Blog
20
03
2007

Nachteile durch die Nominierung eines unerfahrenen Teams? Cross-WM in Mombasa ganz im Zeichen der Afrikaner – Unter 66 Nationen alleine 23 aus Afrika – Wer kann Kenenisa Bekele vom erneuten Erfolgskurs abbringen?

Kenia setzt auf Heimvorteil – 35. IAAF Cross-Weltmeisterschaften am Samstag in Mombasa / Kenia

By GRR 0

Kenias Teammanager Paul Mutuii setzt beim Heimspiel in Mombasa auf ein eher junges und unerfahrenes Team, das bei den am kommenden Samstag in der eigentlich als Badeort und Hafenstadt bekannten Metropole stattfindenden 35. Cross-Weltmeisterschaften die Erfolgsstory um eine weitere Nuance bereichern soll.
Aber ausgerechnet beim Heimspiel auf der Golfanlage am Stillen Ozean fehlen die Stars wie 5000 m-Weltmeister Eliud Kipchoge oder der Vorjahresdritte Martin Mathathi, die den Vorjahreserfolg gegen die mit dem fünffachen Langstrecken-Weltmeister Kenenisa Bekele antretenden Erzrivalen aus Äthiopien, den immer stärker werdenden Läufern aus Eritrea oder den hoffnungsvoll aufgestellten afrikanischen Konkurrenten aus Marokko und Tansania wiederholen sollen. Und dies vor dem Hintergrund, dass es im traditionellen Trainingscamp, das einmal mehr im Kigari Teachers Training College in Embu durchgeführt wurde, um Kipchoge und Mathathi heftig Zoff gab, der wohl eher mühsam gekittet wurde.
Einstige Weltklasseathleten wie Moses Kiptanui warben öffentlich sogar um das Vertrauen in das junge Team, das vor allem mental gestärkt und psychologisch aufgebaut beim Heimspiel über die 12 km-Langstrecke zu Gold laufen soll.

Harte Linie

„Konsequent“, nennt es Martin Keino, der selbst zur Weltklasse einstmals zählende Sohn der Lauflegende Kipchoge Keino, dass Topläufer wie Kipchoge und Mathathi außen vor bleiben, da diese bei den allein entscheidenden Trials entweder ausstiegen oder gefehlt hatten. Dies vor dem Hintergrund, dass Athletics Kenya selbst mit ihrer harten Linie und wenig prominent besetzten Teams Erfolg bereits gehabt. Aber auch schon herbe Niederlagen wie 2000 in Villamoura gegen den Dauerrivalen Äthiopien einstecken müssen. Allerdings bringt Keino eine mögliche Vergabe von Wildcards ins Spiel, um gegebenenfalls das Team durch den einen oder anderen Star zu komplettieren.
„Allerdings müssen die Spielregeln vorher klar sein!“

Wer soll Bekele schlagen?

So ruhen Kenias Hoffnungen auf eine Einzelmedaille auf Hosea Mwok Macharinyang, den mehrfachen Medaillengewinner bei Junioren-Weltmeisterschaften und Vorjahressechsten. „Ich hoffe auf einen großen Auftritt“, sagt Macharinyang, der 2004 international als Sechster in Brüssel debütierte. In Mombasa wird allerdings auch 3000 m-Hindernis-Weltrekordler Saif Saeed Shaheen fehlen, obgleich er in der kenianischen Presse als Leader eines starken Qatari-Teams genannt wird. „Mit mir hat kein kenianischer Journalist gesprochen“, sagte der vor zwei Wochen noch in Freiburg zur Behandlung weilende frühere Stephen Cherono am Sonntag im Lions Club in Eldoret, „ich starte definitiv nicht!“
Wer soll also den seinen sechsten Langstreckentitel anstrebenden äthiopischen Ausnahmeläufer namens Bekele schlagen? Wenn nicht ein Landsmann wie Sileshi Sihine, dann vielleicht einer aus der aufstrebenden Läufernation Eritrea mit dem Vorjahresvierten Zersenay Tadesse oder Yonas Kifle, die schon im Vorjahr den Grundstock für das überraschende Teamsilber legten.

Präsenz zeigen

Inzwischen hat sich die Anzahl der Nationen auf 66 reduziert, die bei den 35. Cross-Weltmeisterschaften, der dritten Austragung nach Stellenbosch (1996) und Marrakesch (1998) auf afrikanischem Boden, starten werden. Dies sind immerhin sieben mehr als im Vorjahr in Fukuoka. Darunter 23 afrikanische Nationen. Erstmals seit längerem wird der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) mit einer Juniorenmannschaft starten. Die DLV-Vertretung wird mit Nachwuchs-Bundestrainer Werner Grommisch (Essen) am Donnerstag nach Ostafrika reisen.
„Hohe zweistellige Einzelplatzierungen sind angesichts des Leistungsniveau und der vorherrschenden Bedingungen für unsere Jungens schon eine Ausnahme“, wusste Grommisch schon im Vorfeld vorzubeugen. „Hier gilt es, Präsenz zu zeigen und vor allem individuelle Erfahrungen zu sammeln“. Für die junge Mannschaft um den German Road-Race-Nachwuchs-Preisträger Thorsten Baumeister hängen die Trauben gegen das sich langfristig auf dieses zweifellos für viele Nationen als Saisonhöhepunkt darstellendes Championat sehr, sehr hoch.

Vier Vorjahressieger

Mit Kenenisa Bekele, Tirunesh Dibaba, Gelete Burka aus Äthiopien und der kenianischen Juniorensiegerin Pauline Korikwiang sind immerhin vier der Vorjahressieger unter den knapp 600 gemeldeten Athleten auf dem Mombasa Golf Course am Start, den Hundertschaften aus Armee, Polizei und privater Security gegen mögliche islamische Demonstrationen sichern sollen.
Mit 80 ausländische Journalisten (neben den akkreditierten 220 einheimischen Medienschaffenden) ist das Interesse für diese Cross-Weltmeisterschaften ausgesprochen groß. In öffentlichen Statements äußern Politiker wie auch einstige Weltklasseathleten ihr Unverständnis über die angezeigten Demonstrationen, die letztlich niemandem etwas bringen dürften, sondern eher die Fronten weiter verhärten helfen.

Horrende Eintrittspreisen zwischen 1,10 und 3,30 Euro

Wie problematisch sich allerdings die Vergabe dieser Weltmeisterschaften ausgerechnet nach Mombasa mit den angezeigten feuchtheißen Temperaturen und der Moskitogefahren gestaltet, das zeigen Bemühungen des kenianischen Leichtathletik-Verbandes und der Staatsregierung, zum Beispiel mit zusätzlich installierten Wassertanks einer bevorstehenden Wasserverknappung vorzubeugen, oder aber auch um den Rennparcours griffig zu halten.
Ein aufwändiger Shuttle-Service soll vornehmlich die Athleten, Funktionäre und Touristen vom Moi Airport zur Golfanlage befördern. Mit angesichts der für kenianische Verhältnissen horrenden Eintrittspreisen zwischen 1,10 und 3,30 Euro haben die Veranstalter allerdings den Bogen weit überspannt, so dass angesichts der weithin sichtbaren Armut unter der Bevölkerung die erwartete Zuschauerzahl von bis zu 15.000 bei allem Interesse für das Crosslaufen als utopisch erscheint.

Wilfried Raatz

author: GRR

Comment
0

Leave a reply