Aussichtsreich: Benedikt Hoffmann ©Wilfried Raatz/ wus-media
Kaum Lust auf gefährliche „Abfahrten“ – Geringe Resonanz bei der Langdistanz-WM im slowenischen Podbrdo – Gefälle von bis zu 30 % machen WM-Kurs wenig attraktiv – Wilfried Raatz berichtet
Dass die Berglauf-Langdistanz-Weltmeisterschaften in Podbrdo (Slowenien) mit einem stark strukturierten Bergauf-bergab-Parcours auf wenig Gegenliebe bei den Alpenanrainern stößt, das war vorauszusehen.
So werden am 18. Juni mit Andrea Mayr (Österreich) und Martina Strähl (Schweiz) die weltbesten Bergläuferinnen ebenso fehlen wie die stets für Medaillen in Betracht kommenden Läufer aus Norwegen oder Frankreich.
Andere Nationen sind lediglich mit Einzelstartern vertreten, alleine der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV), der sich bislang stark skeptisch zu Streckenführungen wie die in Slowenien geäußert hat, schickt mit fünf Läufern und zwei Läuferinnen eine unerwartet große Mannschaft ins Rennen.
Es ist zweifellos mehr als nur eine Randnotiz wert, dass selbst die zuletzt die internationalen Titelkämpfe so dominierenden afrikanischen Läufer aus Kenia, Uganda, Äthiopien und Eritrea nicht am Start sein werden.
Für Andrea Mayr und Martina Strähl ist es vorrangig die Ablehnung einer Langdistanz von 42 km, die nicht nur 2800 m bergauf, sondern auch 2800 m bergab führt und dies zudem mit einem Gefälle von 900 Höhenmetern und bis zu 30 Prozent „Abstieg“.
Bei den afrikanischen Leichtathletik-Verbänden ist die Langdistanz-WM noch längst nicht in den Köpfen so verankert und außerdem fehlt es an den erforderlichen finanziellen Mitteln. So ist zumindest damit zu rechnen, dass die afrikanischen Athleten wie gewohnt zur Berglauf-WM auf Normaldistanzen im September nach Sapareva Banya (Bulgarien) reisen – und dort auf Medaillenjagd gehen werden.
Unter den 65 gemeldeten Männern sind mit Benedikt Hoffmann, Thomas Kühlmann, Moritz auf der Heide, Markus Mungo und Lukas Nägele gleich fünf DLV-Läufer, die sich im Kampf um die Team-Medaillen vor allem mit Italien, Großbritannien und den USA auseinandersetzen müssen.
Insgesamt sind 13 Mannschaften gemeldet. Die besten Chancen auf eine Einzelmedaille haben dabei der fünffache Berglauf-Weltmeister Marco de Gasperi (Italien), Andy Wacker, Peter Maksimow (beide USA), Ricky Lightfood, Karl Grey (Groß-Britannien) und vor allem der einheimische Mitja Kosovelj, der Langdistanz-Weltmeister 2013.
Im deutschen Team ist vor allem Benedikt Hoffmann eine gute Einzelplatzierung zuzutrauen. Der Schützling von Lauflegende Manfred Steffny gewann in der noch jungen Saison den 50 km-Lauf in Rodgau und den Freiburg-Marathon.
Nicht im Aufgebot steht mit Stefan Hubert der beste deutsche Bergläufer, der wegen anderweitiger Orientierung in dieser Saison weniger in Erscheinung treten wird. 2014 stand er zusammen mit Marco Sturm und Christian Seiler im DLV-Aufgebot, das am Pikes Peak die Bronzemedaille gewinnen konnte.
Bei den Frauen sind lediglich 41 Läuferinnen gemeldet, darunter die Weltmeisterin 2013 Antonella Confortola (Italien), Victoria Wilkinson (Großbritannien), Francesca Iachemet (Italien), Megan Kimmel (USA), Lucija Krkoc (Slowenien) und Tina Fischl, die deutsche Berglaufmeisterin 2015 mit einer ausgesprochenen Vorliebe für längere Lauf- und Traildistanzen.
Dass die erste Saisonhälfte nicht unbedingt der gängigen Berglauf-Philosophie entspricht, das zeigt ein Blick auf das Profil der Berglauf-Europameisterschaften am 2. Juli im italienischen Arco. Am Gardasee wird nämlich ein Stadtcross mit nur geringen Höhenmetern, aber tückischen Treppen- und Kopfsteinpassagen stetig bergauf- und bergabführend angeboten.
Für die deutschen Bergläufer ein weiteres Ko-Kriterium für eine Nichtteilnahme – wie auch für die Österreicher um Andrea Mayr oder die Schweizer um Martina Strähl.
Wilfried Raatz