Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) ruft zum Jahresende erneut gemeinsam mit dem Förderverein "Freunde der Leichtathletik" sowie der Fachzeitschrift "Leichtathletik" zur Wahl der "Leichtathleten des Jahres" in sechs Kategorien auf: - Der DLV in Darmstadt - Eingangstür zur Geschäftsstelle - Foto: Horst Milde
KULTUR – SPORT – GESELLSCHAFT- LEISTUNG: Anmerkungen zum Dienstleistungs-unternehmen DLV – Von Dr. Wolfgang Blödorn
Sport entsprach in der Antike einer rituellen Handlung. Sport ist daher – so zeigt es auch die Idee der Olympischen Spiele – kultureller Ritus, kurz Kultur. Kultur wiederum ist ein Ausfluss gesellschaftlichen Lebens und ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Verhältnisse.
Hierüber wurde um die siebziger Jahre herum öffentlich intensiv und leidenschaftlich diskutiert. Dies soll an dieser Stelle nicht fortgesetzt werden. Es geht hier lediglich darum, Sport als einen komplexen Gegenstand zu verstehen. Sport besitzt in unserer Gesellschaft verschiedene Funktionen. Es gibt u.a. Freizeitsport, Gesundheitssport, Breitensport und Leistungssport.
Wenn Kultur und Sport die Gesellschaft widerspiegeln, muss dies auch im Leistungssport der Fall sein. Dies bedeutet, die erbrachte Leistung in einer wie auch immer gearteten Leistungsgesellschaft wie der unsrigen wird entsprechend honoriert. Die Bezahlung mit Geld ist eine Form der Honorierung. Eine weitere Form wäre die öffentliche Anerkennung durch Orden oder Privilegien. Dies war auch in der Frühzeit bei den
Olympischen Spielen der Fall.
Die erbrachte, eigene Leistung steht immer in Konkurrenz zur Leistung der anderen. Das entspricht dem Wettkampfgedanken, auch in der Leichtathletik. Die Leichtathletik zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass hier in Meter und Sekunden gemessen wird. Die Leistung in der Leichtathletik ist objektivierbar. Die Leistungen der Athleten in der Leichtathletik können somit objektiv eingeordnet werden.
Unsere Gesellschaft ist im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass die verschiedensten Leistungen wie Güter auf einem Markt gehandelt werden. Leistungen entsprechen einem Marktwert. Dieser bestimmt z.B. im Sport das Einkommen der Athleten. Ökonomische Grundsätze gelten daher auch bei den Athleten und den Organisationen in der Leichtathletik sowie der Marktbewertung ihrer Leistungen.
Seit der Satzungsänderung 2020 ist der Deutsche Leichtathletik Verband (DLV) seiner Struktur in der Organisationsform und seinem Selbstverständnis nach einem professionellen Dienstleistungsunternehmen mit Vorstand und Aufsichtsrat (Präsidium) sowie mit festangestelltem Personal vergleichbar. Als Dienstleistungsunternehmen im Bereich des (Spitzen–)Sports wird er aus gesellschaftlichen Interessen heraus finanziell mit Steuergeldern unterstützt.
Der DLV ist gemeinnützig und selbstlos (§1.2 und 1.7 der Satzung) tätig und „verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Ziele“ (§1.7). Der DLV erbringt Dienstleistungen für seine Mitglieder – die zwanzig Landesverbände – und deren Untergliederungen. Zu diesen Untergliederungen können auch Athleten zählen, welche als Kleinunternehmer (siehe hierzu „Der Leistungssportler als Kleinunternehmer“, A. KRÜGER 1972) im Halb– bzw. Vollprofistatus tätig sind oder werden wollen.
Die Leistungen der im DLV Beschäftigten sowie der Athleten unterliegen daher einer – nicht nur – ökonomischen Leistungsbewertung. Diese findet statt, egal, was DLV oder Athleten darüber denken.
Weder der DLV noch die Athleten können dieser Leistungsbewertung entkommen.
Der DLV sorgt als Dienstleistungsunternehmen neben der existenziellen Daseinsfürsorge – z.B. Unterstützung bei der Anstellung von Athleten bei Bundeswehr, Bundes– und Landespolizei etc. – auch für weitere unterstützende Maßnahmen, wie z.B. der Sporthilfe, die Finanzierung von Trainern,
Kaderlehrgänge, Trainingslager für die in seinem Bereich kleinunternehmerisch tätigen Spitzenathleten. Diese können sich so dem Leistungssport und den daraus entspringenden Folgen für ihre individuelle Zukunft widmen.
Da der DLV über das Subsidiaritätsprinzip als ein quasi öffentliches Dienstleistungsunternehmen professionell wirtschaftlich tätig ist, und die Spitzensportler als Halb– oder Vollprofis arbeiten, ist es angemessen, angebracht, berechtigt und gerechtfertigt, seine bzw. ihre Leistungen anhand von ökonomischen Kriterien, wie zum Beispiel Aufwand und Ertrag/Erfolg – wie bei anderen Unternehmern und Leistungsträgern auch – zu bewerten.
Eine öffentliche Kontrolle der DLV–Tätigkeiten – somit indirekt auch der Tätigkeiten der Athleten – entspricht darüber hinaus auch der Mitfinanzierung aus Steuergeldern sowie den damit verbundenen demokratischen Gepflogenheiten, z.B. nach Herstellung von Transparenz bei Entscheidungen.
Hier hat der DLV – wie es scheint – noch Einiges aufzuarbeiten und nachzuholen.
Eine Kontrolle des DLV in seiner Schlüsselfunktion bei der Verteilung von wie auch immer gearteten Vergünstigungen kann dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) über das Potenzialanalysesystem (PotAs) nicht allein überlassen bleiben. Sie bedarf auch der Kontrolle durch die Medien und der Gesellschaft.
Dieser Kontrolle hat sich der DLV als quasi öffentliche Einrichtung zu stellen.
Dr. Wolfgang Blödorn