In Dresden ist der Sportsoldat Karl Bebendorf Leichtathletik-Ikone und Jugendidol zugleich.
Seine Popularität verdankt der schneidige Sachse seinen laufsportlichen Meriten, denn der seit Kindesbeinen wettkampfgestählte 28-Jährige ist mittlerweile fünfmaliger Deutscher Meister im seelisch wie körperlich extrem anspruchsvollen Hindernislauf.
Als Olympiakämpfer, Weltmeisterschaftskonkurrent und Europameisterschaftsvierter des Münchener Sommermärchens von 2022 will der geborenen Elbflorentiner 2024 erneut sächsisch-deutsche Sportgeschichte schreiben. Aktuell Deutschlands bester 3.000 Meter Hindernisspezialist, gelang dem Spitzenathleten des Dresdner Sportclubs 1998 der scharfe Einstieg in die Freiluftsaison mit einem konkurrenzlosen Sieg bei einem kürzlichen Testlauf über die 2.000 Meter Unterdistanz.
Der Berliner Sportjournalist Volker Schubert begleitete den Kaderathleten des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV) nach seinem Auftaktsieg in der Rudolf-Harbig-Metropole entlang seiner internationalen Wettkampfstationen bis in die italienische Hauptstadt. Nach seinem geglückten EM-Vorlauf im topsanierten „Stadio Olimpico di Roma“ gilt der heimatverbundene Militärathlet nicht nur als Medaillenaspirant im Rom-EM-Finale sondern ebenso als Olympiahoffnung für die Pariser Sommerspiele.
Sachsens Landeshauptstadt, das Stadion an der Bodenbacher Straße Mitte Mai: Saisonstart beim Leichtathletik-Sportfest des Dresdner Sportclubs 1898. Und plötzlich stand die strohblonde Hedwig vor ihrem Autogramm-Star. Mit leuchtend blauen Augen und freudestrahlendem Gesicht bat die Elfjährige um ein Smartphone-Foto. Für Karl Bebendorf, das sportliche Idol der ranken wie schlanken Jungdresdnerin eine Ehrensache, der begeisterten Leichtathletik-Novizin den Wunsch zu erfüllen. Kaum geschehen, stand auch schon der drahtige Lando für ein Autogramm Spalier. Der bekam ebenfalls blitzende Augen, als Karl Bebendorf sein Athleten-Signet auf dem Sporthemd des kernigen Nachwuchsläufers verewigte.
Leuchtendens Vorbild für die deutsche Leichtathletik-Jugend
Als sich die untere Tribünengasse der Elbestädter „Margon Arena“ kurzzeitig zur Fan-Meile für den Sportsoldaten der sächsischen Sportfördergruppe Frankenberg mauserte, war es gut fünfzehn Minuten her, dass der Dresdner Vorzeige-Leichtathlet Karl Bebendorf sein Saisondebüt im sportphysiologisch hochkomplexen Hindernislauf bestritten hatte: natürlich mit dem erwarteten Start-Ziel-Sieg und vor einem engagiert mitstreitenden Verfolgerfeld von talentierten U20-Athleten. Für den Sportsoldaten ging es nach dem langen Wintertraining mit konsequenter Hindernis-Abstinenz nach der wettkampfspezifischen Frühjahrsvorbereitung mit zwei Bundesstützpunkt-Aufenthalten vor allem darum, den angesammelten „Flugrost“ von den Schienbeinen abzustreifen.
Schließlich diente sein erstes Hindernisrennen dem Aufpolieren für die extrem hochkarätige Freiluftsaison, als der fünffache Deutsche Meister über die 3.000 Meter Hindernisstrecke bei traditionellen DSC-Heim-Meetings unter den mehr als 400 überwiegend nationalen Startern aus mehr als 60 Vereinen an die Startlinie trat. Zudem ein Einläuten der besonderen Art, denn Karl Bebendorf startete seine Hindernissaison über die kürzere 2.000 Meter Distanz. Eine sogenannte „krumme Strecke“, bei der der Favorit dennoch nichts anbrennen lassen wollte. Gleich von Beginn an den Rennverlauf dominierend, zog Deutschlands aktuell bester Hindernisspezialist Runde für Runde davon. Immer allein gegen wechselnde Windlagen, stets im Psycho-Duell mit sich und der Zeit.
Nach 1.000 Metern ließ die sehr schnelle Zwischenzeit von 2:43 Minuten bereits erahnen, dass es bis zur Ziellinie richtig weh tun würde. Und dennoch, in gewohnter Eleganz memorierte der Weixdorfer die 91,44 Zentimeter hohen Balkenhindernisse einschließlich des Wassergrabens mit ausgefeilter Lauftechnik. Am Ende ein routinierter Parforceritt des 28-jährigen Mittelstrecken-Haudegens, der nach den fünf 400 Meter Stadionrunden in 5:28,30 Minuten finishte – nur zirka drei Sekunden von seiner bisherigen Dessauer Meeting-Bestzeit aus Jahr 2021 entfernt.
2.000 Meter Hindernis-Sieg: Edelstahl folgt Flugrost
Am Ende ein Stelldichein nach Maß, bei dem Karl Bebendorfs Schienbeine nun in Edelstahl glänzten, so das Resümee des Münchener EM-Vierten, der erst eine Woche zuvor aus dem anspruchsvollen Trainingslager in Kienbaum mit noch recht schweren Beinen in seine Heimatstadt zurückgekehrt war. „Mit der Zeit aus dem vollen Training heraus kann ich zufrieden sein“, sagte Karl Bebendorf gegenüber Bundeswehr Sport-Magazin. Sein erstes Hindernisrennen sei „verdammt hart“ aber auch schön gewesen, so der Militärathlet, der trotz des heftigen Schmerzes seine „gute Form“ spüren konnte.
Und so dürfte dem Dresdner Kaderathleten des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV) mit seinem gelungen Fünf-Runden-Anlauf auch ein erster wettkampfspezifischer Balanceakt gelungen sein: Angesichts der ersten zu schnellen Runde, dabei dem Gegenwind zu trotzen und dem Umstand, ein „einsames Rennen gelaufen“ zu sein, sei das Dresdner Meeting letztlich ein guter Formtest für das 3.000 Meter Hindernisrennen in der Folgewoche in Polen gewesen, so Karl Bebendorfs Einschätzung.
Acht. Sechzehn. Vierundachtzig. Karls neue Bestzeit!
Und in der Tat, sieben Tage später löste der Dresdner seine ambitionierte Prognose dann auch mit Pauken und Trompeten ein, als er beim Silber-Label-Meeting im polnischen Chorzów (ehemals Königshütte) zur neuen persönlichen Bestzeit stürmte. Das 3.000 Meter Hindernisrennen, mit dem Sieger Hailamaryam Amare (8:15,61 Minuten) aus Äthiopien international hochkarätig besetzt, bot für den Dresdner dann auch das richtige Renntempo für seine neue Bestzeit in 8:16,89 Minuten – dem deutlichen Unterbieten der EM-Norm für Rom und nur knapp zwei Sekunden von der Olympia-Norm für Paris entfernt. Mit dem zweiten Toppen der unter 8:20 Minuten Marke in seiner Karriere wollte es Karl Bebendorf nur wenige Tage später noch einmal wissen.
Mit Doppelbelastung absolute Wettkampfhärte tanken
Als Härtetest für die Rom-EM, so der Wettkampfauftrag seines DSC-Trainers Dietmar Jarosch, sollte das Spitzen-Meeting in Marseille dienen, bei dem Karl Bebendorf erneut über seine Spezialstrecke startete. Und so wurde es nochmals richtig hart, als der DSC’er in 8:22,38 Minuten auf Rang Platz acht landete – in einem erneut international hochkarätigem Rennen, denn der Sieg fiel in 8:12,44 Minuten an den Äthiopier Samuel Duguna. Und dennoch, die hochdosierte Doppelbelastung war Teil des EM-Plans, denn in Rom gebe es auch Vor- und Endlauf in dichter Folge, so das sächsische DLV-Ass, das im Endeffekt genau diese extreme Belastungsfolge simulieren wollte. Nach Polen, wo er mit seiner Bestzeit „ordentlich Körner lassen musste“, habe er es sich beim Wettkampf in Frankreich noch mal richtig gegeben wollen – als ultimatives Trainingsziel, womit sich sein Start in Marseille auch wirklich gelohnt habe, wie der Sportsoldat zu Bundeswehr Sport-Magazin bilanzierte.
Karl Bebendorf hakt Minimalziel Rom-Finale souverän ab
Sein zuvor geplantes Wettkampf-Triple, das mit einem 1.500 Meter Start beim internationalen Meeting in Dessau enden sollte, ließ Karl Bebendorf aus Regenerationsgründen und mit wettkampfplanerischem Weitblick Richtung Rom-EM aus. Zu Recht, denn in Rom legte Karl Bebendorf einen Finaleinzug mit Augenmaß hin. Nahezu erwartungsgemäß gestaltete sich der Vorlauf als taktisches Geplänkel: Auf die ersten 1.000 Meter, die als ständiges Belauern und taktisches Sortieren abliefen, folgte eine Durchgangszeit von 3:03 Minuten. Und so deutete das Bummeltempo auf dem ersten Drittel darauf hin, dass die Entscheidungen für den Finaleinzug der besten Vorlauf-Acht auf den letzten 400 Metern fallen würden, weil erste Ausreißversuche keine Vorentscheidung brachten. Auf der letzten Runde ging dann allerdings die Post ab: in immer wieder spannungsgeladenen, intervallartig antrittstarken Sekunden, denn keiner der Konkurrenten wollte wirklich Federn lassen.
Am Ende ein kontrollierter Kraftsparvorlauf mit vielen taxierenden Blicken, bei dem sich der Dresdner Meisterläufer in 8:34,11 Minuten mit Rang fünf fürs Finale qualifizierte. Vorlaufsieger wurde der Franzose Djilali Bedrani in 8:33,63 Minuten vor dem stark aufkommenden Deutschen Velten Schneider (VfL Sindelfingen), der in 8:34,00 Minuten finishte. „Hauptsache weiter“, kommentierte Karl Bebendorf seinen solide verlaufenen Finaleinzug trocken. Hindernisrennen wären immer anstrengend, doch er „habe versucht, effektiv und effizient zu laufen“, was ihm auch gelungen sei. Einen völlig anderen Rennverlauf bot der zweite und zugleich letzte Vorlauf, der im gesamten Streckenverlauf durch den Sportsoldaten Frederik Ruppert (LAV Stadtwerke Tübingen) dominiert wurde. Im Ziel in ebenso kontrollierten, am Ende ausgetrudelten 8:21,49 Minuten auf Platz zwei, stehen nun drei engagierte Deutsche im Finale, was dem Endlauf aus nationaler Perspektive zusätzliche Spannungsimpulse verschaffen dürfte.
Deutsche Hindernis-Phalanx mit Karl Bebendorf im Rom-Finale
Denn wenn der 28-jährige Dresdner – aktuell der Sechstschnellste in Europa – sein ganz großes Ziel, nämlich erstes Edelmetall internationalem Parkett erreichen will, wird er auch mit den beiden Deutschen rechnen müssen. Rein faktisch gehört der sächsische Sportsoldat indes zu den ernsthaften Medaillenaspiranten, wenn er sein technisches Vermögen und sein Leistungspotenzial als Mittelstreckler voll und ganz ausschöpfen kann. Für die deutsche Phalanx dürfte es im Finale insgesamt ratsam sein, sich taktisch überlegen einzuordnen, das Feld tempomäßig einzuhegen und die Entscheidung auf den letzten 1.000 Metern zu suchen – möglicherweise mit der einmaligen Chance auf mehrfaches Edelmetall.
Bundeswehr Sport-Magazin E x k l u s i v
Im Interview mit dem Dresdner Sportsoldaten, fünfmaligen Deutschen Meister im 3.000 Meter Hindernislauf, Olympioniken wie EM-Vierten von München 2022 und MBDA LaufCampus.24 Botschafter Karl Bebendorf, seinem DSC-Heimtrainer Dietmar Jarosch und dem DSC-Leichtathletik-Chef Michael Gröscho
LaufCampus.24: Kommunikation mit MBDA weiter ausbauen
Kurz nach seinem gelungenen Dresdner Saisoneinstieg über die 2.000 Meter Hindernis sprach Volker Schubert, exklusiv für Bundeswehr Sport-Magazin mit Karl Bebendorf, seinem DSC-Heimtrainer Dietmar Jarosch und dem Vorsitzenden der Leichtathletik-Abteilung des DSC, Michael Gröscho, über die Karrierewege des Dresdner Vorzeigeathleten, seine Spitzensportförderung durch die Bundeswehr und sein laufsportliches Engagement für den innovativen bayrischen Lenkflugkörperproduzenten MBDA Deutschland.
BwSportMag: Karl, internationaler Spitzensport 2024, da stehen unzweifelhaft die Leichtathletik-Europameisterschaften in Rom und die Olympischen Spiele in Paris in unübersehbaren Lettern auf Deiner Agenda. Und nicht zu vergessen, dazwischen das nationale Intermezzo mit den deutschen Meisterschaften in Braunschweig, wo Du Dich mit Sicherheit anschicken wirst, Deinen sechsten Deutschen Meistertitel in Folge zu verteidigen. Nach zwei vorherigen Trainingslagern am Brandenburger Bundesstützpunkt Kienbaum, wie bewertest Du Deinen heutigen Einstieg in die Freiluftsaison hier inmitten Deiner Dresdener Fangemeinde?
In Dresden für Rom gehärtet
Bebendorf: Es tat auf jeden Fall weh! Das hatte ich zuvor auch schon vermutet. Gerade im Alleingang war das Rennen schon eine ziemlich schmerzhafte Angelegenheit hinten raus gegen seinen eigenen Kopf anzukämpfen. Ein wirkliches Ziel gegen gleich- oder höherwertige Gegner war hier ja nicht erkennbar. Die Zeit ist insofern auch uninteressant, denn eine Norm kann ich damit auch nicht holen und Punkte sammle ich damit auch nicht. Im Grunde war das ein reiner Trainingslauf.
Das Ziel meines Trainers habe ich aber erreicht! Das war dann insgesamt auch deshalb wirklich hart, weil ich zunächst zu schnell angelaufen bin. Das kann passieren, wenn man alleine läuft und mehrere Wochen aus dem Wettkampfgeschehen raus war. Das Rennen hat mich jedenfalls gehärtet und ich weiß nun, dass ich für die kommende Woche in Polen über die 3.000 Meter Hindernis körperlich voll belastbar bin.
BwSportMag: Fazit, Du schätzt Dein Leistungs- und Gesundheitsbild damit als erfreulich ein, lese ich daraus ab. Lässt Dein heutiger Sieg mit rund 5:28 Minuten bei einem Rennen über die Volldistanz eine Prognose mit Leistungssprung auf 8:15 Minuten zu?
Bebendorf: Ich stufe die heutige Leistung als ok ein. Es war nicht schlecht, und ich bin auch nicht groß abgekackt. Es war aber auch nicht total super, denn Bestzeit bin ich ja heute auch nicht gelaufen. Den Umständen entsprechend war die Leistung auf jeden Fall solide!
BwSportMag: Abgesehen von Deinen Trainingslagern in Südafrika, Spanien oder den Höhenlagern im schweizerischen Sankt Moritz, baust Du regelmäßig auf Schwerpunktsetzungen am Bundesstützpunkt Kienbaum. Was ist für den Einzelkämpfer Karl Bebendorf der entscheidende Reiz, der Dich zusammen mit Deinem DSC-Toptrainer Dietmar Jarosch immer wieder ins östliche Brandenburg führt?
Bebendorf: Im Kienbaum verfüge ich über die besten Bedingungen, die ich mir vorstellen kann. Eine tolle, breit aufgestellte Trainingsinfrastruktur, bei der ich auch meine Ruhe und Erholung finden kann. Bei aller Trainingshärte verbirgt sich hier immer wieder auch das Genießen. Im Wettkampf wünsche ich mir eigentlich ein Feld, bei dem ich mich reinhängen kann und im Rennverlauf dann auch voll zeigen kann, wofür ich mich so lange geschunden habe.
BwSportMag: Jetzt steht logischerweise der nächste Sprung ins kalte Wasser an. Gegenüber der internationalen Konkurrenz mit Edelstahl in den Beinen bestehen, sich im europäischen Kräftemessen möglichst weit vorne einreihen, dürfte nun demnächst in Chorzów anstehen?
Bebendorf: Ja, genau. Mit der Zeit von heute weiß ich, dass ich gut drauf bin. Aber ich muss halt noch einen Kilometer weiterlaufen. Ich hatte heute letztlich einen guten Einstieg, bin gesund und bin deshalb auch auf die nächste Herausforderung gespannt. Konkrete Schlüsse zu ziehen, das wäre allerdings noch zu verfrüht. Auf welche Konkurrenten ich in Chorzów treffen werde, weiß ich jetzt nicht. Es ist auf jeden Fall ein Silber-Meeting mit Tempomachern, und es werden überwiegend Europäer an den Start gehen. Ich stelle mich jedenfalls auf ein gutstrukturiertes Rennen ein.
BwSportMag: Schauen wir mal auf Deine nationale Konkurrenz. Mit Deinem Bundeswehr-Sportkameraden Frederik Ruppert in 8.17 Minuten und dem DLV-Konkurrenten Niklas Buchholz (LSC Höchstadt/Aisch) über die 2.000 Meter Hindernis, haben beide eine beachtliche Form präsentiert. Wie schaust Du aktuell auf die beiden DLV-Herausforderer, die gleichwohl EM- und Olympia-Ambitionen hegen?
Bebendorf: Es war schon zu erwarten, dass beide gut in Schuss sind. Natürlich weiß ich das einzuordnen, aber ich weiß auch, wozu ich in der Lage bin. Ich denke, dass ich jetzt auch besser geworden bin, und ich muss die Form einfach nur abrufen. Ich brauche mich hier nicht zu verstecken. Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft, aber ich will natürlich besser sein.
BwSportMag: Die erste große Station für Dich ist natürlich die EM in Rom. Wie sehen da Deine Zwischenschritte aus, welchen Wettkampf-Fahrplan mit welche Belastungen verfolgst Du hier?
Bebendorf: Ich ziehe jetzt noch eine Meeting-Reihe mit drei Wettkämpfen innerhalb einer Woche durch, wenn gesundheitlich nichts dagegen spricht und der Körper mitspielt. Dann steht eine kurze, regenerative Pause an, und dann geht es schon wieder in die direkte Trainingsvorbereitung für Rom. Viel Zeit ist also nicht mehr.
BwSportMag: Die Zeit läuft bekanntlich im Sauseschritt mit und Deine engsten Konkurrenten, wie Sportkamerad Frederik Ruppert, lassen regelmäßig mit Topzeiten aufhorchen. Deshalb, im Zeitraffer, ein kurzer Rückblick in die Corona-Maskenphase um 2020, in die ja auch Deine Integration in Deine sächsische Sportfördergruppe unter den Fittichen deren Leiters, dem ehemaligen Top-Skilangläufer Jan Fiedler, in Frankenberg fiel. Wenn Du jetzt – Gott sei Dank längst vom Maskenzwang befreit – die letzten vier Jahre mit Blick auf die Entwicklung Deines direkten Konkurrenten-Umfelds in Deutschland Revue passieren lässt, welchen Stellenwert misst Du der militärischen Spitzensportförderung für Deinen Karriereaufbau bei?
Sachsens Bundeswehr Sportfördergruppe Frankenberg großer Rückhalt
Bebendorf: Die Bundeswehr ist im Kern mein großer Rückhalt, was das Gesamtkonstrukt Spitzensport angeht. Die Sportfördergruppe in Frankenberg hält mir im Endeffekt den Rücken frei und ermöglicht mir, meinen sportlichen Alltag kompromisslos durchführen zu können. Das weiß ich sehr zu schätzen! Und dieses Privileg möchte ich in meiner Zeit, in der ich wirklich noch danach strebe, weiter zu kommen, auf gar keinen Fall hergeben. Und natürlich, so eine nationale Konkurrenz bereitet mir dafür dann auch den nötigen Druck. Aber dieser Druck hat auch sein Positives, wenn es um den ständigen Willen zur Leistungssteigerung geht.
BwSportMag: Als geborener, ja eingefleischter Dresdner trainierst Du ‚natürlich‘ im Dresdner Sportclub. Seit 1898 ein absoluter Traditionsverein, wenn ich an klingende Namen, wie den Wunderläufer der 1930er und 1940er Jahre, Rudolf Harbig, aber auch Deinen Disziplinkameraden der 1980er Jahre, Hagen Melzer, und den Top-Mittelstreckler Andreas Busse – um nur einige zu nennen, denke! Alles schillernde Figuren früherer Leichtathletik-Epochen. Mit Deiner spitzensportlichen Frische und Deinen bisherigen Erfolgen dürftest Du Dich längst in diese exklusive DSC-Ahnengalerie eingereiht haben. Wie fühlst Du Dich neben der Bundeswehr in Deiner Heimat beim DSC aufgehoben, was die Trainingsbedingungen mit der DSC-Halle, die soziale Integration und den vereinssportlichen Rückhalt betrifft?
Karl Bebendorf seit 20 Jahren DSC-Traditionsstifter
Bebendorf: Ich lebe meine Tradition rückblickend quasi seit meinem neunten Lebensjahr. Von den sporttechnischen Rahmenbedingungen kann ich mich nicht wirklich beschweren. Ich glaube, entgegen der Vorstellung, dass es in Deutschland viele Leistungszentren geben würde, ich hier in Dresden mit dem neuen Stadion, mit der Trainingshalle und der Umgebung insgesamt sehr gut aufgehoben bin. Und das ist ein Privileg, das man nur an wenigen Standorten in Deutschland vorfindet. Und dazu kommt, dass Dresden natürlich meine Heimat ist. Für mich gibt es deshalb auch keinen Grund, mich nach einer anderen sportlichen Heimat umzuschauen. Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung des Vereins, Und deshalb kann ich keinen Grund erkennen, diese Tradition, die ich im DSC aufgebaut habe, zu unterbrechen.
BwSportMag: Summa summarum, der DSC verheißt Dir Stabilität – definitiv also auch kein Vereinswechsel in Sicht?
Bebendorf: Die Konstanz hat sich bisher ausgezahlt. Das bezieht sich insbesondere auf mein Training und vor allem auf meinen Trainer Dietmar Jarosch. Jedes Jahr vereinsmäßig irgendwo anders hinzuhüpfen, würde diesen Prozess unterbrechen. Dass, was im DSC funktioniert, will ich deshalb auch so weiterführen.
BwSportMag: Heute, das DSC-Meeting in seiner Heimatstadt, für Karl das erste Hindernisrennen, der klare Einstieg in eine mit den Europameisterschaften in Rom und den Sommerspielen in Paris sporthistorisch absolut einmalige Saison. Dietmar, 2.000 Meter Hindernis, eine der sogenannten ‚krummen Strecken‘, ein erster Testlauf, was sagt der Trainer?
Wettkampfhärte in Kienbaum getankt
Jarosch: Ja, genau! Du hast es richtig benannt. Das war für Karl heute ein Testlauf, ein harter Trainingslauf. Wir hatten jetzt auch eine wirklich harte Trainingsphase in Kienbaum. Und entsprechend dieser Bedingungen heute, Solotempo bei böigen Windbedingungen, ist Karl eine ansprechende Zeit gelaufen. Im Ziel hatten wir eine 5:30 Minuten anvisiert und die hat Karl nicht nur geschafft, sondern noch um knapp zwei Sekunden unterboten. Nächste Woche folgt dann der Einstieg in Chorzów über Karls eigentliche Wettkampfdistanz mit 3.000 Metern Hindernis. Ich glaube, dass dieser 2.000 Meter Testlauf heute noch einmal gezeigt hat, dass man vorne diszipliniert laufen muss. Nicht zu schnell angehen muss, sondern erst einmal im Feld mitschwimmen und dann hinten raus Druck machen muss. Ich glaube, dass wir dann auch eine gute Zeit von Karl sehen werden.
BwSportMag: Trotz des zeitlichen Abstands wiesen die beiden Trainingslager im Bundesstützpunkt in Kienbaum gleichzeitig eine zeitliche Dichte auf. Hinsichtlich des Leistungsaufbaus und der Erzielung von streckenspezifischer Stabilität, welche Schwerpunkte und Akzente wolltet ihr im Brandenburger Trainingszentrum damit setzen?
DSC-Trainer Dietmar Jarosch: Kienbaum bietet Topbedingungen
Jarosch: Im ersten Trainingslager haben wir uns noch stärker auf die Grundlagen konzentriert. Beim zweiten Aufenthalt standen dann die Tempoläufe in Richtung Endgeschwindigkeit im Vordergrund. Und das haben wir eigentlich immer gut getroffen. Vor allem gab es für Karl keinerlei gesundheitliche Einschränkungen. Die Bedingungen in Kienbaum sind sehr gut. Erst einmal raus aus Dresden, denn mit dem Neubau des Steyer-Stadions sind die Trainingsbedingungen deutlich komplizierter geworden. Vor allem, weil sich viele andere Sportler nun auch auf dem Nebenplatz einfinden. Der Hindernisläufer braucht für sein Training aber Hürden und Balken und die kann man nicht einfach aufstellen, wenn andere Athleten und Nachwuchsläufer auch auf der Bahn trainieren wollen. Dann ist der Platz eben voll. Deshalb ist Kienbaum für uns immer eine runde Sache.
BwSportMag: Gleich noch zu Kienbaum nachgehakt. Karl ist dort immer als absoluter Einzelkämpfer unterwegs. Wie gestaltet ihr beide neben der körperlichen Wettkampfvorbereitung vor allem auch den mentalen Sprung in das eigentliche Renngeschäft, um gegenüber der nationalen wie der internationalen Konkurrenz performen zu können?
Jarosch: Karl verfügt da schon über ein stabiles Nervensystem. Ich würde aber insgesamt schon sagen, im Falle, dass man das organisieren könnte, dass die Besten im Trainingslager zusammenkommen. So kämpft jetzt jeder für sich alleine und das gilt natürlich auf für Karl. Meine Vorstellung geht hier zurück in eine andere Zeit, als das früher eben genau anders herum lief. Da wurde es jedenfalls so organisiert, dass die Athleten zusammen an einem Ort trainieren und sich dabei im gemeinsamen Training auch immer wieder gegenseitig fordern und antreiben konnten.
BwSportMag: Während des vergangenen Winter- und Frühjahrstrainings engagierte sich Karl im Format LaufCampus.24 als Laufbotschafter und Trainingscoach beim bayrischen Lenkflugkörperbauer MBDA. Im Gegensatz zum Trainingsalltag eines Profiathleten gewiss ein Kontrastprogramm innerhalb eines veränderten sportsozialen Umfeldes. Aus Sicht des langjährigen Sportpädagogen, wie bewertest Du Karls Einsatz im MBDA-Gesundheitsmanagement – auch mit Blick auf die Persönlichkeitsbildung, die geistig-emotionale Professionalisierung von Spitzensportlern und natürlich auch hinsichtlich der Einbindung in den Trainingsaufbau?
MBDA-Initiative LaufCampus.24 dient Karriereaufbau
Jarosch: Ich denke, es ist gut für Karl sich als Spitzensportler bei MBDA einzubringen und den Mitarbeitern dabei zu zeigen, wie man Berufliches durch gezieltes Lauftraining und Gesundheitsbewusstsein optimieren und in Einklang bringen kann. Das dient in der Tat der Charakterformung und Persönlichkeitsbildung und bietet Karl eine gute Gelegenheit zum Karriereaufbau nach dem Leistungssport.
Dass Karl dabei für die Leichtathletik und den Laufsport wirbt, ist ebenfalls lobenswert. Die MBDA-Initiative LaufCampus.24 ist auf jeden Fall vorbildlich. Karls Einsatz ist aber auch Werbung für den Dresdner Sportclub. Ich finde, wir sollten hier Verbindung halten und die Kommunikation mit MBDA weiter ausbauen. Auch aus diesem Grund haben wir die Laufsymposien während des Wintertrainings immer so eingeplant, dass Karls Engagement in den Entlastungswochen stattfand.
BwSportMag: Michael Gröscho, ehemals beinharter und laufstarker sächsischer Mittelstreckler und nun DSC-Leichtathletik-Funktionär, welchen Stellenwert nimmt ein Vorzeigeathlet wie Karl für den Freistaat, die Sportstadt Dresden, den DSC und die Laufszene in Sachsen insgesamt ein?
Gröscho: Zunächst schätzen wir als DSC und ich an Karl, dass er dem DSC seit vielen Jahren treu geblieben ist. Das ist in der deutschen Leichtathletik-Gemeinschaft ja nicht gerade üblich. Karl ist beim DSC groß geworden, hat sich hier entwickelt, hatte auch Rückschläge, Hochs und Tiefs. Durch Karls Vita hat sich mittlerweile auch eine starke Laufgruppe im DSC etabliert. Karl kann es sicherlich am besten einschätzen, was seine Zeit aktuell wert ist. Das, was Karl aber aktuell ausstrahlt, ist sein Optimismus und wie er die Dinge professionell angeht. Und natürlich haben wir die Hoffnung, dass Karl nicht nur Rom, sondern vor allem Paris sieht. Und zwar aus der Perspektive, dass er nicht nur dabei gewesen ist, sondern hoffentlich als Finalist. Dafür drücken wir ihm fest die Daumen!
BwSportMag: Karl ist sicherlich ein sehr disziplinierter Kämpfertyp, der immer wieder bereit ist, seine Leistungsgrenzen hinauszuschieben. Inwieweit ist es für euch aus DSC-Sicht bedeutsam, das Karl Sportsoldat der Bundeswehr und damit Staatsbürger in Uniform mit nationalem Auftrag als Spitzensportbotschafter ist?
Gröscho: Wenn wir uns den Spitzensport in Deutschland anschauen, sehen wir klar, dass die Vereine diese Sportunterstützung gar nicht alleine leisten können. Das gilt weit über Dresden hinaus. Deswegen ist es so wichtig, dass der Staat sagt: wir haben die Bundeswehr, die Bundespolizei, die Landespolizei und den Zoll. Damit bestehen Möglichkeiten, Athleten so systematisch zu unterstützen, dass sie den Rücken sportlich wirklich frei und nach ihrer Karriere etwas in der Hand haben. Das ist durch die Sportfördergruppe beispielsweise hier speziell in Sachsen ein Garant dafür, dass wir überhaupt in die europäische Spitze vordringen können.
BwSportMag: Die Bahnleichtathletik-Saison endet aus deutscher Sicht regelmäßig mit dem Internationalen Stadionfest – dem Berliner ‚ISTAF‘ – seit 1937 traditionell im 1936er Olympiastadion ausgetragen. Nahezu gleichzeitig dürfte sich mit der Wiedergeburt von Dresdens sporthistorisch bedeutsamem ‚Goldenen Oval‘, das sich Ende August in der neuen Edelanlage des Steyer-Stadions gewiss glanzvoll präsentieren wird, eine weitere deutsche Leichtathletik-Perle etablieren. Dass Karl hier als Dresdner Protagonist trotz EM- und Olympia-Herausforderungen in seiner Heimatstadt dennoch ein Stelldichein über siebeneinhalb Hindernisrunden geben wird, gilt derzeit als sicher. Wie wichtig ist es für das Goldene Oval und den DSC neben internationalen Athleten auch einheimische Leichtathletik-Stars am Start zu wissen?
Gröscho: Da zitiere ich gerne Karl, der über das Steyer-Stadion sagte: ‚Das ist mein Wohnzimmer‘. Das zu spüren, was an Publikum hinter einem steht, die Resonanz, die man hier in der Heimat erfährt, das ist auf der Etage, auf der sich Karl bewegt, ein echter Stimmungsverstärker. Deswegen freuen wir uns sehr, dass Karl hier seine spitzensportliche Präsenz auch angekündigt hat. Trotz konsequenter olympischer Ausrichtung! Stadionrekorde sind mit Karl jedenfalls nicht unrealistisch und damit ausgeschlossen. Das Dresdner Publikum hat sich jedenfalls über die Jahrzehnte hinweg immer als sehr Leichtathletik-affin gezeigt. Eine Fangemeinde, die Leistungen auch objektiv einschätzen und honorieren kann. Das ist unser Wunsch beim Goldenen Oval mit Karl und einer tollen 3.000 Meter Hindernis!