Aber nein, daran haben wir nicht gedacht. Was Franka Dietzsch bisher erreicht hat, ist vielmehr schon jetzt preiswürdig. Dreimal Weltmeisterin. Das letzte Mal vor ein paar Monaten in Osaka. Mit 39 Jahren
Laudatio zur Verleihung des Goldenen Bandes der Berliner Sportpresse an Franka Dietzsch durch Friedhard Teuffel und Hans Wilhelm Gäb durch Friedrich-Karl Brauns
Es gibt einen wirklich guten Grund, Franka Dietzsch heute – nicht mit dem Goldenen Band auszuzeichnen. Sie einfach da unten sitzen zu lassen, nachher noch ein bisschen mit ihr zu tanzen und ihr am Ende artig zu danken, dass sie uns mit ihrer Anwesenheit beehrt hat. Der Grund ist: Es kann alles noch viel besser werden.
Mit vierzig Jahren zu den Olympischen Spielen. Älteste Olympiasiegerin in einer Einzeldisziplin der Leichtathletik. So könnte es kommen im August in Peking. Und wir könnten uns im nächsten Jahr wieder hier treffen und einen Laudator oder eine Laudatorin genau das erzählen lassen.
Sind wir Sportjournalisten also wieder einmal zu ungeduldig? Oder haben wir ein schlechtes Gewissen, weil es ein Berliner war, der geschätzte Geschäftsführer des Istaf, der im vergangenen Jahr die Abschaffung des Diskuswerfens vorgeschlagen hat? Oder denken wir zu sehr an uns selbst?
Wenn es nämlich so kommt mit dem Erfolg in Peking, dann wird das Goldene Band der Berliner Sportpresse nur eine von vielen Auszeichnungen sein für Franka Dietzsch und vielleicht hat sie dann so viele Einladungen, dass sie unseren Preis von einem Kurier abholen lassen würde und wir würden alleine hier zusammensitzen und uns ein paar bewegte Bilder von ihr auf der Leinwand anschauen.
Aber nein, daran haben wir nicht gedacht. Was Franka Dietzsch bisher erreicht hat, ist vielmehr schon jetzt preiswürdig. Dreimal Weltmeisterin. Das letzte Mal vor ein paar Monaten in Osaka. Mit 39 Jahren. Natürlich reicht uns das noch nicht aus. Mehrfache Weltmeister kennen wir schließlich viele. Weshalb Franka Dietzsch heute hier ist, das ist auch ihre Art, wie sie mit dem Sport und dem Erfolg umgeht.
Es ist schon bewundernswert, wie sie sich immer wieder aufrafft im Winter, um in eine neue Saison zu starten, um hunderte von Würfen zu machen, insgesamt Tausende von Kilo im Kraftraum in Neubrandenburg zu stemmen. Und nicht nur das. Sie folgt den Anweisungen eines Trainers, dem ein Außenstehender den Spaß am Sport erst auf den – sagen wir – fünften Blick ansieht.
Ihr schönster Titel 2007 neben dem WM-Gold, hat sie gesagt, sei daher auch die Wahl zum Champion des Jahres, weil darüber die Sportler entscheiden, also die, die am besten einschätzen könnten, wie viel Arbeit und Einsatz es bedeute, Weltmeisterin zu werden. Dabei erweckt Franka Dietzsch nicht gerade den Eindruck, als wenn sie sonst nichts mit ihrer Zeit anfangen könnte. Sie hat einen ordentlichen Beruf bei der DKB-Bank. Aber wäre es nicht schade, wenn sie ihre sportliche Begabung vorzeitig weggeworfen hätte?
Bei ihrem Verein SC Neubrandenburg hilft sie gerne aus, jedes Jahr mit einem finanziellen Beitrag, aber auch oft mit Zuschüssen für unterschiedliche Projekte, und sei es mal ein Grillfest für die Vereinsjugend.
Sie teilt also das, was ihr der Sport gebracht und gegeben hat.
All ihre Erfolge scheinen sie auch nicht groß verändert zu haben. Wenn ihr Sieg in einem Wettbewerb feststeht, kann diese starke Frau vor Freude hüpfen wie ein großes Mädchen, bis ihre Locken fliegen. Sie kann sich aber auch wunderbar aufregen. Wenn sie etwa bei einer bestimmten Sportveranstaltung nicht mehr werfen darf, sondern nur noch winkend im Cabrio durchs Berliner Olympiastadion fahren soll. Dann zeigt sie einen beinahe schon liebenswürdigen Stolz. Mit ihrem Sinn für Gerechtigkeit ist sie auch bestens geeignet für das Amt der Teamältesten in der deutschen Nationalmannschaft. Man kann sich jedenfalls sehr gut vorstellen, wie sich zierliche Weitspringerinnen an ihren breiten Schultern ausheulen.
Weil wir Sportjournalisten sind, und die Welt nicht schöner reden müssen und sollen als sie ist, will ich – trotz der feierlichen Stimmung – auch noch etwas zum Doping sagen. Man ist gut beraten, für keinen Sportler mehr die Hand ins Feuer zu legen, dazu sind die Enttäuschungen einfach zu zahlreich und zu groß gewesen. Aber für die Jahre, in der ich Franka Dietzsch beim Werfen zuschaue, kann ich auf jeden Fall sagen: Ich habe ein gutes Gefühl. Und es gibt noch ein Indiz für eine saubere Leistung: Ihre Konstanz. Sie ist die einzige Diskuswerferin weltweit, die seit mehr als 23 Jahren über 60 Meter wirft.
Also, liebe Franka Dietzsch: Egal, was Sie in Peking noch Großartiges schaffen, kommen Sie doch einfach auf die Bühne und nehmen Sie unseren Preis bitte jetzt schon an. Im nächsten Jahr können Sie ja trotzdem gerne wiederkommen.
Friedhard Teuffel
Sehr geehrte Gäste dieser SportGala,
wer in einem solch festlichen Rahmen eine Laudatio hält, muß die Etikette beherzigen. Daher bitte ich Sie und den Adressaten, Hans Wilhelm Gäb, um Nachsicht, wenn mir im Verlauf gelegentlich das freundschaftliche "Du" entschlüpft.
Wir sind uns vor über 50 Jahren erstmals am grünen Tisch begegnet.
Im Achtelfinale der Deutschen Tischtennis- Hochschulmeisterschaften 1957 hielt ich mich tapfer, buchte auch
das eine oder andere Sätzchen. Zu mehr reichte es nicht, auch nicht bei späteren Kräftemessen. Niederlagen
hakt man bekanntlich schnell ab, aber einiges ist haften geblieben.
Gäbs konzentrierte, mit Köpfchen vorgetragene Vorhandattacken, deren Präzision und Geradlinigkeit. Wurde er angeschossen, hat er in der Defensive den Ball kontrolliert flach gehalten, wie auch später im Leben.
Der scheinbar kühle Stratege war ein sauberer Stilist, kam ohne unlautere Tricks aus, nicht zuletzt weil er den Rivalen respektierte. Und wer gegen ihn antrat oder ihn auch nur beobachtete, entdeckte bald den entschlossenen willensstarken Kämpfer. – Diese Tugenden, weitere sind im Laufe der Jahrzehnte hinzugekommen, hast Du Dir bewahrt.
Und das …ist gut so!
Schon der Nationalspieler und mehrfache Deutsche Doppel-und Mannschaftsmeister war Teamplayer und Einzelkämpfer zugleich, engagierte sich für seine aufmüpfige Kollegen und gegen verkalkte Funktionäre .- Aktivensprechergab es noch nicht -.
Fleiß, Willensstärke, Kreativität waren kennzeichnend für den jungen Journalisten Gäb, den Mitbegründer und Chefredakteur der renommierten Autozeitung und schließlich lebenslangen Malocher in herausgehobenen und verantwortungsvollen Positionen bei zwei recht bekannten Automobilherstellern.
Bei Ford und Opel nacheinander Vorstands- und Aufsichtsratsposten zu bekleiden, dazu noch die Position Vize-
präsident General Motors Europe, das ist keine Rarität, das ist ein Unikat; aber noch lange kein Grund für die
Verleihung des Goldenen Bandes der Sportpresse"!
Jetzt kommt erneut Tischtennis ins Spiel. 1981 warst Du gemeinsam mit Eberhard Schöler und anderen
Mitstreitern angetreten, den trotz gelegentlicher Erfolge etwas träge dahindümpelnden Tanker Deutscher Tisch-
tennis-Bund in Fahrt zu bringen. Die Anstrengungen haben sich weiß Gott gelohnt. Es mangelt an Redezeit, näher darauf einzugehen.
Die Durchsetzungskraft des Geschäftsmannes, seine Integrität, die Fähigkeit, in Wort und Schrift die Rolle des Sports in unserer Gesellschaft darzustellen hervorzuheben und auch leidenschaftlich zu verteidigen. All' diese Eigenschaften haben dazu geführt, daß aus dem Tischtennisspieler Gäb ein sportpolitischer Mehrkämpfer
der Extraklasse wurde. Dazu noch ein ehrenamtlicher.
Daß´der einstige Sportmarketing-Mann des Jahres und "Insasse" der Hall of Fame für Sponsoring geschäftliche
Verbindungen zu mittelständischen Betrieben wie Bayern München oder florierenden Einzelunternehmen wie "Steffi Graf" unterhielt, war schließlich sein Job.
Jedem war damals anno 1990 klar, daß Gäbs Ernennung zum "Chef de Mission" der gesamtdeutschen Olympiamannschaft Barcelona 1992 nur eine Etappe auf dem Weg zu weiteren außergewöhnlichen Berufungen darstellen würde.
Im Juli 1991 dann die Rückgabe des Mandats aus Gründen beruflicher Überlastung. Die Fassungslosigkeit war allgemein, die Gerüchteküche brodelte, zumal ein Rückzug aus weiteren Ämtern folgte. – Du kamst nicht umhin, 99,8 % der Freunde und Fragesteller zu beschwindeln.
Denn Du bestrittest zu diesem Zeitpunkt schon das schwerste Match Deines Lebens. Der miese, hinterhältige,
unsportliche Kontrahent hieß Gevatter Hein. Am 30. Oktober 1994 hast Du ihn hier im Virchow-Krankenhaus gemeinsam mit dem Team von Professor Neuhaus besiegt. –
Motiviert auch durch den freundlichen Hinweis von Prof. Neuhaus, er würde sein Können nur ungern bei Patienten einsetzen, die nach erfolgter Genesung lediglich den fröhlichen Däumchen drehenden Pensionär spielen wollten. Nun, Deine damalige Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß darf auch in der Nachbetrachtung als sehr gelungen bezeichnet werden !
Der genesene, integre Kämpfer Gäb hat seinem Konzern in schwerer Zeit aus der Bredouille geholfen – Stichwort Lopez-Affaire, später dann aus freien Stücken für sich Konsequenzen gezogen, als er die Verwirklichung seiner Ideen und Strategien gefährdet sah.
Für den Sport aber bist Du bis heute – Zitat Süddeutsche Zeitung: der richtige Mann am richtigen Ort geblieben. Beispiele:
— Mitbegründer der Stiftungen "Sportler für Organspende" und "Kinderhilfe Organtransplantation";
— Mittler, Vermittler bei der etwas schwierigen Gründung
des "Deutschen Olympischen Sportbundes";
— Mentor, ja manchmal geradezu Beschützer von Spitzen-
sportlern ;
— Profilierter Fighter wider die Todsünde Doping;
— Steter Mahner und Beobachter beim komplexen Problem Kommerzialisierung des Sports; Deine "Bergpredigt" über die Situation des Sports in unserer Gesellschaft, gehalten 2002 vor der European Business School hat nichts an Aktualität und Brisanz verloren.
Hans Wilhelm Gäb, nie der Lautstärkste, aber immer so eindringlich und überzeugend, dass jeder es kapieren
musste. — Stimmberechtigter Tischtennis-Ehrenpräsident, für die meisten dort ein willkommener, für einige Provinz- und Vereinsfürsten ein unbequemer Einmischer.
— Und das Beste zum Schluß: erfolgreicher Nothelfer und Krisenmanager in der Deutschen Sporthilfe
Gestatten Sie mir, liebe Frau Hella Gäb, eine Verbeugung in Ihre Richtung und die Danksagung, daß Sie diesen Workaholic so viele Jahrzehnte geduldig begleitet, unterstützt und – möglicherweise auch ertragen haben.
Erstaunlich lieber Hans Wilhelm, daß Du zwischendurch trotz permanenten Termindrucks diverse Ehrungen und
Auszeichnungen persönlich entgegennehmen konntest.
Unter anderem:
— das Bundesverdienstkreuz
— das große Verdienstkreuz
der Bundesrepublik Deutschland
— der Olympische Orden des IOC
— der Laureus Medienpreis
— "Sportmarketing-Mann des Jahres"
Dazu gesellt sich nun das kleine, feine traditionsreiche G o l d e n e B a n d d e r S p o r t p r e s s e , das 1969 als bisher einziger gelernter Tischtennis-Spieler Dein Freund und Weggefährte Eberhard Schöler erhalten hat.
Und damit Du in Deiner möglichen Dankesrede einmal mehr den Historiker Theodor Mommsen oder den Komponisten Johannes Brahms zitieren kannst, noch ein Statement des hochgeschätzten Journalisten-Kollegen Wolfgang Niersbach, jetzt Generalsekretär des Deutschen Fußballbundes:
"Hans Wilhelm Gäb – ein edler Mensch, der in seinem Leben so unendlich viel geschaffen und geschafft hat, ohne abzuheben."
Friedrich-Karl Brauns