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23
04
2009

Die Veranstalter haben mich gebeten, schon ab Dienstag in London zur Verfügung zu stehen. Was da im Einzeln auf mich zukommt, das weiß ich noch nicht.

Interview mit Irina Mikitenko: Ich möchte den London-Marathon gewinnen! Wilfried Raatz berichtet

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Noch wenige Tage sind es bis zum Flora London Marathon. Als Vorjahressiegerin gehen Sie natürlich mit großen Erwartungen an die Themse.

Der London-Marathon ist schon etwas spezielles, da hier Frau gegen Frau läuft. Das gibt es sonst nirgends. Die Konkurrenz ist sehr stark, denn es treten neun Läuferinnen mit Bestzeiten unter 2:22 Stunden an. Mit dem Start der ersten sieben der Olympischen Spiele hat der London-Marathon absoluten WM-Charakter. Da alles erfahrene Läuferinnen sind, ist es wichtig, dass man hellwach ist und mit dem Kopf läuft. Mit meinen drei Marathonläufen habe ich natürlich schon etwas Routine. Ich denke, die Besetzung ist besser als bei den Weltmeisterschaften!

Mit den Siegen in London und Berlin und dem Gewinn der World Marathon Maiors-Gesamtwertung 2008 sind Sie  d i e  Marathonläuferin des Jahres 2008. Dementsprechend sind Sie natürlich auch eine heiße Favoritin beim London-Marathon. Mit welcher Taktik werden Sie in das hochkarätige Rennen gehen?

Ich möchte gewinnen! Und nicht Zweite werden! Natürlich muss ich mich darauf einstellen, dass es sehr hart werden wird. 2008 gab es ein taktisches Rennen. Es kann aber auch einen anderen, nämlich schnellen Rennverlauf nehmen. Ich werde mich auf beide Varianten einrichten!

Als Vorjahressiegerin wird Sie in London natürlich ein weitaus größeres Interesse entgegengebracht werden als dies noch vor einem Jahr der Fall war. Wissen Sie, was Sie dort erwartet?

Die Veranstalter haben mich gebeten, schon ab Dienstag in London zur Verfügung zu stehen. Was da im Einzeln auf mich zukommt, das weiß ich noch nicht. Ich verstehe zwar ganz gut Englisch, aber wenn ich aufgeregt bin, dann möchte ich schon gerne einen Dolmetscher zur Seite haben. Da hat mir im letzten Jahr Marisa Reich vom Berlin-Marathon viel geholten und mir dabei vor allem die entsprechende Sicherheit gegeben.

Sie waren wie im Vorjahr zum Höhentraining in Kirgisien. Sind Sie mit Ihrer bisherigen Vorbereitung auf die Saison zufrieden?

Als Marathonläuferin hast du praktisch nur zwei Chancen im Jahr. Ich habe jetzt 15 Wochen hart trainiert und möchte meine Chance mit jedem Start nutzen. In Kirgisien war alles ok. Die Trainingsbedingungen waren gut. Ich habe auch die notwendige Ruhe zwischen den Trainingseinheiten gefunden.

Die Form stimmt offensichtlich. Das konnten Sie bei Generalprobe beim Paderborner Osterlauf zeigen, als Sie nur knapp über dem Streckenrekord blieben. Stimmt Sie dieses Zwischenergebnis zufrieden oder stört Sie doch ein wenig der der verpasste Rekord?

Am Ostersamstag ging es für mich nicht um den Streckenrekord, sondern ich wollte gewinnen. Ich war bereit für eine Endzeit von 31:30, deshalb bin ich mit dem Resultat von 31:24 sehr zufrieden. Auf der zweiten Hälfte war ich ganz alleine in Führung und konnte mein eigenes Rennen machen. Am Anfang waren wir mit 3:00 Minuten für den ersten Kilometer viel zu schnell, aber die Kenianerinnen sind ohne Uhr und Zeitgefühl einfach losgestürmt. Das kann ich in der Marathonvorbereitung nicht unbedingt leicht mitgehen! Ich wollte natürlich auch nichts riskieren. Aber ich muss sagen: Besser kann ich für London nicht vorbereitet sein!

Sie laufen praktisch erst zwei Jahre Marathon und sind auf Anhieb zu einer der Topläuferinnen der Szene geworden. Ärgert es Sie, dass Sie nicht früher auf die längste olympische Laufdistanz gewechselt sind?

Ich möchte nicht zurückschauen. Wenn ich dieses Niveau noch einige Zeit halten kann, dann bin ich zufrieden. Klar, man kann nicht immer eine 2:19er Zeit laufen, aber ich denke, dass ich auch noch etwas schneller laufen kann. Ich habe noch für die kommenden Jahre einige Ziele, die ich erreichen möchte.

Blicken wir also voraus. Welche Planungen haben Sie in Richtung Weltmeisterschaften?

Die WM ist natürlich ein großes Ziel. Ich denke schon häufig daran. Berlin ist immerhin meine Glücksstadt. Ich bin in Berlin 5000 m-Rekord gelaufen, habe mein Marathondebüt gegeben und meinen zweiten Marathonsieg im September 2008 errungen. Und nun kommt die WM in dieser Stadt. Für mich ist dies schon etwas besonderes. Übrigens ist es auch mein Geburtstag.

Der WM-Start ist am 23. August nun auf 11.15 Uhr festgesetzt worden. Bereitet Ihnen dieser Zeitplan zusätzliches Kopfzerbrechen?

Es kann natürlich im August heiß werden. Ich muss zugeben, dass ich schon etwas Angst vor der Hitze habe. Ich weiß, dass ich keine Hitzeläuferin bin. Ich werde mich allerdings darauf besonders vorbereiten, evt. mit einem zusätzlichen Aufenthalt in einem entsprechend warmen Land. Die Gefahr ist, dass man sich dabei auch kaputt machen kann. Ich persönlich hoffe, dass es nicht zu heiß sein wird. Vielleicht haben wir auch Regen….

Weltbeste Marathonläuferin 2008, Heimvorteil in dazu noch einer Lieblingsstadt – macht Sie dieses nicht zweifellos zu einer der Favoritinnen? Zu einer Medaillenkandidatin?  

Ich bin froh, dass ich eine Mannschaft zur Seite habe. Aber ich weiß, dass ich gut vorbereitet sein werde – und eine gute Leistung bringen kann.  

Wie sieht Ihre konkrete Planung im WM-Jahr nach dem London-Marathon aus?

Ich werde zweimal ins Höhentrainingslager nach St. Moritz gehen. Einmal im Juli und einmal im August. Dazu möchte ich einige Wettkämpfe bestreiten, diese liegen aber noch nicht fest. Ich suche auch einen Halbmarathon. Da es in der Zeit in Deutschland keinen guten gibt, werde ich mich im Ausland umschauen müssen. Ein Start in den USA kommt aber wegen der Anreise und der Zeitumstellung nicht in frage. Ich brauche die Wettkämpfe, das bin ich gewohnt als Unterdistanzläuferin. Dies natürlich vorausgesetzt, dass ich den London-Marathon gut überstehen werde.  

Wie klappt angesichts dieses umfangreichen Vorbereitungsprogramms die Abstimmung in der Familie?

Das ist alles bestens. Alexander ist jetzt fünfzehn und hat andere Interessen. Vanessa wird vier Jahre alt und geht fast überall mit. Ich habe eine sehr gute Unterstützung durch meinen Mann Alexander und meine Eltern. Mit Musa Roba habe ich sogar einen Trainingspartner, der nicht weit von uns entfernt wohnt. Wir trainieren schon zwei- oder dreimal in der Woche zusammen, allerdings keine Tempoläufe, sondern nur Dauerläufe. Er hatte bei mir angefragt und ich fand das gut.

Irina, wir wünschen Ihnen eine tolle WM-Saison, insbesondere aber für den bevorstehenden Flora London Marathon viel Erfolg bei der Titelverteidigung.

Wilfried Raatz
 
  

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