90 Jahre Kosice-Marathon - 1924 - 2014 ©Richard Thelen
Kosice-Marathon 2014 – Richard Thelen berichtet
Der 90. Kosice-Marathon liegt schon eine Weile zurück, nämlich am 5.10.2014. Dieser Beitrag sollte natürlich relativ zeitnah auf der GRR-website erscheinen, im Zusammenhang mit einer Zusammenfassung des Jubiläums.
Das habe ich immer verschoben. Aber jetzt endlich der Erfahrungsbericht vom Ehepaar Thelen. Entschuldigung für die Verspätung!
Horst Milde
Beruflich habe ich seit einiger Zeit international mit einigen südosteuropäischen Staaten zu tun, unter anderem auch der Slowakei. Schnell spricht sich auch bei den Kolleginnen und Kollegen vor Ort herum, dass meine Frau Beate und ich gerne unser Laufhobby mit Reisen, Sightseeing etc. verknüpfen.
Was liegt näher als auf Martins Frage, ob ich nicht auch mal in Kosice laufen wolle, anzuspringen. Martin wohnt und arbeitet in Bratislava; geboren und aufgewachsen ist er in Kosice und den dortigen Halbmarathon auch mehrfach gelaufen
90 Jahre Kosice-Marathon
Kosice (dt. Kaschau) liegt im Osten der Slowakei und ist mit ca. 250 000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt des Landes.
Der Kosice-Marathon gilt als ältester City-Marathon Europas, als zweitältester der Welt nach Boston. Er wird seit 1924 mit kurzen Unterbrechungen durchgeführt. Seit einigen Jahren ist neben Mini-Marthon, Handbike und inline auch ein Halbmarathon mit einer City-Runde (Marathon 2 Runden) im Programm. Der Halbmarathon ist am 1. Oktobersonntag unser Ziel.
Relativ aufwändig gestaltet sich unsere Anreise: Flug mit Germanwings nach Wien und Weiterfahrt über Bratislava nach Kosice mit der Bahn; das ist jedoch gewollt und bietet uns erste Eindrücke über Geographie und Leute.
Unser Hotel liegt quasi direkt neben Start und Ziel des Marathons. Beim Betreten werden wir sofort darauf aufmerksam, dass es wohl das offizielle Athleten-Hotel ist, denn als nahezu erstes laufen uns einige afrikanische „Konkurrenten" über den Weg. Dieses Bild vervollständigt sich am nächsten Morgen beim Frühstück, da auch weitere Ehrengäste anwesend sind.
Ins Auge fällt uns sofort ein drahtiger älterer Herr, der nach seiner morgendlichen Laufrunde in der Nähe unseres Frühstückstisches Platz nimmt. Wir sollten ihn später wiedersehen.
Unsere Startunterlagen erhalten wir nicht weit weg vom Hotel im erst kürzlich fertig gestellten Aupark mit wunderschön angelegten modernen Einkaufspassagen. U.a. erhalten wir das obligatorische Funktions-T-Shirt, welches in der Startergebühr von 40 € enthalten ist. Nur 40€ – 10€ weniger – mussten wir zahlen bis Ende August, weil wir erstmals in Kosice am Start waren, eine nette Marketingmaßnahme, die ich bisher bei meinen vielen nationalen und internationalen Laufteilnehmen noch nicht kennen gelernt habe.
Hier begegnen wir wiederum dem sportlichen Herrn vom Morgen, als wir auf dem Vorplatz der Einkaufspassagen mit einer Reihe von Verkaufsständen der stimmungsvollen Präsentation der Favoriten beiwohnen; es handelte sich um Ron Hill, eine ehemalige britische Marathongröße der 60er und 70er Jahre (sorry Ron, dass wir Dich nicht erkannten) U.a. wurde er 1969 in Athen Marathon Europameister. Später sollten wir noch Gelegenheit haben, weitere Worte mit ihm zu wechseln.
Auch Horst Milde, den ehemaligen Renndirektor des Berlin-Marathons lernen wir später kennen. Wie das so mit Chefs ist, erhalte ich sogleich einen Auftrag, und zwar diesen Bericht zu schreiben.
Marathon/Halbmarathon 2014
Kommen wir nun zum eigentlichen Anlass unseres Kosice Trips: Wir wollen den Halbmarathon laufen. Ich will ihn genießen, Beate will ihn auch nicht voll laufen, ihn im gewissen Sinne zweckentfremden, indem sie ein ausgedehntes Einlaufen in einem nahen Park vorschaltet, um so noch zu einem langen Lauf in ihrer Vorbereitung auf den Frankfurt-Marathon zu kommen.
Der frühmorgendliche Blick aus dem Fenster signalisiert ideale Laufverhältnisse: Trocken, teilweise wolkig, ca. 10 °C. Im Laufe des Tages sollte es noch wärmer und sonniger werden, jedoch nicht zu warm. Einige Sportler sind bereits im Start- und Zielbereich zu sehen. Aus unserem Hotelzimmerfenster haben wir diesen direkt im Blick.
Der Start ist für 9:00 Uhr angesetzt. Nach kurzem gemeinsamen Aufwärmen – Beate ist tatsächlich schon über eine halbe Stunde unterwegs gewesen – bewegen wir uns in Richtung Startaufstellung. Inzwischen ist es doch sehr eng geworden, jedoch nicht hektisch. Die Stimmung wirkt auf mich sehr angenehm, wenngleich die Zuwege zu den einzelnen Startblocks doch etwas eng geplant sind.
Vermutlich müssen sich noch eine ganze Reihe Läufer hinten außen anstellen; aber auch das ist hier wie bei den meisten größeren Läufen durch die Nettozeitmessung kein Problem. Wohltuend ist für mich, dass wir nicht durch überlaute Musik vollgedröhnt werden.
Pünktlich erfolgt der Startschuss. Ca. 1.400 Marathon- und 2.500 Halbmarathonläufer setzen sich in Bewegung. Die ersten zwei KM gehen schnurgerade, zu Beginn durch die sehr breite, teilweise zweispurige Hlavna ulica, die Hauptstraße Kosices.
Am Straßenrand sorgen sehr viele Zuschauer für gute Stimmung. Die "Hlavna ulica" ist die Prachtstraße der Stadt, Fußgängerzone mit vielen einladenden Geschäften und Restaurants – wunderschön herausgeputzte Häuser – sowie zwei Hauptsehenswürdigkeiten mittendrin, dem Elisabeth-Dom und dem Staatstheater mit Musikbrunnen dazwischen.
Weiter geht es durch einen doch etwas unangenehmen Engpass (leichte Staugefahr) bei KM 3 über knapp 2-3 KM unbewohntes Gebiet, offene Landschaft mit einer kurzen Baumallee, die mich an den Meraner Halbmarathon erinnert. Nach KM 5 kommt die erste Verpflegungsstation, reichlich Wasser und Energiedrinks werden von vielen helfenden Händen gereicht. Etwa alle zweieinhalb KM sind Verpflegungsstationen aufgebaut.
Beate ist immer noch an meiner Seite, mal 2 m vor, mal zurück, abhängig von der Läuferdichte. Der Kurs verläuft wieder in Richtung Innenstadt, merklich auch daran, dass wieder mehr Leute, sprich Fans an der Strecke stehen. Sie stehen nicht durchweg dicht, aber immer wieder feuern uns Gruppierungen an oder werden uns Kinderhände zum Abklatschen entgegen gereicht.
Neben den letzten beiden Kilometern (identisch mit den beiden ersten), gibt es bei KM 11-13 einen breiten, geraden Wendepunktabschnitt. Ich merke, dass Beate langsam "mit den Hufen kratzt". Sie liebt lange Geraden und entschwindet ganz langsam. Noch einmal laufe ich auf sie auf, als sie in einem etwas größeren Pulk hängen bleibt. Meine einzige Zielsetzung ist es, gleichmäßig zu laufen, den Lauf zu genießen, d.h. zu schauen ggf. auch verbal oder nonverbal (abklatschen, winken etc.) mit den Fans an der Strecke zu kommunizieren.
Neben mir taucht öfters ein barfüßiger Läufer auf; er läuft wohl auf Abebe Bikilas Spuren (Olympiasieger 1960 in Rom). Dieser steht auch auf der Siegerliste in Kosice; er gewann 1961.
Wie bereits erwähnt beginnt bei KM 19 – zumindest für die Halbmarathonis – die Zielgerade. Rechts passieren wir die bekannte Marathon-Statue, die Anfang der 60er aufgestellt wurde. Auf einer Plattform sind die bisherigen Siegernamen festgehalten. Beim Passieren nehme ich sie leider nicht wahr, dabei bin ich doch gar nicht so schnell. Wahrscheinlich wird mir die Sicht auf sie durch Zuschauer an der Strecke versperrt. Am Abend werden wir vor dem Abendessen mit Martin einen Spaziergang dorthin machen.
Ab hier begegnen uns auf der gegenüberliegenden Seite der breiten Straße die Marathonis, die gerade in die zweite Runde abgebogen sind. Vermehrt stehen wieder Zuschauer am Streckenrand, die bald auch durch Sperrgitter von der Laufstrecke abgetrennt sind. Viele jubeln auch von Straßencafés zu, die reichlich vorhanden und besucht sind.
Schon tauchen Staatstheater und Elisabeth-Dom auf. Die Stimmung am Streckenrand wird immer besser, jedoch so laut wie in Berlin oder London. Das Ziel kann nur noch wenige 100 m entfernt sein. Schon werden wir von den Marathonis getrennt, erreichen den roten Teppich und passieren die Ziellinie.
Beate treffe ich sogleich; sie hat mir nur zwei Minuten abgenommen. Wir nehmen reichlich von den angebotenen Drinks und sonstigen Leckerlis (Obst, Süßigkeiten etc.).
After Race
Duschen werden wir im Hotelzimmer und dabei den Marathon abwechselnd im Fernseher und beim Blick aus dem Fenster weiter verfolgen.
Das Wetter ist noch schön, so dass wir unsere Rolle wechseln. Wir sind jetzt nicht mehr Läufer und Fan an der Strecke: Wir suchen uns kurz vor dem Ziel ein Straßencafé um bei einem Imbiss den noch einlaufenden Marathonis zuzuschauen und sie bisweilen anzufeuern. Einige sehe ich wieder, die in der ersten Runde um mich rum liefen, z.B. den Barfußläufer. Auch bewundern wir einen Teilnehmer auf Krücken.
Abends treffen wir uns wieder mit Martin, der etwa 10 Minuten schneller als ich war, um den Tag mit „Läuferlatein" bei einem Essen ausklingen zu lassen.
Resume
Wir erlebten ein rundes und erlebnisreiches Wochenende in Kosice mit einem aus unserer Sicht perfekt verlaufenem Halbmarathon. Ach ja, evtl. möchte auch noch ein Leser meine Zeit wissen: 1:56 (aber, das ist für mich nachrangig).
Richard Thelen
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Kosice Marathon
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