – eine Liebeserklärung"
am Mittwoch, dem 13. September um 20.00 Uhr
im Jazzlokal "Schlot" von John Kunkeler in der Chausseestraße vor.
Dr. Detlef Kuhlmann und Horst Milde werden ebenso anwesend sein.

author: GRR

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