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08
10
2010

Irina Mikitenko hofft nach schwerem Jahr auf gelungenen Abschluss, erklärt ihre Bahn-Karriere für beendet und bestätigt das große Ziel Olympia 2012 in London

Irina Mikitenko – „Ich habe weiter Spaß am Marathon und blicke optimistisch in Richtung Chicago“

By GRR 0

Am kommenden Sonntag (10. Oktober) startet Irina Mikitenko beim Bank of America Chicago-Marathon. Für die 38-jährige Läuferin des TV Wattenscheid, die in den vergangenen beiden Jahren jeweils die World Marathon Majors (WMM)-Serie für sich entschied und dabei zweimal in London (2008 und 2009) sowie einmal in Berlin (2008) gewann, war es bisher kein gutes Jahr.

Beim London-Marathon stoppte sie eine Verletzung und in der Folge verpasste sie die EM-Qualifikation über 10.000 m. In Chicago, wo Irina Mikitenko vor einem Jahr Rang zwei belegte, will sie sich nun zurückmelden. Vor ihrem Start gab sie das folgende Interview:

Ihr letzter Start bei einem großen Rennen war beim London-Marathon im April, wo Sie jedoch verletzungsbedingt aufgaben. Auf den Newcastle-Halbmarathon mussten Sie aufgrund einer Erkältung im September verzichten. Wie geht es Ihnen jetzt?

Irina Mikitenko: Es geht mir jetzt wieder gut und ich blicke optimistisch in Richtung Chicago.

Ob ich durch die Erkältung noch Nachwirkungen habe, wird sich aber erst beim Rennen herausstellen. Es ist immer ärgerlich, wenn so etwas in der Vorbereitung auf ein großes Rennen passiert, aber es ist nicht zu ändern. Ich muss aus der Situation das Beste machen und hoffe, dass in den verbleibenden Tagen bis zum Chicago-Marathon alles glatt geht.

Mit welchen Zielen gehen Sie ins Rennen?

Irina Mikitenko: Es ist wie immer: Ich fahre nicht nach Chicago, um dort zu verlieren. Natürlich ist die Konkurrenz sehr stark. Aber ich bin jetzt einige Marathonrennen gelaufen, habe Erfahrung gesammelt und konnte insgesamt mit Ausnahme der Zeit der Erkältung gut trainieren. Was ein Zeitziel angeht, so ist dies sehr schwer zu sagen, denn man weiß in Chicago nie wie das Wetter wird – es kann warm sein oder auch kalt. Aber ich bin auf alles vorbereitet und will vorne dabei sein.

Wer sind Ihre schärfsten Gegnerinnen? Ist die Titelverteidigerin und London-Siegerin dieses Jahres, die Russin Liliya Shobukhova, die Stärkste?

Irina Mikitenko: Sie ist sicherlich stark, aber es geht nicht nur um Liliya Shobukhova. Am Start sind jetzt auch die Äthiopierinnen Atsede Baysa, die den Paris-Marathon gewonnen hat, Askale Magarsa, die vor zwei Jahren hinter mir beim Berlin-Marathon Zweite war, und Mamitu Daska, die im Januar den Dubai-Marathon gewann. Sie wurden alle nachträglich verpflichtet. Mit der Russin und Atsede Baysa sind die zwei schnellsten Marathonläuferinnen dieses Jahres im Rennen. Schwer einzuschätzen ist die Japanerin Naoko Sakamoto und zu beachten ist auf jeden Fall auch die Russin Lidiya Grigoryeva, die vor zwei Jahren in Chicago gewonnen hat. Die Konkurrenz ist deutlich stärker als vor einem Jahr.

Was genau war das Problem, das Sie in London zur Aufgabe zwang und seit wann konnten Sie wieder richtig trainieren?

Irina Mikitenko: Ich litt in London unter einer Knochenhautentzündung und einer Reizung am Muskelansatz im linken Unterschenkel. Es hat danach lange gedauert, bis ich wieder unter voller Belastung trainieren konnte. Besonders das Tempotraining war schwierig. Aber seit ich im Juli mit der Marathonvorbereitung begonnen habe, ist alles wieder in Ordnung. Um derartige Probleme möglichst zu vermeiden, habe ich viele Kräftigungsübungen für die Wadenmuskulatur gemacht.

Sie waren im Juli in St. Moritz und trainierten zuletzt erneut dort in der Höhe. Wie lange waren Sie insgesamt dort und wie waren die Bedingungen?

Irina Mikitenko: Im Juli habe ich mit der Vorbereitung auf den Chicago-Marathon angefangen und war drei Wochen in St. Moritz. Damals hatten wir sehr gute Bedingungen. Zuletzt war es leider sehr kalt – nachts teilweise null Grad und morgens bei meiner ersten Trainingseinheit dann nur fünf Grad – und zudem nass. Aber ich trainiere gerne in St. Moritz und habe mich immer in der Höhe vorbereitet. Daher wollte ich darauf trotz des ungünstigen Wetters nicht verzichten. Durch die Erkältung und den Trainingsausfall blieben wir länger in St. Moritz, so dass am Ende wieder rund drei Trainingswochen zusammen gekommen sind.

Wie lassen sich diese Trainingslager mit der Familie koordinieren? Findet der Sommerurlaub in St. Moritz statt.

Irina Mikitenko: Ja, das ist wirklich so. Seit 1999 fahren wir nach St. Moritz. Unser Sohn kann sich einen Sommer ohne St. Moritz gar nicht mehr vorstellen. Die Kinder haben hier ihren Spaß und sie machen auch viel Sport. Zum Teil passt unser Sohn aber auch auf seine kleine Schwester auf während ich trainiere und mein Mann mich begleitet. Manchmal laufe ich die Einheiten auch alleine, aber dann weiß ich, dass die Familie auf mich wartet und das ist ein gutes Gefühl. Wenn ich einen trainingsfreien Nachmittag habe, dann gehen wir zusammen wandern oder schwimmen. Auf Berge klettere ich nicht, aber das macht mein Mann mit unserem Sohn. Manchmal fahren sie auch alle drei Fahrrad und begleiten mich beim Training.

Haben Sie schon mal gesagt, stopp, jetzt nehme ich eines Eurer Räder und ein anderer läuft?

Irina Mikitenko: Nein, nie!

Sabrina Mockenhaupt hat in einem Interview vor kurzem erzählt, dass Sie sich beide im Rahmen des Europa-Cups über 10.000 m in Marseille gut unterhalten haben. Worum ging es da?

Irina Mikitenko: Ja, das stimmt. Ich habe Sabrina gesagt, dass sie sehr talentiert ist für den Marathon. Aber ich habe ihr auch erklärt, dass das alleine im Marathon nicht reicht. Man muss sich sehr hart und konzentriert vorbereiten, um erfolgreich zu sein.

Werden Sie noch einmal über 10.000 m bei einer großen Meisterschaft starten?

Irina Mikitenko: Nein, die Bahn-Langstrecken sind für mich in meiner leistungssportlichen Karriere jetzt abgeschlossen und nur noch eine Erinnerung. Ich werde nicht mehr über 10.000 m starten, denn die Vorbereitung ist auch eine ganz andere als für einen Marathon. Hinzu kommt, dass ich die 10.000 m eigentlich nie gerne gelaufen bin, sie waren immer eine Qual. Ich habe mich auf diese Strecke allerdings auch nie richtig vorbereitet und konnte daher auch mein Potenzial nie ausschöpfen. Anders ist das bei den 5.000 m, daran erinnere ich mich gerne. Wenn ich irgendwann nach meiner Karriere noch einmal aus Spaß ein Bahnrennen laufen sollte, dann über 5.000 m.

Bleibt es beim Ziel, den Olympia-Marathon in London zu laufen? Und könnte dies eventuell der letzte Marathon ihrer Karriere sein?

Irina Mikitenko: Ja, der Olympia-Marathon 2012 ist das große Ziel. In London bei Olympischen Spielen Marathon zu laufen, das ist etwas Besonderes. Die Frage, ob dies mein letzter Marathon sein könnte, will ich mir selbst allerdings gar nicht erst stellen. Solange ich Spaß habe und solange mein Körper nicht signalisiert, dass ich Schluss machen sollte, will ich laufen. Dieses Jahr war das bisher schwierigste im Marathon für mich, sowohl physisch als auch psychisch. Ich bin zuvor zweieinhalb Jahre erfolgreich gelaufen und irgendwie fühlte ich mich sehr leer im Frühjahr. Ich hoffe, dass diese schwierige Phase jetzt im Herbst zu Ende geht. Denn eigentlich habe ich Spaß am Marathonlaufen.

Könnte der Masters-Weltrekord der Altersklasse 40 dann ein Ziel sein?

Irina Mikitenko: Ich habe keine Ahnung, wo der steht (2:25:43, d. Red.) und bin schon sehr zufrieden damit, dass ich den Weltrekord der Altersklasse W35 halte! Erst mal plane ich bis zu den Olympischen Spielen. Wenn es dann weiter Spaß macht, setze ich mir neue Ziele.

Die Konkurrenz dürfte in der nächsten Zeit deutlich stärker werden, wenn Läuferinnen wie Mary Keitany oder Meseret Defar Marathon laufen werden – wie sehen Sie die Entwicklung?

Irina Mikitenko: Ich hoffe und erwarte, dass wir bald wieder Zeiten unter 2:20 Stunden sehen werden. Es gibt zurzeit einige Läuferinnen im Bereich von 2:22 und 2:23 und anhand der Halbmarathon-Ergebnisse sieht man, dass sich einiges entwickeln kann. Aber 2:20 ist auch eine Barriere, die schwer zu knacken ist. Mal sehen, wie Mary Keitanys Debüt in New York aussehen wird.

Trauen Sie sich selbst auch zu, noch einmal unter 2:20 Stunden zu laufen und rechnen Sie mit einem starken Comeback von Paula Radcliffe?

Irina Mikitenko: Wenn ich eine sehr gute Vorbereitung absolvieren kann und alles zusammen passt, dann ist eine Zeit unter 2:20 Stunden für mich nach wie vor möglich. Ich weiß ja, dass ich eine solche Zeit laufen kann. Ich denke, dass Paula nach der Geburt ihres zweiten Kindes stark zurückkommen kann und ich wünsche es ihr. Bei mir hat es nach meinem zweiten Kind ja auch funktioniert. Wenn sie sich Zeit lässt und gut regeneriert, dann geht es. Paula läuft natürlich schon lange Marathon und das kostet sicher Kraft, aber sie hat den Biss und das Potenzial für ein starkes Comeback.

race-news-service.com

 

 

author: GRR

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