Jetzt will Warholm Schönlebes „bemoosten“ Europarekord brechen – Von KLAUS BLUME

Es geht um nichts weniger, aber auch um nicht mehr, als um ein Stück Sportgeschichte – am Donnerstagabend, punkt 19.54 Uhr, auf der Athletissima in Lausanne.

Genauer: An diesem Donnerstag wollen der Norweger Karsten Warholm und der Niederländer Liemarvin Bonevacia  den nun bereits 34 Jahre währenden Europarekord über 400 Meter brechen.

Diesen hält seit seinem überraschenden WM-Sieg über die 1987 hoch favorisierten Amerikaner noch immer mit 44,33 Sekunden der Chemnitzer Thomas Schönlebe.

Heute Geschäftsführer des Leichtathletik-Vereins seiner Heimatstadt. Manchen erinnert diese Bestmarke an schlimme Doping-Zeiten; andere jedoch an einen Athleten ganz besonderen Formats. An eine  sich über Jahre in der Weltspitze tummelnden deutschen 400-Meter-Spezialisten.

Doch wie auch immer – Schönlebes „moosbewachsener Rekord“ (so Warholm) soll am Donnerstagabend endgültig der Vergangenheit angehören. Darüber sind sich Bonevacia und Warholm im Klaren. Trainer Laurent Meuwly über seien 32-jährigen Schützling Bonevacia: „Nur zu diesem einzigen Zweck reisen wir nach Lausanne. Schönlebes Bestmarke ist unser ganz großes Ziel.“

Liemarvin Bonevacia – 2016 European Outdoor Championships Amsterdam, Netherlands July 6-10,  – 2016 Photo: Giancarlo Colombo@PhotoRun – Victah1111@aol.com –  www.photorun.NET

Leiv Olav Alnes, seit vielen Jahren Warholms vertrauter Coach, rechnet bereits hoch: „Legen wir seinen Weltrekord von 45,94 Sekunden von Tokio über 400 Meter Hürden zu Grunde und ziehen wir von dieser Zeit bis zu drei Sekunden ab, dann wäre er auf der flachen Strecke unter den drei Schnellsten überhaupt.“ Das heißt, Warholm könnte dann sogar den Weltrekord von 43,03 Sekunden des Südafrikaners Wayde van Niekerk attackieren.

Verrückt? „Es ist wirklich in meinem Hinterkopf“, sagt Warholm, und dann: „Ich habe das Ziel, 400 Meter flach schnell zu laufen. Denn ich habe meine Geschwindigkeit seit letztem Jahr enorm verbessert. Ich hoffe, das zahlt sich jetzt aus.“  Danach, so Trainer Alnes, „wollen wir wirklich ernsthaft über den nächsten Schritt nachdenken“ – über einen erfolgreichen Wechsel auf die 800-Meter-Distanz. Da türme sich ein unbekannter Berg an Arbeit vor ihnen auf.

Derartige Pläne hat – der vom 200-Meter-Sprint kommende – Liemarvin Bonevacia nicht. Ihm steht der Sinn nach einer superschnellen 400-Meter-Bestmarke, seitdem er am letzten Samstag in Bern die Stadionrunde bereits in fantastischen 44,48 Sekunden sprinten konnte. Der Mann von der niederländischen Antilleninsel Curacao ist damit jetzt immerhin schon der zweitschnellsten europäische Viertelmeiler  aller Zeiten. „Und er kann noch Einiges drauflegen“, kündigt Trainer eher zögerlich Meuwly an.

Aber es sind fast schon Quantensprünge, die Warholm und Bonevacia am Donnerstagabend auf der Athletissima in Lausanne vorhaben. Immerhin stehen für Warholm seit 2017 lediglich 44,87 Sekunden über 400 Meter zu Buche, was nur Rang 37 in der ewigen Weltrangliste bedeutet.

Und Bonevacia? Seine Steigerung auf 44,48 Sekunden ist zwar schlichtweg atemberaubend, doch kann er Warholm auf dessen Jagd nach der 43-Sekunden-Grenze tatsächlich folgen?

Am Donnerstagabend, 19. 54 Uhr, werden wir es wissen.

Klaus Blume
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