Fabian Anrig ©DATASPORT
Interview mit Fabian Anrig, dem Schweizer Marathonmeister – DATASPORT
Bis vor wenigen Jahren warst du noch als Mountainbiker unterwegs. Ende Oktober konntest du nun den Schweizer Meistertitel im Marathon gewinnen. Was waren für dich die Gründe, das Bike an den Nagel zu hängen und stattdessen auf den Laufsport zu setzen?
Schon als Kind, noch bevor ich den Bikesport für mich entdeckte, war ich an vielen Läufen recht erfolgreich dabei. Als Jugendlicher fehlte mir jedoch beim Laufen irgendwie die Action. Durch meinen Bruder kam ich aufs Mountainbiken. Zuerst fuhren wir einige Jahre Cross Country Rennen, später Downhill und Enduro. Ab und zu gingen wir joggen, als Alternativtraining. In meinem Studium zum Primarlehrer belegte ich im Vertiefungsfach Sport. Dort mussten wir als Arbeit einen Ausdauerwettkampf bestreiten. So kam ich zum ersten Mal auf die Idee, einen Marathon zu laufen. Ich entschied mich dann zwar, vorerst einen Halbmarathon zu laufen. Diesen konnte ich dann am Bündner Frühlingslauf 2014 nach gut dreimonatiger Vorbereitungsphase gleich gewinnen. Die Begeisterung war geweckt, und die Idee vom Marathon kriegte ich seit dann nicht mehr aus dem Kopf.
In Luzern bist du das erste Mal über 42,2 km gestartet. Wie hast du den Marathon erlebt?
Mein erster Marathon bleibt mir als fantastisches Erlebnis in Erinnerung. Ich habe mit dem Härtesten gerechnet und war erstaunt, dass es gar nicht so brutal war. Wohl deshalb, weil ich mir das Rennen sehr gut einteilte. Dank meinem Trainer bin ich nicht zu schnell gestartet und liess mich auch durch die Konkurrenz, die beim Halbmarathon noch vorne lag, nicht beirren. So kam es, dass ich meinen Rhythmus bis zum Schluss durchziehen konnte und etwa ab Kilometer 25 alleine an der Spitze war. Die grösste Herausforderung war wohl ein kleines Ziehen am linken Oberschenkel, das etwa ab dem 30. Kilometer begann. Ich hoffte, dass sich dieses Ziehen nicht in Krämpfe umwandeln würde. Meine Führung war gross genug, sodass ich mich dazu entschied, nicht unnötig zu forcieren und so eine Verletzung zu riskieren. Ich lief auf Nummer sicher und probierte, weiterhin einen möglichst schönen und kräftesparenden Schritt zu laufen. Dies gelang mir gut, und so konnte ich den Sieg ins Ziel bringen. Hätte ich dieses Ziehen nicht gespürt, wäre wohl von der Zeit her noch einiges drin gelegen.
Kannst du uns deine Trainingsphilosophie erklären? Wie sah deine Vorbereitung aus?
Die grösste Umstellung im Vergleich zu den Trainings für Halbmarathons oder 10 Km Läufe waren wohl die sogenannten Longruns. Läufe zwischen 30 und 36 Km in einer Pace von etwa 3:50min/Km, von denen ich in der Marathon Vorbereitung etwa sechs Stück absolvierte. Zum Glück begleitete mich dabei meine Freundin meistens mit dem Fahrrad, so konnte ich auch die Verpflegung gut üben. Die Herbstferien verbrachte ich auf Mallorca, wo ich mir den letzten Schliff für den SwissCityMarathon holte. So ein Trainingslager im Süden hat für mich aber immer auch einen Hauch von Ferien, und so entspanne ich nach den Trainings gerne am Strand, tanke Sonne, geniesse den Kaffee und das gute Essen. Ich ordne vieles dem Sport unter, jedoch müssen bei mir der Spass und die Freude daran immer überwiegen, sonst würde es für mich nicht mehr stimmen.
Du bringst deine Arbeit als Lehrer und den Sport unter einen Hut. Welches sind deine wichtigsten Tipps, damit man diesen Spagat schafft und immer schneller wird?
Ich muss mir meine Zeit gut einteilen. Dies heisst aber nicht, dass ich die gesamte Freizeit mit einer Trainingseinheit nach der anderen vollstopfe. Dann wäre ich schon längst ausgebrannt. Ich versuche einen guten Kompromiss zwischen Arbeit, Training und Erholung zu finden und bin mir bewusst, dass eben auch Massagen oder ein fauler Nachmittag auf der Couch Platz haben müssen. Ich gehe zudem regelmässig in die Sauna und geniesse dort einen Moment der Ruhe.
Gibt es einen Geheimtipp, den du uns preisgeben kannst? Einen Trainings-, Ernährungs- oder Erholungstipp zum Beispiel.
Wer in Sachen Training einen Schritt nach vorne machen will, dem kann ich nur raten, mit einem erfahrenen Coach zu arbeiten. Zu Beginn habe ich alles selbst gemacht, unzählige Stunden investiert, um mich nach den richtigen Trainingsmethoden zu erkunden. Seit ich jedoch auf mich zugeschnittene Trainingspläne habe, erfahre ich, welche Erleichterung es ist, nur noch auf den Plan zu schauen und nicht noch lange zu studieren, was ich nun wann trainieren soll. Trotz Plan noch auf sich selbst zu hören und zu wissen, wann man ein Training machen soll und wann man lieber mal einen Gang runterschaltet, finde ich enorm wichtig. Aber in letzter Zeit durfte ich erfahren, dass der Körper manchmal viel mehr erträgt, als man denkt.
Wir danken Fabian Anrig für die spannenden Antworten.
Quelle: DATASPORT