Kann Kelvin Kiptum zum Nachfolger von Eliud Kipchoge werden? - Foto: Sean Hartnett
Kelvin Kiptum: Der nächste Eliud Kipchoge?
Ist Kelvin Kiptum dabei, zum Nachfolger von Eliud Kipchoge zu werden? Obwohl er erst zwei Marathonrennen gelaufen ist, sieht das tatsächlich so aus.
Denn auf Anhieb erreichte der erst 23-jährige Kenianer Zeitbereiche, die ihn zuletzt sogar ganz dicht an Eliud Kipchoges Weltrekord von 2:01:09 Stunden herangebracht haben. Nach einem nie zuvor gesehenen Debüt in Valencia Ende des letzten Jahres, wo Kelvin Kiptum nach 2:01:53 ins Ziel gestürmt war, gewann er auch den London-Marathon im April und steigerte sich dabei auf 2:01:25.
Es scheint nicht einmal ausgeschlossen, dass Kelvin Kiptum der zweite Läufer werden könnte, der über die 42,195 km die Traum-Barriere von zwei Stunden unterbieten kann. Eliud Kipchoge gelang dies 2019 in einem nicht rekord-konformen Rennen in Wien mit einer Zeit von 1:59:40,2 Stunden. In London lief Kelvin Kiptum die zweite Hälfte des Marathons in famosen 59:44 Minuten.
Während Eliud Kipchoge seine Ausnahmeleistungen aus einer langen Karriere heraus erreichte – vor 20 Jahren gewann er WM-Gold über 5.000 m -, kam Kelvin Kiptum dagegen fast aus dem Nichts. Noch vor einem dreiviertel Jahr konnte man mit dem Namen Kelvin Kiptum nicht viel anfangen. Er war einer von vielen kenianischen Topläufern. Zwar hatte er 2020 in Valencia mit 58:42 Minuten eine hochklassige Halbmarathon-Bestzeit erreicht, doch damit belegt er in der Liste der schnellsten Läufer aller Zeiten Rang 20. Nichts deutete darauf hin, dass Kelvin Kiptum im Marathon in Bereiche vordringen könnte, die für Eliud Kipchoge reserviert schienen.
Woher kommt Kelvin Kiptum und wie hat er diesen Leistungsbereich erreicht?
Über die Hintergründe des Läufers ist bisher sehr wenig bekannt. „BBC Sport Africa“ berichtete nach dem London-Marathon über den 23-Jährigen. Demnach stammt Kelvin Kiptum aus der Ortschaft Chepkorio, die im westlichen Kenia nicht weit weg von Eldoret liegt. Aus dieser Gegend kommen etliche kenianische Weltklasseläufer. Chepkorio ist auch der Heimatort des mehrfachen Halbmarathon- und Crosslauf-Weltmeisters Geoffrey Kamworor, der für Kelvin Kiptum zum Vorbild wurde.
Kelvin Kiptum lief als 18-Jähriger bei Halbmarathonrennen in Eldoret und Kakamega, die er jeweils gewann. Bald darauf, im Frühjahr 2019, startete er zum ersten Mal in Europa. Sein Manager ist der international seit langem anerkannte Belgier Marc Corstjens, der auch deutsche Athleten betreut. Kelvin Kiptum hat zumindest international nie Bahn- oder Crossrennen bestritten.
„Ich habe alleine trainiert, und ich habe keinen Coach“, sagte Kelvin Kiptum während der Pressekonferenz nach seinem Marathon-Debüt in Valencia. Für aufstrebende kenianische Talente ist es durchaus normal, dass sie zunächst keinen Trainer haben. Sie schließen sich regelmäßig einer der vielen Trainingsgruppen an. Dass Kiptum aber ohne Coach in derartige Leistungsbereiche vordringen konnte, ist ungewöhnlich. „Vielleicht versuche ich in meinem nächsten Marathon den Weltrekord zu brechen“, sagte Calvin Kiptum, nachdem er in London bis auf 16 Sekunden an Eliud Kipchoges Weltrekord herangekommen war. Seinen nächsten Marathon wird er am 8. Oktober in Chicago laufen.
„Ich glaube, er ist Kipchoge 2.0“, sagte Martin Keino – der Sohn von Kenias Lauf-Legende Kip Keino arbeitet nach seiner eigenen Lauf-Karriere als Journalist – gegenüber „BBC Sport Africa“.
Jörg Wenig / Race News Service