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29
04
2014

Gute (Bier)Laune bei den sechs Tageschnellsten über die Marathondistanz. ©wus-media - Wilfried Raatz

iWelt-Marathon Würzburg: Überraschender Zahltag für Michael Müller und Elena Illeditsch – Marathongewinnerin Elena Illeditsch steigert sich um 24 Minuten – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

Halbmarathonmeister Manuel Stöckert macht für seinen Polizeikollegen Florian Johannes Tempo und wird damit noch Elfter Weiteres Minus im Marathon-Wettbewerb, dafür aber wieder Zuwachs über die Halbmarathondistanz – Nach nächtlichem Regenguss gute Laufbedingungen bei der 14. Auflage des Würzburg-Marathon

"Main schönster Marathon" titelte das offizielle Programmheft im praktischen A5-Format. Doch die alte Universitätsstadt am Main präsentierte sich am letzten April-Sonntag wenig (Wetter) freundlich, denn nach starkem Regen während der Nacht blieben die Läufer wenigstens zum Start "von oben" trocken.

Die Temperaturen fielen zudem von über zwanzig Grad am Samstagnachmittag um satte zehn Grad – eigentlich ideale Voraussetzungen für ein gutes Rennen. Für die sportinteressierte Bevölkerung allerdings eher ein Moment, um das Marathongeschehen aus der Distanz zu verfolgen. Nur wenige Zuschauer säumten folglich die touristisch interessanten Plätze wie am Marktplatz oder am Dom.  

Doch für viele lohnte sich der Start auf dem Zwei-Runden-Kurs. Nicht nur mit neuen Hausrekorden, sondern auch mit einem monetären Zufluss auf dem Bankkonto. So wurde der Auftritt von Michael Müller vom SV Glückauf Sondershausen als Zweiter des Marathons hinter dem weit enteilten Äthiopier Amin Shbro in 2:40:15 Stunden dank der deutschen Zusatzprämie mit 1400 Euro fürstlich honoriert. Für die Frauensiegerin Elena Illeditsch sprangen sogar 1600 Euro heraus.

"Es ist mir ein persönliches Anliegen, mit einer speziellen Prämie die besten Deutschen zu honorieren. Denn es hat sich bislang gezeigt, dass deutsche Läufer im Normalfall niemals eine Chance hatten, auf einen Prämienplatz zu laufen!" Für die 23jährige Studentin mit Fachrichtung Erneuerbare Energien aus Lauchheim bei Aalen ein ebenso überaus willkommener Geldsegen wie auch für den 33jährigen Wirtschaftsstudenten aus Sondershausen. "Ich denke, damit werde ich mir etwas Schönes kaufen!" freute sich die junge Studentin, die sich in ihrem zweiten Marathon überhaupt um gleich 24 Minuten gegenüber dem München-Marathon im Oktober 2013 auf nunmehr 2:58:02 zu steigern wusste.

Welches Potential hier möglicherweise schlummert, das verdeutlicht weniger die Steigerung auf der Marathondistanz, sondern eher die Diskrepanz zur Halbmarathonstrecke, denn hier steht bislang eine 1:43er Zeit zu Buche. "Ich weiß, das passt nicht zusammen. Aber das kann sich ja noch ändern…!" Alleine ein Blick auf die Splits zeigt, dass der erste Hausrekord schon bei Halbzeit nach 1:29:30 regelrecht pulverisiert wurde. Mit dem Blick zur bis Kilometer 33 führenden Sabine Schmitt wurde die Studentin der Universität Ansbach noch einen Tick schneller – und mit diesem Klassesprung unter die Drei-Stunden-Marke belohnt.

Diese schaffte auch die Zweite Sabine Schmitt mit 2:59:06 Stunden. Die 33jährige Mainzer Polizistin war damit eigentlich zufrieden, letztlich aber doch nicht. "Ich bleibe irgendwie bei 2:59 stehen, denn das ist schon meine fünfte 2:59er Endzeit". Ihre Bestmarke ist gerade noch eine Minute schneller. Natürlich bietet sich bei einer Mainzer Läuferin die Frage an, weshalb sie dem Marathon im fränkischen Würzburg dem am 11. Mai in ihrer Heimatstadt Mainz anstehenden Gutenberg-Marathon den Vorzug gegeben habe. "Ich finde, wenn ich im eigenen Bett schlafe, dann fehlt der Reiz zum Marathonlaufen. Deshalb laufe ich lieber auswärts!" So in der Vorbereitung beim Ultramarathon in Marburg, den sie sogar als Siegerin beendete. Aber liebe Mainzer, so untreu ist Sabine nun wirklich nicht, denn im fast gleichen Atemzug ergänzte sie: "Da laufe ich den Halben…!"

Acht Minuten dahinter war mit Ulrike Mayer-Tancic die Drittplatzierte im Ziel – und sorgte für einige Verwirrung! In ihrem 26. Marathonstart lief sie zusammen mit ihrer in den USA studierenden Tochter Jelena, die eigentlich Mittelstrecklerin ist und ihre Mutter lediglich auf der zweiten Runde begleitete. "Jetzt geht es wieder in die Berge", freut sich die 49jährige Allround-Läuferin der LG Telis Finanz Regensburg auf die anstehende Berg- und Landschaftslaufsaison.

Die Startliste der Männer versprach eigentlich manches. Doch von den angekündigten Ostafrikanern war gerade einmal mit Amin Shbro ein einziger Läufer an der Startlinie.
"Dreizehn afrikanische Läufer waren gelistet. Dass lediglich zwei gekommen sind, das ist enttäuschend. Die meisten haben sich nicht einmal abgemeldet!" So Organisationschef Günter Herrmann. Und zudem stand der spätere Marathonsieger im Block C und war folglich mit rund fünf Minuten Verspätung überhaupt erst ins Rennen gegangen. "Das ist absolut unprofessionell. Wie kann ich denn einen Läufer, der die deutsche Sprache nicht spricht, völlig alleine lassen!" echauffierte sich der passionierte Läufer, der seit sieben Jahren die Fäden beim Würzburg-Marathon zieht.

Dem widersprach Manager Peter Schaffrinski zwar vehement, doch glaubwürdig entkräften konnte der Detmolder das handwerkliche Missgeschick nicht. Und es kam, wie es letztlich kommen musste: In einem Slalomlauf par excellence übernahm der 33jährige nach zwölf Kilometern das Renngeschehen und lief nach 2:29:13 Stunden über die Ziellinie – weit über dem Streckenrekord von Titus Kipchumba Kosgei, der 2011 schnelle 2.14:12 Stunden lief.

Nachdem der Alleinunterhalter Amin Shbro minutenlang mit einem umgehängten Badetuch auf seine Betreuer wartete ("Ich erwarte, dass sich die Manager im Ziel um die Athleten kümmern. Es ist frustrierend für einen Sieger, Mutterseelen alleine im Ziel stehen zu müssen", ärgerte sich Günter Herrmann über den Auftritt des Detmolder Managers), ging der weitere Kampf um das Podium interessant und unterhaltsam voran. Den großen Anteil daran hatte dabei Michael Müller, der Nachmelder aus Thüringen.

Der 33jährige hatte in der Vorwoche seinen ursprünglichen Plan, beim Oberelbe-Marathon an den Start zu gehen, zugunsten des iWelt-Marathon geändert. "Wir hatten in der letzten Woche starken Nordwind und das wäre bei einer Punkt-zu-Punkt-Strecke wie von Königstein nach Dresden extrem hart geworden – und das wollte ich mir bei meiner Marathonpremiere nicht unbedingt antun!" gestand der Sondershäuser, der bislang eher auf den Langstrecken zwischen 10 km und Halbmarathon anzutreffen. "Von Würzburg habe ich bei einem kleinen Lauf erst von dem Ok-Mitglied Dr. Franz Bleichner gehört. Und hatte somit eine Alternative".

Seinem Vereinsnamen SV Glückauf folgend sollte Würzburg zum Glücksfall werden, denn Rang zwei mit dem bereits aufgerechneten Geldregen und blitzsaubere 2:40:15 Stunden nach drei Boxenstopps zur Toilette waren die Mühen allemal wert. "Die Strecke war nicht ganz einfach, deshalb war mir bald klar, dass meine ursprünglich geplanten 2:30 unrealistisch waren". Und fragte die umstehenden Journalisten: "Für meinen ersten Marathon doch ganz ok?" Beim weiteren Nachfragen stellte sich allerdings heraus, dass es der erste "Freiluft"-Marathon war, denn schon zweimal war er "Unter Tage" in seiner Heimatstadt gelaufen und dabei jeweils einmal Erster und Zweiter geworden.

Auf Rang drei dann mit Günther Kunze der erste Würzburger, der sich bei seiner Premiere über 2:47:13 freuen durfte. Respektabel, denn der Höchberger gehört dem Jahrgang 1967 an. "Es ist einfach eine wunderschöne Strecke", gestand er nach seinem Heimspiel im Kreis seiner Familie. "Mein Traum wäre zwar eine 2:45 gewesen, doch dazu war zu wenig Konkurrenz auf der Strecke!" Trotz oder wegen der nicht ganz einfachen Strecke gab es viele strahlende Gesichter, so wie bei Andreas Raber: "Genial! Eine absolute geile Endzeit!" Und konnte es kaum fassen, dass er als Siebter mit 2:50:12 Stunden einen Sprung von 23 Minuten machen konnte.

Turbulent ging es an der Spitze der gemeinsam gestarteten Marathon- und Halbmarathonläufer zu. Völlig überraschend tauchte nach wenigen Kilometern am Mainufer mit Markus Unsleber ein weißer Läufer an der Spitze auf, der allerdings vom vorausfahrenden Uhrenfahrzeug an der Alten Brücke (in früherer Gewohnheit) falsch geleitet wurde.

Wenig später war das Showlaufen für den Triathleten des TV DJK Hammelburg vorbei, denn dann zog "programmgemäß" Ifa Keneni vorbei und war seit diesem Zeitpunkt an auf der Siegerstraße. Gegen den 21jährigen Äthiopier zu verlieren, das dürfte Markus schnell verschmerzt haben, denn dieser hat immerhin einen Hausrekord von 1:03:47 aufzuweisen und durfte sich auch als Zehnter beim Great Ethiopian Run in Addis Abeba als Zehnter mit einer 29er Zeit feiern lassen.

Am Start übrigens auch Manuel Stöckert, vor drei Wochen überraschend Deutscher Halbmarathonmeister in Freiburg geworden. Doch keineswegs auf "eigene Rechnung", sondern als Tempomacher für seinen Polizeikollegen Florian Johannes. Nach 1:21:03 und Platz 11 war der Aufgalopp für den in der kommenden Woche anstehenden Start beim Hamburg-Marathon zufriedenstellend absolviert. "Ich hatte fast eineinhalb Wochen noch schwere Beine", gestand der in Schweinfurt Dienst habende Polizist, "Dafür lief es heute ziemlich locker!" Zudem muss man wissen, dass er gerade erst am Vortag aus dem italienischen Trainingslager seines Vereins SC Ostheim zurückgekehrt war – und dort sicherlich nicht nur Pasta gegessen haben dürfte.

Zwei Triathletinnen bestimmten bei den Frauen die Schlagzahl über die halbe Marathondistanz. Ein Start-Ziel-Sieg gelang dabei Laura Zimmermann. Die 23jährige Zahnmedizin-Studentin absolvierte vier Wochen vor der WM-Mitteldistanz-Quali in Rapperswil eher "einen Trainings-Wettkampf", wie sie offen zugab. "Trotz leichter Seitenstiche hat es aber gut geklappt. Zudem ist es knapp neue Bestzeit!" Zwei Jahre älter ist die Zweite Carolin Lehrieder, die eher auf der Langdistanz zuhause ist. In Frankfurt holte sie sich im Vorjahr den Europameistertitel der AK 18-24, in Hawaii mit Rang drei eine weitere außergewöhnliche Platzierung. "In diesem Jahr habe ich eine Profi-Lizenz gelöst. Mal schauen, was da geht!" freut sich die Lehramtsstudentin für Mathematik und Sport auf den Triathlon-Sommer. Sprach's und präparierte sich für den 10 km-Fun Run, den sie als "Promi" startete und dann noch selbst auf die Strecke gehen wollte.

Als nach vier Stunden Laufzeit der Regen wieder einsetzte, konnte der Marathonchef Günter Herrmann schon eine zufrieden stellende Bilanz ziehen, auch wenn er gestand, in der Nacht wegen des strömenden Regens eine "Riesenangst" gehabt zu haben. "Wir sind sehr zufrieden!" Beim zweiten Blick musste aber auch er feststellen, dass der Abwärtstrend über die Marathondistanz nicht abgebremst werden konnte. Nach 612 Finishern im Vorjahr passierten heuer gerade noch 555 Marathonis die Ziellinie am im Umbau befindlichen Congress Centrum Würzburg, dem Dreh- und Angelpunkt des iWelt-Marathon Würzburg.

Mehr Freude hingegen macht Herrmann die halbe Marathonstrecke, die mit 1716 Finishern gegenüber 2013 um fünfzig Läufer zulegen konnte. Und freut sich schon auf 2015, wenn die "Baustelle" Congress Centrum bezugsfertig ist und mehr Raum für die Organisation und Marathonmesse bieten kann. Dann wird auch der Startbereich geringfügig geändert werden, denn die Startlinie befand sich unmittelbar in einer S-Kurve mit einem nicht nur für Fotografen ausgesprochen problematischen Blickwinkel.      

Wilfried Raatz
 

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author: GRR

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